Aktion zu den Milliardeninvestitionen von BP in die brasilianische Ethanolindustrie

16.10.2009

Mehr als 10.000 Menschen haben sich an unserer Protestaktion zu den Milliardeninvestitionen von BP in die brasilianische Ethanolindustrie beteiligt. BP hat reagiert und ein Antwortschreiben an die TeilnehmerInnen verschickt. Lesen Sie hier unser Antwortschreiben und nachfolgend die Stellungnahme von BP.

Antwortschreiben von Rettet den Regenwald an BP: An Deutsche BP Herr Tobias Wolny, Political advisor external affairs Fax: 0 30 / 22 48 70-80 tobias.wolny@de.bp.com www.deutschebp.de Aktion zu den Milliardeninvestitionen von BP in die brasilianische Ethanolindustrie Sehr geehrter Herr Wolny, wir haben Ihr Antwortschreiben bzgl. unserer Aktion weitergeleitet bekommen und wollen Ihnen noch einmal unseren Standpunkt darlegen. Leider sind die Angaben in Ihrem Schreiben weiterhin sehr unkonkret und zum Teil nicht im korrekten Zusammenhang dargestellt. Dadurch werden unsere Sorgen nicht beruhigt, sondern im Gegenteil weiter verschärft. Wir möchten im folgenden stichpunktartig darauf eingehen: Gespräch mit BP Wir haben bereits mit Vertretern Ihres Konzerns auf verschiedenen Veranstaltungen in Berlin sprechen können, uns deren Dia-Präsentationen angeschaut, die auf Ihrer Webseite veröffentlichen Dokumente studiert und kennen die Zuckerrohranbaugebiete in Brasilien. Insofern verfügen wir über eine sehr gute Informationsbasis. Korrekte Informationen Wir können nicht erkennen, auf welche „erhebliche Fehler“ Sie sich bei unseren „Darstellungen über Ihre Aktivitäten in Brasilien“ beziehen. Anstatt fundiert auf die von uns vorgelegten Fakten einzugehen, liefern Sie fast ausschließlich allgemeine Informationen zur brasilianischen Zuckerrohrindustrie, die nicht zur Klärung des Sachverhalts und den von BPs Ethanolraffinerie Tropical Bioenergia ausgehenden Bedrohungen beitragen. Nachhaltige Produktion von Biokraftstoffen Die Behauptung von BP, „Biokraftstoffe nachhaltig ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Regionen produzieren zu wollen“, hat mit der Realität in Brasilien wenig zu tun. Bestes Beispiel dafür ist die von Ihnen angeführte Einteilung des Staatsgebiets in Nutzungszonen durch die brasilianische Regierung, die am Schreibtisch ohne die Beteiligung der in den Gebieten lebenden Bevölkerung durchgeführt wurde. Die festgelegte Gesamtfläche für die Produktion von Zuckerrohr von ca. 65 Millionen Hektar - aktuell beträgt diese ca. 9 Millionen Hektar - entspricht fast der doppelten Fläche Deutschlands! Hierbei handelt es sich keinesfalls um menschenleere und vegetationslose Gebiete, sondern um das Land von Kleinbauern, das traditionelle Siedlungsgebiet der indianischen Ureinwohner und sehr artenreiche Naturräume (s.u.). Deren Umwandlung in Zuckerrohrmonokulturen käme einer ökologischen und sozialen Katastrophe gleich. Flächenbedarf für Zuckerrohrmonokulturen Bei Ethanol aus Zuckerrohr besteht ein enormer Bedarf an Anbauflächen. Um die von BPs Tropical Bioenergia angestrebte Produktionsmenge von 435 Millionen Litern Ethanol zu erzeugen, sind etwa 60.000 Hektar Zuckerrohrmonokulturen notwendig, das entspricht der doppelten Fläche Münchens. Im Bundesstaat Goias hat sich nach den Satellitendaten des staatlichen „Brasilianischen Instituts für Weltraumforschung“ (INPE) die Zuckerrohranbaufläche mit 458.000 Hektar in 2008/09 in drei Jahren weit mehr als verdoppelt. Im Gemeindebezirk von Edeia, wo BPs Tropical Bioenergia angesiedelt ist, ist die Anbaufläche sogar innerhalb eines Jahres um das 14-fache von 739 Hektar 2008 auf 10.356 Hektar 2009 emporgeschnellt. Verdrängung bestehender Landnutzungen Eine konkrete Antwort, wo genau die Zuckerrohranbauflächen liegen, bleiben Sie weiter schuldig. Stattdessen liefern Sie auch hierzu nur allgemeine Aussagen zum Zuckerrohranbau in Brasilien ohne direkten Bezug zu Tropical Bioenergia: „Die Landesteile, auf denen Zuckerrohr angebaut wird, sind z.B. degeneriertes Weideland und Ackerland von geringer Qualität“ ist die übliche Standardantwort der Industrie. Landwirtschaftliche Flächen sind auch in Brasilien nicht unbegrenzt vorhanden. In der Praxis wandern die Bauern und Viehzüchter, die von den Zuckerrohrmonokulturen verdrängt werden, in die Waldgebiete des Landes ab, um dort neues Acker- und Weideland zu roden. Fachlich bezeichnet man dies als indirekte Landnutzungsänderungen. Zeitgleich mit dem Ethanolboom in Brasilien sind deshalb die Rodungsraten im Amazonasgebiet und anderen Landesteilen wieder auf Rekordwerte hochgeschnellt. Der Verweis von Ihnen, dass BPs Tropical Bioenergia „mehr als 1.000 km von den Grenzen des Amazonasgebiets entfernt“ sei, ist aus diesem Grunde zu kurz gegriffen. Regenwaldrodung Eine klare Aussage, dass für die Zuckerrohrfelder von BPs Tropical Bioenergia kein Regenwald gerodet wird, geben Sie ebenfalls nicht. Tropical Bioenergia liegt im Gebiet des extrem artenreichen Atlantischen Regenwaldes (Mata Atlantica). Der Atlantische Regenwald ist über die gesamte Ostküste Brasiliens bis ins Landesinnere von Mato Grosso do Sul und Goiás verbreitet, dem Bundesstaat, in BPs Tropical Bioenergia gelegen ist. Durch die Rodungen für die Landwirtschaft sind nur noch etwa 7% der Originalfläche erhalten. Zerstörung der Cerrado-Savanne Eine weitere Überschneidung ergibt sich mit der ebenfalls sehr artenreichen und bedrohten Cerrado-Savanne. BPs Tropical Bioenergia und das Zuckerrohranbaugebiet befinden sich entgegen Ihrer Behauptungen buchstäblich mitten im Cerrado-Gebiet (siehe dazu auch unseren aktuellen Regenwald Report 3-09 ). Die neue brasilianische Gesetzgebung „verbietet den Zuckerrohranbau im Cerrado-Gebiet“, wie Sie richtig schreiben. Verlust von Arbeitsplätzen Die in BPs Tropical Bioenergia geschaffenen Arbeitsplätze können bei weitem nicht den Verlust an Arbeitsplätzen in der traditionellen Landwirtschaft wettmachen. Auf Großplantagen werden pro 1.000 Hektar nur noch knapp zehn Arbeitskräfte beschäftigt. Auf der gleichen Fläche können leicht 100 Kleinbauern ein Auskommen finden. Die stark expandierenden Zuckerrohrmonokulturen für die Ethanolproduktion verdrängen deshalb tagtäglich Kleinbauern in Brasilien von ihrem Land. 12 Millionen Kleinbauern und Tagelöhner sind ohne Land, und die Zahl der Landkonflikte nimmt zu. Boden- und Wasserbelastung durch Vinasse Die bei der Ethanolproduktion in großen Mengen anfallende schwarze Vinasse ist ein hochgradig umweltbelastendes Abfallprodukt und keinesfalls ein ökologisches Düngemittel, wie von Ihnen zu suggerieren versucht wird 1. Das Ausbringen der Vinasse auf den Feldern ist vielmehr die billigste Methode, mit der sich die Zuckerrohrindustrie dieses Abfallprodukts entledigt. Für jeden Liter produzierten Ethanols fällt in der brasilianischen Ethanolindustrie etwa die zehnfache Menge an Vinasse an. Vinasse enthält vor allem klimaschädlichen Stickstoff und Kalium und ist extrem belastend, wenn sie durch Auswaschung in die Gewässer gelangt. Die meisten Gewässer in den Zuckerrohranbaugebieten sind deshalb hochgradig kontaminiert. Runde Tische Der „Runde Tisch für nachhaltige Biokraftstoffe“ und die „Better Sugarcane Initiative" sind ausschließlich auf die Interessen der Wirtschaft zugeschnittene Industriesiegel, die keinesfalls die behauptete „nachhaltige Produktion mit positiven Auswirkung auf die Umwelt“ gewährleisten können. Sie dienen lediglich als grüne Deckmäntelchen, um die Anbauflächen und Produktion weiter ausdehnen zu können und Politik und allgemeine Öffentlichkeit zu täuschen. Eine wirkliche nachprüfbare Klarstellung von BP der sozialen und umweltlichen Auswirkungen von Tropical Bioenergia würden wir weiterhin sehr begrüßen. Mit freundlichen Grüßen Klaus Schenck ******************* Nachfolgend die Stellungnahme von BP, wie sie an TeilnehmerInnen unser Protestaktion geschickt wurde: BP Tobias Wolny, Political advisor external affairs Postfach 08 01 16 10001 Berlin Pariser Platz 3 10117 Berlin Tel: 0 30 / 22 48 70-25 Fax: 0 30 / 22 48 70-80 tobias.wolny@de.bp.com www.deutschebp.de. Sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank für Ihr Schreiben an Dr. Uwe Franke, in dem Sie im Zusammenhang mit einem kürzlich veröffentlichten Bericht von "Rettet den Regenwald" Ihre Bedenken gegenüber Investitionen der BP in den brasilianischen Biokraftstoff-Sektor zum Ausdruck bringen. Die Darstellung von "Rettet den Regenwald" enthält erhebliche Fehler. Leider hat kein Vertreter dieser Organisation vor der Veröffentlichung dieses Berichtes mit uns gesprochen. Wir wären in der Lage gewesen, detailliert auf die Anschuldigungen einzugehen und unsere Aktivitäten in Brasilien korrekt darzustellen. BP investiert in die Produktion von Biokraftstoffen, weil wir glauben, dass Biokraftstoffe eine bedeutende und sofort wirksame Rolle bei der Reduktion der CO2-Transport-Emissionen spielen, die momentan 20% der globalen Treibhausgasemissionen ausmachen. BP ist bestrebt, Biokraftstoffe nachhaltig zu produzieren, ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Regionen, in denen wir tätig sind. BP hat ein Joint Venture mit Namen "Tropical Bioenergia", das momentan Biokraftstoffe aus Zuckerrohr in Brasilien produziert. Wir haben Zuckerrohr als Rohstoff für die Produktion von Biokraftstoffen auf Grund der umweltverträglichen Inhaltsstoffe und exzellenten Abbaufähigkeit gewählt. Lebenszyklusanalysen des brasilianischen Zuckerrohrethanols zeigen, dass es CO2- Emissionen im Vergleich zu Benzin um 90% reduziert, unter Berücksichtigung aller Effekte der Kraftstoffbereitstellung von der Energiequelle bis zum angetriebenen Rad ("well-to-wheel- Basis"). Das hohe Niveau der Emissionsreduktion basiert u.a. auf den folgenden Faktoren: · Zuckerrohr wird nur einmal alle 5 bis 6 Jahre angepflanzt, dies erfordert einen wesentlich geringeren Energieverbrauch als bei Einjahrespflanzen wie z.B. Getreide. · Bagasse, ein Nebenprodukt der Zuckerrohrernte, kann verbrannt werden, um Energie in Form von Kraft und Dampf für den Gärungsprozess zu produzieren. Überschüssiger Strom kann ins Netz gespeist werden. Unsere Ethanol-Raffinerie hat die Möglichkeit, bei voller Kapazitätsauslastung 30 Megawatt in das öffentliche Stromnetz einzuspeisen. · Ein anderes Begleitprodukt der Zuckerrohrernte, Vinasse, kann genutzt werden, um Nährstoffe in der Erde zu regenerieren. Somit wird die Notwendigkeit reduziert, energieaufwendigen Stickstoff- oder Kaliumdünger zu nutzen. Tropical befindet sich im Bundesstaat Goias, mehr als 1.000 km (!) von den Grenzen des Amazonasgebiets entfernt. Zwischen den Aktivitäten von Tropical und der Abholzung des Regenwaldes besteht also kein Zusammenhang. Die Landesteile, auf denen Zuckerrohr angebaut wird, sind z.B. degeneriertes Weideland und Ackerland von geringer Qualität. Die Abholzung des Amazonas-Gebiets, die seit Jahrzehnten fortschreitet, steht nicht in Zusammenhang zu der Ausweitung von Brasiliens Zuckerrohrproduktion. Wir lehnen eine Biokraftstoffproduktion, die mit illegaler Regenwaldvernichtung einhergeht, entschieden ab. Die brasilianische Regierung hat kürzlich ein neues Gesetz verabschiedet, das sowohl eine geografische Grenze, als auch eine Begrenzung der Gesamtfläche für die Produktion von Zuckerrohr festlegt. Das Gesetz begrenzt die Ausweitung der Zuckerrohrproduktion in Brasilien auf ca. 65 Millionen Hektar im Vergleich zu ca. 9 Millionen Hektar heute. Dieses Gesetz verbietet außerdem den Zuckerrohranbau im artenreichen Cerrado-Gebiet, welches ca. 20% der Landesfläche von Brasilien ausmacht. Tropical Bioenergia's agrarwirtschaftliches Gebiet fällt jedoch in den Bereich des Landes, in dem das Gesetz Zuckerrohranbau zulässt. Um die Flora und Fauna weiter zu schützen, hat Tropical eine Baumschule gegründet. In dieser Baumschule werden einheimische Baumarten angepflanzt, um Erdabtragung zu minimieren, Wasserwege zu schützen und Artenvielfalt zu fördern. Bis heute hat Tropical 51.000 Bäume gepflanzt; bis 2010 werden weitere 25.000 Bäume folgen. Ortsansässige Gemeinden profitieren von Tropical Bioenergia's Anwesenheit als Arbeitgeber. Mehr als 1.000 Menschen sind zur Zeit bei Tropical angestellt. Der gezahlte Mindestlohn liegt 20% über der nationalen Lohnuntergrenze. Dazu kommen diverse zusätzliche Leistungen. In Bezug auf Gesundheits- und Sicherheitsstandards ist Tropical führend in der Branche. BP nimmt aktiv an der Entwicklung von Qualitätsstandards für Biokraftstoffe und am Runden Tisch für nachhaltige Biokraftstoffe, der „Better Sugarcane Initiative", sowie anderen Initiativen zur Förderung nachhaltiger Biokraftstoffproduktion teil. Wir glauben an deren nachhaltige Produktion mit positiver Auswirkung auf die Umwelt. Schließlich sind Biokraftstoffe Teil des Geschäftsbereichs der "BP Alternative Energy", in dessen Rahmen wir auch in großem Stil im Wind- und Solargeschäft aktiv sind, weil wir auf den wachsenden globalen Energiebedarf reagieren und dabei gleichzeitig dem Klimawandel Rechnung tragen müssen. Deshalb setzen wir auf CO2-arme Technologien. Keine andere Mineralölgesellschaft weltweit investiert so viel in erneuerbare Energien wie BP, im letzten Jahr übrigens 1,4 Mrd. USD. Wir laden Sie herzlich dazu ein, sich selbst von unseren Aktivitäten und unserem Beitrag zu einer sichereren Energiezukunft zu überzeugen, indem sie unsere Website besuchen: www.deutschebp.de oder www.bp.com. Mit freundlichen Grüßen Deutsche BP AG Internet Service-Center mailto:info@de.bp.com http://www.deutschebp.de http://www.bp-schmierstoffe.de Fax 0800/ 999 27 26 Postfach 10 22 10 44722 Bochum Deutsche BP Aktiengesellschaft Service Center BP Aral Castrol Vorstand: Dr. Uwe Franke (Vors.), Dr. Ludger Dohm, Stephen R. George, Andrew Frank Holmes, Karl-Heinz Philippi, Michael Schmidt, Peter Weidner Vorsitzender des Aufsichtsrats: Wilhelm Bonse-Geuking Sitz der Gesellschaft: Hamburg Registergericht: AG Hamburg HRB 8243 Steuernummer: 27/151/00447

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