UN-Experten mahnen: Klima und Biodiversität gleichzeitig retten

Bonobo auf dem Ast eines Baumes in Kongo © shutterstock.com

28.06.2021

Die Klimakrise ist endlich ein Top-Thema in der Gesellschaft geworden, das Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten wird dagegen oft übersehen oder als weniger dringlich erachtet. Jetzt mahnen Experten der UN erstmals, dass die beiden existentiellen Krisen aufeinander abgestimmt angepackt werden müssen, statt unabhängig voneinander.

Sowohl für die Klimakrise als auch für das Artensterben sind wir Menschen mit unserer Lebensweise verantwortlich. Beide Krisen verstärken einander sogar und haben einige Ökosysteme bereits an den Rand des Kollapses gebracht. Doch obwohl die Hauptursachen dieselben sind – die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas, die Zerstörung von Lebensräumen, die industrielle Landwirtschaft, überbordender Konsum – kollidieren die ergriffenen Maßnahmen zuweilen.

So mögen Elektroautos gut fürs Klima sein, weil sie während der Fahrt kein CO2 ausstoßen. Der Abbau der Rohstoffe, insbesondere für die Batterien, verursacht jedoch immense Umweltschäden. Wenn für Biosprit und Holzpellets Wälder und Grasländer in Monokulturen etwa für Palmöl, Soja, Mais oder Akazien zerstört werden, ist das verheerend für die Artenvielfalt. Bäume zu pflanzen ist zumeist gut fürs Klima, die falsche Art am falschen Standort schadet jedoch mehr als sie nutzt.

Jetzt haben erstmals 50 Wissenschaftler von Weltklimarat IPCC und Weltbiodiversitätsrat IPBES ein gemeinsames Papier vorgelegt. Kernaussage: der Schutz des Klimas und der Biodiversität sind essentiell und müssen zugleich angepackt werden. Maßnahmen, die sehr eng auf den Klimaschutz zugeschnitten sind, müssten genau auf unbeabsichtigte Auswirkungen analysiert werden. Klimaschutz darf nicht zulasten der Biodiversität gehen und umgekehrt. Dabei müssen auch soziale Folgen etwa für indigene Völker bedacht werden.

Der Vorsitzende des Weltklimarats IPCC, Dr. Hoesung Lee, sagt: „Der Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt bedrohen die Gesellschaft gemeinsam - oft verstärken und beschleunigen sie sich gegenseitig.“

„Das Land und die Ozeane leisten bereits viel (zum Klimaschutz) – sie absorbieren nahezu 50 Prozent der menschlichen CO2-Emissionen – aber die Natur kann nicht alles erledigen“, sagt Ana María Hernández Salgar, Vorsitzende des IPBES: „Wir brauchen grundlegende Veränderungen in allen Teilen der Gesellschaft und der Wirtschaft, um unser Klima zu stabilisieren, den Verlust an Biodiversität zu stoppen und einen Weg in eine gewünschte nachhaltige Zukunft zu weisen. Das fordert von uns, beiden Krisen zugleich und in abgestimmter Weise zu begegnen.“

Die Experten führen in ihrem Report Beispiele an, wie der Schutz von Klima und Biodiversität Hand in Hand gehen: Werden besonders arten- und kohlenstoffreiche Ökosysteme geschützt oder wiederhergestellt, bindet dies viel CO2 und verhindert gegebenenfalls das Entweichen von Methan. Gleichzeitig bieten etwa Moore, Feuchtgebiete und Mangrove zahlreichen Lebewesen ein Habitat.

In Schutzgebieten – insbesondere wenn sie von Indigenen Völkern verwaltet werden - sehen die Wissenschaftler einen Schlüssel zum Erhalt der Biodiversität, der bisher jedoch zu zögerlich eingesetzt werde. Sie unterstützen daher das Ziel, 30 bis 50 Prozent der eisfreien Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. So genannte „nature-based solutions“ wie Aufforstung dürften auf keinen Fall die Einsparung von Treibhausgasemissionen ersetzen oder hinauszögern, dürften nicht allein auf die Speicherung von CO2 ausgerichtet sein und müssten die Bedürfnisse der örtlichen Bevölkerung und indigener Völker berücksichtigen.

Der Report ruft jeden Einzelnen und jede Kommunen zum Handeln auf: „Jede lokale Initiative ist von Bedeutung, weil sich der Nutzen vieler kleiner, örtlicher Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität im weltweiten Maßstab addiert.“ Genannt werden auch eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und Recycling.

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