Gift für Seepferdchen, billiges Gemüse für uns

Seepferdchen © Wolfgang Pölzer/Alamy Stock Foto
89.367 Teilnehmer

Die einst artenreiche Lagune Mar Menor in Südspanien ist verseucht. Weil deutsche Handelsketten immer weiter die Preise drücken, leiten Landwirte Abwässer in die Natur, um Kosten zu sparen. Für unser billiges Obst und Gemüse aus dem Supermarkt sterben die Seepferdchen und viele andere Meeresbewohner. Wir fordern: Schluss damit!

News und Updates Appell

An: ALDI, EDEKA, LIDL, REWE

„Kein Obst und Gemüse aus Umweltverseuchung und Ausbeutung in Spanien!“

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An der spanischen Mittelmeerküste stirbt ein einzigartiges Ökosystem, das Mar Menor. Die 20 Kilometer lange Lagune ist der Lebensraum von Seepferdchen und vielen anderen Tieren.

Nun ist das Schutzgebiet vergiftet, die Seepferdchen sterben. Abwässer der Landwirtschaft, darunter 3.300 Tonnen Nitrat, haben die ehemals kristallklare Lagune in eine grüne Algenbrühe verwandelt.

Mit Schuld an der Umweltkatastrophe ist das Preisdiktat deutscher Supermarktketten wie Aldi, Edeka, Lidl und Rewe. Sie unterbieten sich mit Billigangeboten für Broccoli, Sellerie, Tomaten, Erdbeeren oder Melonen – sehr viel davon aus Spanien.

Das sind echte Spekulanten, erklärt ein Bauer in dem Bericht „Setzen deutsche Einkäufer spanische Bauern unter Druck?“. Sie wollen alles billig einkaufen, je billiger, desto besser. Die Bauern geben auf oder sie beschäftigten Schwarzarbeiter und bewässern mit illegalen Methoden.

Mit Bewässerung und unter Plastikplanen wird in Murcia, Almería und Huelva rund ums Jahr produziert. Zehntausende Flüchtlinge und Migranten aus Nordafrika schuften dort unter sklavenähnlichen Bedingungen.

Tausende Hektar Anbauflächen wurden angelegt, viele ohne Genehmigung, dazu Brunnen gebohrt und Pumpen installiert. Sie leiten mit Nitraten, Phosphaten und Pestiziden belastete Abwässer in die Natur.

Ende 2017 hat die Staatsanwaltschaft in Murcia Strafanzeige gegen 37 Bauern, Händler, Politiker und Funktionäre erhoben – sie werden eines schweren Umweltverbrechens beschuldigt. Darunter die britische Gruppe G's, einer der größten Obst- und Gemüseproduzenten Europas.

Es ist ein Milliardenmarkt finanziert mit vielen Millionen Agrarsubventionen der EU. G's beliefert auch die deutschen Supermärkte. Diese werben mit Nachhaltigkeit, sehen aber keinen Anlass zum Handeln.

Bitte unterstützen Sie die Petition an die Supermärkte.

Hinter­gründe

Industriesiegel Global GAP – reines Greenwashing

Die deutschen Handelsketten versprechen den Kunden auf ihren Internetseiten nachhaltige Ware – umweltfreundlich und sozialverträglich produziert. Doch Verantwortung für die Zustände in Spanien wollen sie nicht übernehmen. Sie verweisen darauf, dass das Obst und Gemüse nach dem Industriesiegel Global GAP mit Sitz in Köln zertifiziert sei, das sie selbst geschaffen haben.

Nach Ansicht von Rettet den Regenwald sind Label wie Global GAP nichts weiter als Schutzschilde, hinter denen sich die Firmen verstecken und mit denen sie die Kunden täuschen. Global GAP konzentriert sich auf das Qualitätsmanagement.Weitere Ziele sind nach eigenen Angaben die Förderung nachhaltiger Produktionsmethoden, eine verantwortungsvolle Nutzung von Wasser und Rücksicht auf das Wohlergehen von Arbeitern und Tieren.

Alternativen

Die Konsumenten sollten soweit wie möglich auf regional erzeugtes Obst und Gemüse aus Deutschland und den direkten Nachbarländern zurückgreifen. Das spart auch die langen Transportwege aus Spanien mit dem LKW. Von Almeria bis nach Berlin sind es beispielsweise 3.000 Kilometer. Erdbeeren rund ums Jahr zu verzehren, ist unnötig und mit fatalen Konsequenzen verbunden. Kaufen Sie besser frische Ware, wenn bei uns die Erntesaison ist.

Mar Menor – berühmt für Seepferdchen

Das Langschnäuzige Seepferdchen (Hippocampus guttulatuslebt in flachen Küstengewässern Europas. Im Mar Menor, der mit 135 Quadratkilometern größten Salzwasserlagune an der spanischen Mittelmeerküste, fanden die Tiere bisher ideale Lebensbedingungen. Die durch einen 22 Kilometer langen Dünenstreifen vom Meer getrennte Lagune liegt in der Region Murcia im Südosten des Landes. Sie ist ein wichtiger Rastplatz für die europäischen Zugvögel.

Wie es um die Bestände der Seepferdchen bestellt ist, ist in der Roten Liste der bedrohten Arten nicht erfasst, weil die Datenlage unzureichend ist. Bedrohungen für die Seepferdchen bestehen demnach in der Zerstörung ihrer Lebensräume und der Wasserverschmutzung.

Auch der Bauboom an den spanischen Küsten und der Massentourismus haben dem Mar Menor zugesetzt. Doch seit in den letzten Jahren immer mehr Obst- und Gemüseanbaubetriebe die ebenen Flächen nahe der Lagune in Beschlag genommen haben, hat sich der Zustand des Ökosystems dramatisch verschlechtert.

Schuld daran ist nach Angaben von Umweltschützern, der spanischen Medien und der ermittelnden Staatsanwaltschaft die Einleitung von nitratverseuchten Abwässern der Obst- und Gemüsebetrieb in die Natur. Nachdem 2016 die Wasserqualität durch Algenblüte kollabierte, verloren die Strände am Mar Menor auch die bis dahin dort wehenden 19 Blauen Flaggen der EU.

Billiges Obst und Gemüse – auf Kosten von Mensch und Natur

Auch in anderen Anbauregionen von Obst und Gemüse in Südspanien herrschen unhaltbare Zustände:

Im Gebiet von El Ejido in Alemeria sind ganze Landschaften unter Plastikplanen verschwunden - mindestens 35.000 Hektar. Das Plastikmeer ist bereits aus dem Weltraum zu erkennen. Auch hier verbrauchen die Betriebe riesige Mengen an Wasser, Abwässern und Plastikmüll. Pestizide vergiften Mensch und Umwelt, wie das Video „Die große Lüge vom frischen Obst und Gemüse“ zeigt. 

Etwa Zehntausend Arbeiter – viele davon Flüchtlinge und Migranten ohne Papiere aus Nordafrika und Rumänien - schuften dort unter unhaltbaren Bedingungen zu Billiglöhnen und ohne gültige Verträge, wie die Arte-Reportage „Spanien: Im Treibhaus schuften: Almeria El Ejido“ zeigt. Sie hausen in illegalen Slums ohne Wasser und Strom. Aus alten Plastikplanen und Paletten bauen sie sich am Rande des Gebiets Hütten.

Die EU finanziert die Betriebe mit Millionen Euro Agrarsubventionen jährlich, obwohl sie gegen Lohn- und Arbeitsschutzvorschriften verstoßen. Während Abgeordnete des Europaparlaments wie Martin Häusling und Karl-Heinz Florenz die Geldvergabe scharf kritisieren, sieht EU-Agrarkommissar Phil Hogan auf Nachfrage keinen Handlungsbedarf, berichtet Tageschau.de.

Was passiert mit den Plastikplanen, wenn sie nach wenigen Jahren ausgedient haben? Ein in Andalusien tot angespülter Pottwal. zeigt es. Sie werden oft achtlos in der Natur entsorgt. In seinem Magen wurden quadratmeterweise Plastikplanen, Bewässerungsschläuche und anderes Material der Gemüseindustrie gefunden.

Die meisten Erdbeeren in Europa werden in der Gegend von Huelva produziert. Auch in dieser sehr trockenen Gegend ist Wasser ein Problem. Das Grundwasser wird in Tausenden von Brunnen vielfach illegal abgepumpt, wodurch der weltberühmte Doñanna-Nationalpark trockengelegt wird, wie Berichte des Bayrischen Rundfunks BR und des Schweizer Fernsehens SFR veröffentlichen.

Die Erdbeeren aus Südspanien sind zudem oft stark mit verschiedenen Pestiziden belastet, wie aktuelle Analysen von Ökotest von Proben aus deutschen Supermärkten belegen.

Auf den Erdbeerplantagen schuften tausende Frauen, viele davon aus Nordafrika, unter katastrophalen Umständen. Sie werden von Mitarbeitern der Erdbeerfarmen sexuell belästigt und vergewaltigt, wie Recherchen des Journalisten von Correctiverneut untersucht haben.

Weitere Informationen:

Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Murcia (auf Spanisch): http://servicios.laverdad.es/servicios/textos/denuncia-fiscalia-mar-menor.pdf

Filmreportagen

- Report Main vom 22. 5.2018: Setzen deutsche Einkäufer spanische Bauern unter Druck? https://www.swr.de/report/gemuese-auf-kosten-der-umwelt-setzen-deutsche-einkaeufer-spanische-bauern-unter-druck/-/id=233454/did=21660296/nid=233454/1k2x2wu/index.html

- Arte-Reportage vom 31.5.2018: Kampf um eine saubere Lagune - Spanische Küstenbewohner gegen die Agrarindustrie https://www.arte.tv/de/videos/078230-013-A/re-kampf-um-eine-saubere-lagune/

- Arte-Reportage vom 21.4.2017: Spanien: Im Treibhaus schuften: Almeria El Ejido“ https://info.arte.tv/de/spanien-im-treibhaus-schuften

Presse/Online-Medien

- BR vom 21.3.2018: Erdbeeranbau in Spanien - Ökosystem von Doñana bedroht https://www.br.de/radio/b5-aktuell/sendungen/aus-landwirtschaft-und-umwelt/erdbeeren-huelva-bewaesserung-100.html

- SFR vom 5.5.2017: Gefährdete Naturschutzgebiete - Günstige Erdbeeren auf Kosten der Umwelt https://www.srf.ch/news/schweiz/guenstige-erdbeeren-auf-kosten-der-umwelt

- Ökotest vom 26.04.2018: Erdbeeren. Pestizide aus der Wüste https://www.oekotest.de/bin/presse/pressemitteilungen/2018/PM-M1805-Erdbeeren.pdf

- Utopia vom 29.4.2018: Öko-Test: Gefährliche Pestizide in Erdbeeren von Aldi, Edeka, Rewe & Co. https://utopia.de/oeko-test-erdbeeren-rewe-edeka-aldi-lidl-pestizide-88534/

- Corretiv vom 30.4.2018: „Er kommt am Abend“. Sie pflücken Europas Erdbeeren: die Erntehelferinnen in der spanischen Region Huelva. Ihr Alltag: sexueller Missbrauch. Beginn unserer Reise zu den Frauen auf den Obst- und Gemüsefeldern am Mittelmeer https://correctiv.org/blog/2018/04/30/er-kommt-am-abend/

- Spiegel vom 9.3.2013: Angeschwemmter Pottwal - Vollgestopft mit Plastikmüll http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/pottwal-aus-dem-mittelmeer-verendet-an-plastikmuell-a-887845.html

- Tagesschau.de 9.7.2018: Agrar-Subventionen - EU-Millionen für Ausbeuter http://www.tagesschau.de/ausland/agrarsubventionen-103.html

- La Verdad vom 15.12.2017: Caso Mar Menor: 37 nombres y apellidos http://www.laverdad.es/lospiesenlatierra/blog/menor-nombres-apellidos-20171215135447-nt.html

- El Pais, 15.12.2017: MAR MENOR - La Fiscalía arremete contra políticos y agricultores por la contaminación del mar Menor https://politica.elpais.com/politica/2017/12/15/actualidad/1513330869_027751.html

An­schreiben

An: ALDI, EDEKA, LIDL, REWE

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Ihren Supermärkten bieten Sie rund ums Jahr große Mengen Obst und Gemüse an, die in Südspanien häufig auf Kosten von Mensch und Umwelt produziert werden.

Aufgrund der Nachfrage aus Deutschland wachsen die Anbauflächen dort ständig – oft ohne die dazu notwendigen Genehmigungen. Ganze Landschaften sind mittlerweile unter Plastikplanen verschwunden.

Aktuell steht die Verseuchung des Mar Menor in Murcia durch Abwässer in den Schlagzeilen, die aus dem Obst- und Gemüseanbau in die Natur geleitet werden. Die Seepferdchen und viele andere Tiere sterben in der giftigen Algenbrühe.

Der von den Einkäufern ausgeübte Preisdruck führt dazu, dass die Produzenten die Kosten minimieren, um weiter im Geschäft zu bleiben. Der Umweltschutz aber auch die Arbeitsbedingungen bleiben dabei oft auf der Strecke.

Der Wasserverbrauch ist in den sehr trockenen Hauptanbaugebieten in Murcia, Almeria und Huelva generell ein Problem. Tausende Brunnen und Pumpen – viele davon illegal – saugen das Grundwasser ab und legen Schutzgebiete wie den Doñana-Nationalpark trocken. Dieser ist wie das Mar Menor ein internationales RAMSAR-Schutzgebiet.

Auch die Arbeitsbedingungen von Tausende von Landarbeitern – viele davon aus Nordafrika – sind katastrophal.

Die Probleme der Obst- und Gemüseindustrie in Spanien sind seit sehr vielen Jahren dokumentiert und wurden immer wieder angemahnt.

Wir fordern Sie dazu auf, endlich zu handeln: Die Ausbreitung der Obst- und Gemüseindustrie im Gebiet des Mar Menor, das Abpumpen des Grundwassers und die Verseuchung des Ökosystems mit Abwässern müssen sofort gestoppt werden.

Mit freundlichem Gruß

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