Kanzler Scholz, bitte machen Sie Artenschutz zum Top-Thema!

Wildblumenwiese Artenreiche Wildblumenwiesen sind für viele Insekten überlebenswichtig (© CC0)
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Das Sterben von Tier- und Pflanzenarten ist dramatisch: eine Million Spezies können in den nächsten Jahren weltweit verschwinden. Wissenschaftler fordern von Gesellschaft und Politikern eindringlich, endlich zu handeln. Olaf Scholz muss Artenschutz zum Top-Thema machen.

News und Updates Appell

An: Bundeskanzlerin Angela Merkel

„Das weltweite Artensterben ist dramatisch, die Politik muss endlich beherzt handeln. Bitte machen Sie den Schutz der Biodiversität endlich zum Top-Thema.“

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Zwei aktuelle UN-Berichte über die Artenvielfalt zeichnet ein düsteres Bild: Eine Million Tier- und Pflanzenarten sind demnach in den nächsten Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Das Ausmaß ist zigfach bis mehrere hundertfach größer als in den vergangenen zehn Millionen Jahren.

So hat die Biomasse der frei lebenden Säugetiere um 82 Prozent abgenommen, natürliche Ökosysteme haben die Hälfte ihrer Fläche verloren, bei Feuchtgebieten sind es sogar 85 Prozent. Rund ein Viertel der Landfläche wurde bereits ökologisch schwer geschunden.

Schuld an der Zerstörung ist die Art, wie wir unsere Umwelt nutzen. Statt eines Mosaiks aus Natur und Landwirtschaft mit Brachflächen und Gewässern überziehen industrielle Monokulturen immer größere Gebiete. In manchen Regionen führt die Biomasseproduktion zur "Vermaisung" der Landschaft. Gülle aus der Tierhaltung belastet Böden und Bäche. Unmengen Ackergifte werden ausgebracht. Wälder werden zu „Holzfabriken“.

Dass ein Massensterben im Gange ist, ist längst bekannt. An Strategien gegen die Ausrottung mangelt es weder national noch international. Wir müssen unsere Lebensweise grundlegend ändern. Ein „weiter so“ mit kleinen Anpassungen wird nicht genügen. Das Umsteuern erfordert politischen Mut.

Sehr geehrter Bundeskanzler Olaf Scholz, machen Sie den Artenschutz in Deutschland und international zum Top-Thema!

Hinter­gründe

Im Oktober 2020 sollte während des UN-Weltnaturschutzgipfels im chinesischen Kunming ein neues Rahmenabkommen zur Bewahrung der biologischen Vielfalt verabschiedet werden. Wegen der COVID-19-Pandemie wurde die Konferenz auf das Jahr 2021 verschoben.

Am Report der Zwischenstaatliche Plattform für Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen (IPBES) haben 150 Experten aus 50 Ländern drei Jahre lang gearbeitet. Er fasst auf 44 Seiten ein 1.800-seitiges Dokument zusammen.

Der Fünfte globale Bericht zur Lage der biologischen Vielfalt wurde von der Convention on Biological Diversity (CBD) erstellt. Er belegt, dass die Staaten die 2010 zum Schutz der Artenvielfalt gesetzten Aichi-Ziele verfehlen. 

Interessante Links

Bundesamt für Naturschutz

https://biologischevielfalt.bfn.de/

Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt, 2007

https://biologischevielfalt.bfn.de/nationale-strategie/ueberblick.html

https://biologischevielfalt.bfn.de/nationale-strategie/die-strategie-in-kuerze.html

Video: 10 Jahre Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt, mit Projekt-Vorstellungen

https://www.youtube.com/watch?v=4yh94QP5HEs

NGOs zu 10 Jahre Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt

https://www.nabu.de/downloads/170529_Bilanz_10-Jahre-NBS_BUND_DNR_DUH_NABU_WWF.pdf

https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/die-blockade-einer-vision/

Bundesprogramm Biologische Vielfalt, 2011

https://biologischevielfalt.bfn.de/bundesprogramm/bundesprogramm.html

https://biologischevielfalt.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/Broschuere_BPBV_gesamt_barrierefrei.pdf

Naturschutz-Offensive 2015

https://biologischevielfalt.bfn.de/nationale-strategie/naturschutz-offensive-2020.html

Biologische Vielfalt in Deutschland – Rechenschaftsbericht des Bundesumweltministeriums, 2017

https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/biologische_vielfalt_bf.pdf

International:

EU actions to protect and restore biodiversity

EU Biodiversity Strategy to 2020 - veröffentlicht 2011

http://ec.europa.eu/environment/nature/info/pubs/docs/brochures/2020%20Biod%20brochure%20final%20lowres.pdf

UN-Dekade Biologische Vielfalt 2011-2020

https://www.undekade-biologischevielfalt.de/

Convention on Biological Diversity, 1992

https://www.cbd.int/convention/text/

An­schreiben

An: Bundeskanzlerin Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

das weltweite Sterben von Tier- und Pflanzenarten ist dramatisch. Einer aktuellen UN-Studie zufolge können in den nächsten Jahren weltweit eine Million Spezies verschwinden. Wissenschaftler warnen eindringlich und fordern entschiedenes Handeln.

Leider räumt Ihre Regierung dem Artenschutz nicht den nötigen Stellenwert ein. Zwar wurden auf Bundes- und EU-Ebene zahlreiche Strategien, Programme, Offensive und dergleichen beschlossen, bewirkt haben sie offensichtlich nicht genug.

Zeitgleich zur viel diskutierten Klimakrise müssen wir den bislang vernachlässigten Artenkollaps bekämpfen.

Bitte machen Sie den Schutz der Biodiversität in Deutschland und international zum Top-Thema auf höchster Ebene.

Mit freundlichen Grüßen

5-Minuten-Info zum Thema: Biodiversität

Die Ausgangslage: Warum ist Biodiversität so wichtig?

 

Biodiversität oder Biologische Vielfalt umfasst drei Bereiche, die sehr eng miteinander verbunden sind: die Artenvielfalt, die genetische Vielfalt innerhalb der Arten und die Vielfalt der Ökosysteme wie z.B. Wälder oder Meere. Jede Art ist Teil eines hoch komplexen Beziehungsgeflechts. Stirbt eine Art aus, wirkt sich das auf viele andere Arten und ganze Ökosysteme aus.

Weltweit sind derzeit fast 2 Millionen Arten beschrieben, Experten schätzen die Anzahl weitaus höher. Tropische Regenwälder und Korallenriffe gehören zu den artenreichsten und am komplexesten organisierten Ökosystemen dieser Erde. Rund die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten lebt in den Tropenwäldern.

Die biologische Vielfalt ist für sich alleine schützenswert und gleichzeitig unsere Lebensgrundlage. Wir nutzen täglich Nahrungsmittel, Trinkwasser, Medizin, Energie, Kleidung oder Baumaterialien. Intakte Ökosysteme sichern die Bestäubung von Pflanzen und die Bodenfruchtbarkeit, schützen uns vor Umweltkatastrophen wie Hochwasser oder Erdrutschen, reinigen Wasser und Luft und speichern das klimaschädliche CO2.

Die Natur ist auch die Heimat und zugleich ein spiritueller Ort vieler indigener Völker. Sie sind die besten Regenwaldschützer, denn besonders intakte Ökosysteme findet man in den Lebensräumen von indigenen Gemeinschaften.

Der Zusammenhang zwischen dem Verlust von Natur und der Ausbreitung von Pandemien ist nicht erst seit Corona bekannt. Eine intakte und vielfältige Natur schützt uns vor Krankheiten und weiteren Pandemien.

Die Auswirkungen: Artenschwund, Hunger und Klimakrise

 

Der Zustand der Natur hat sich weltweit dramatisch verschlechtert. Rund 1 Million Tier- und Pflanzenarten sind in den nächsten Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN sind derzeit 37.400 Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht - ein trauriger Rekord! Experten sprechen von einem sechsten Massenaussterben in der Geschichte der Erde - das Tempo des globalen Artensterbens ist durch den Einfluss des Menschen um Hunderte mal höher als in den letzten 10 Mio. Jahren.

Auch zahlreiche Ökosysteme weltweit - 75 % Landfläche und 66 % Meeresfläche - sind gefährdet. Nur 3% sind ökologisch intakt – z.B. Teile des Amazonas und des Kongobeckens. Besonders betroffen sind artenreiche Ökosysteme wie Regenwälder und Korallenriffe. Rund 50% aller Regenwälder wurden in den letzten 30 Jahren zerstört. Das Korallensterben nimmt durch den globalen Temperaturanstieg immer weiter zu.

Hauptursachen für den massiven Rückgang der Biodiversität sind die Zerstörung von Lebensraum, intensive Landwirtschaft, Überfischung, Wilderei und Klimaerwärmung. Rund 500 Milliarden US-Dollar jährlich werden weltweit in die Zerstörung der Natur investiert - in Massentierhaltung, Subventionen für Erdöl und Kohle, Entwaldung und Flächenversiegelung.

Der Verlust an Biodiversität hat weitreichende soziale und ökonomische Folgen, die Ausbeutung der Ressourcen geht zu Lasten von Milliarden Menschen im globalen Süden. Die UN kann die 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung z.B. die Bekämpfung von Hunger und Armut nur erreichen, wenn die Biodiversität weltweit erhalten und für die nächsten Generationen nachhaltig genutzt wird.

Ohne den Erhalt der Biodiversität ist auch der Klimaschutz bedroht. Die Zerstörung von Wäldern und Mooren – als wichtige CO2-Senken - heizt den Klimawandel weiter an.

Die Lösung: Weniger ist mehr!

 

Die natürlichen Ressourcen der Erde stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung. Knapp zwei Erden verbrauchen wir Menschen, bei derzeitigem Ressourcenverbrauch werden es 2050 mindestens drei sein. Um für den Erhalt der biologischen Vielfalt als unserer Lebensgrundlage zu kämpfen, müssen wir den Druck auf die Politik weiter erhöhen.
Und auch in unserem Alltag lässt sich viel bewegen.

Mit diesen Alltags-Tipps schützt man auch die biologische Vielfalt:

  1. Öfter mal pflanzlich: Mehr buntes Gemüse und Tofu auf den Teller oder am besten gar kein Fleisch! Rund 80% der Agrarflächen weltweit werden zur Tierhaltung und zum Anbau von Tierfutter genutzt.
  2. Regional und Bio: Ökologisch erzeugte Lebensmittel verzichten auf den Anbau von riesigen Monokulturen und den Einsatz von Pestiziden. Der Kauf von regionalen Produkten spart zudem Unmengen an Energie!
  3. Bewusst leben: Brauche ich schon wieder neue Klamotten oder ein Handy? Oder kann ich Alltagsdinge auch gebraucht kaufen? Es gibt gute Alternativen zu Produkten mit Palmöl oder Tropenhölzern! Tropische Haustiere wie z.B. Papageien oder Reptilien sind tabu! Berechne jetzt deinen ökologischen Fußabdruck.
  4. Werde Bienenfreund:in: Auf dem Balkon oder im Garten freuen sich Bienen und andere Insekten über vielfältige, leckere Pflanzen. Aber auch ohne eigenes Grün kann man in einem Naturschutzprojekt in der Region aktiv werden.
  5. Protest unterstützen: Demonstrationen oder Petitionen gegen die Klimaerwärmung oder für eine Agrarwende üben Druck auf Politiker:innen aus, die auch für den Schutz der biologischen Vielfalt verantwortlich sind.

Lesen Sie hier, warum so viele Arten aussterben, bevor sie überhaupt entdeckt werden.

News und Updates Fußnoten

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