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Natur & Umwelt Palmöl

So erkennen Sie Produkte, die dem Urwald schaden

In vielen Produkten ist Palmöl enthalten. Bisher wurde das Fett nur als „pflanzliches Öl“ ausgewiesen. Nun muss „Palmöl“ bei den Inhaltstoffen gesondert ausgewiesen werden In vielen Produkten ist Palmöl enthalten. Bisher wurde das Fett nur als „pflanzliches Öl“ ausgewiesen. Nun muss „Palmöl“ bei den Inhaltstoffen gesondert ausgewiesen werden
In vielen Produkten ist Palmöl enthalten. Bisher wurde das Fett nur als „pflanzliches Öl“ ausgewiesen. Nun muss „Palmöl“ bei den Inhaltstoffen gesondert ausgewiesen werden
Quelle: picture alliance / maxppp
Seit Jahren sorgt der steigende Verbrauch von Palmöl für Debatten. Seine Produktion schadet Umwelt und Menschen. Nun tritt eine EU-Verordnung in Kraft, nach der Hersteller das Öl extra ausweisen müssen.

Fertigpizza, Waschmittel, Schokoladenkekse, Lippenstift und Biodiesel – es gibt kaum ein Produkt, in dem nicht Palmöl enthalten ist. Doch um es herzustellen, werden Bauern vertrieben, Urwälder abgeholzt und Orang-Utans verlieren ihren Lebensraum. Die Palmöl-Branche macht immer wieder Negativschlagzeilen. Dabei ist das begehrte Pflanzenöl nach Schätzungen der Umweltstiftung WWF in der Hälfte aller Supermarktprodukte. Bislang konnten Verbraucher aber nicht erkennen, worin das Fett steckt.

Nun tritt eine neue EU-Verordnung zur Kennzeichnung von Lebensmitteln in Kraft. Ab dem 13. Dezember muss Palmöl namentlich aufgeführt werden. Bisher wurde es zu den „pflanzlichen Fetten“ gezählt. Die neue Etikettierung ist bereits auf vielen Verpackungen angekommen. Früher produzierte Lebensmittel dürfen aber noch verkauft werden.

Vor allem Umweltschützer sehen den Palmöl-Boom kritisch. „Für den Anbau von Ölpalmen werden immer wieder Regenwaldflächen gerodet“, erklärt Mathias Rittgerott, Sprecher der Initiative Rettet den Regenwald.

Damit sterben auch seltene Tiere wie Orang-Utans, Tiger und Nashörner. Bei einer Busfahrt auf der indonesischen Insel Sumatra kommt es vor, dass stundenlang nichts als Palmölplantagen am Fenster vorbeiziehen: riesige Monokulturen, wo früher einmal große Vielfalt war.

58 Millionen Tonnen jährlich

Verzichten kann die Industrie auf das günstige Pflanzenöl längst nicht mehr. 2013 wurden weltweit rund 58 Millionen Tonnen des rötlich-goldenen Öls produziert. Die Anbaufläche hat sich damit nach WWF-Angaben seit 1990 verdoppelt, in Indonesien gar verzehnfacht. Mit der wachsenden Bevölkerung in Indien und China, den beiden größten Palmöl-Importeuren, wird ein weiter ansteigender Bedarf erwartet. Damit dürfte auch die Abholzungen zunehmen.

Nach Greenpeace-Angaben werden Palmölplantagen fast nie auf freien Flächen errichtet, weil Regenwald-Böden fruchtbarer sind und das gerodete Tropenholz Startkapital verspricht. Dabei sei ein nachhaltiger Anbau durchaus möglich. „Die Ölpalme ist ja nicht böse, es ist nicht ihre Schuld, dass sie nicht vernünftig angebaut wird“, sagt Greenpeace-Sprecherin Gesche Jürgens.

Indien, China und Europa sind zusammen mit einem Anteil von 50 Prozent die größten Palmöl-Importeure. Ursprünglich stammt die Ölpalme aus Westafrika. Heute werden aber über 85 Prozent des Öls in Indonesien und Malaysia erzeugt. Für die Anlage riesiger Plantagen wird oft Regenwald abgeholzt und abgebrannt, in dem seltene Tierarten leben. Der Orang-Utan wurde daher zum Symbol des Kampfes gegen die Abholzung in Indonesien.

Aus den Früchten der Ölpalme wird Öl gewonnen. In Indonesien wird weltweit am meisten Palmöl produziert. Für die Plantagen wird häufig Regenwald abgeholzt
Aus den Früchten der Ölpalme wird Öl gewonnen. In Indonesien wird weltweit am meisten Palmöl produziert. Für die Plantagen wird häufig Regenwald abgeholzt
Quelle: picture alliance / dpa

Die pflegeleichte Ölpalme ist lukrativer als andere Ölpflanzen wie Sonnenblumen, Soja oder Raps. Heute sind nach Angaben der Vereinten Nationen weltweit rund 18 Millionen Hektar mit Ölpalmen bepflanzt. Das entspricht in etwa der Fläche der beiden indonesischen Inseln Java und Bali.

Um Ölpalmen nachhaltig anzubauen, müssten strenge Vorschriften beachtet werden, so Jürgens: kein Anbau auf kürzlich gerodeten Böden, Bewirtschaftung durch Kleinbauern, weniger Pestizide, Einsatz für bedrohte Tiere, Achtung vor Landrechten der Ureinwohner.

Sinnvolles Zertifikat oder Greenwashing?

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Das meistverbreitete Nachhaltigkeits-Zertifikat für Palmöl ist das RSPO-Siegel des vom WWF initiierten Runden Tischs für nachhaltiges Palmöl. 1631 Vertreter aus Anbau, Industrie, Handel und Finanzsektor treffen sich dafür mit Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen, um über freiwillige Kriterien für den Anbau von nachhaltigem Palmöl zu beraten.

Nach eigenen Angaben gehört der niederländisch-britische Konzern Unilever zu den größten Palmöl-Käufern. Seit 2012 nutze Unilever nur noch Palmöl aus zertifizierten Quellen wie dem RSPO, sagt Firmensprecherin Saskia Leisewitz. In fünf Jahren soll das gesamte Unilever-Palmöl aus rückverfolgbar nachhaltigem Anbau stammen. Unilever ist nach Greenpeace-Angaben in Deutschland mit palmölhaltigen Produkten von Knorr, Dove, Langnese oder Rama vertreten.

Die RSPO-Richtlinien seien allerdings zu lax, kritisieren Greenpeace und Rettet den Regenwald. Das Zertifikat werde auch an Firmen vergeben, die die Herkunft ihres Palmöls verschleierten und über Subunternehmer weiterhin Regenwald abholzten. Sanktionen gebe es kaum. Deshalb spricht Jürgens von „Greenwashing“.

Firmen könnten mit dem Kauf von RSPO-Palmöl zwar ihr Gewissen beruhigen, der Anbau sei aber nicht unbedingt umweltschonend. „Da setzt sich der WWF mit der Industrie in ein Boot“, kritisiert Rittgerott.

Verbraucher können jetzt mitentscheiden

Trotz geringer Produktionsstandards hat es das zertifizierte Palmöl auf dem Markt schwer. Vielen Firmen sei es egal, woher der Rohstoff stamme, bestätigt der WWF. Die Umweltschützer prognostizieren, dass sich das mit der neuen Verordnung zur Kennzeichnung von Lebensmitteln ändert. „Verbraucher können dann endlich bewusst entscheiden, ob sie Palmölprodukte kaufen wollen, oder nicht“, sagt Rittgerott von Rettet den Regenwald.

Hilfsorganisationen rufen Verbraucher zum Verzicht auf. „Es ist ein Skandal, dass dafür großflächig Regenwälder abgeholzt und der Klimawandel angeheizt wird, Menschen von ihrem Land vertrieben werden und Kinder arbeiten müssen“, kritisiert die Entwicklungsexperten Katja Breyer vom Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (Möwe). Vor allem durch Kochen mit frischen Zutaten lasse sich der Kauf von palmölhaltigen Produkten vermeiden.

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