Indonesien: Was geschieht nach dem Feuer?

Umweltschützer stehen auf einem Damm, den sie aus Holz gebaut haben, um einen Kanal zu blockieren Umweltschützer bauen Holzblockaden, um das Abfließen des Wassers aus den Kanälen zu verhindern (© SOB)

15.12.2015

Der Inselstaat hat in den letzten Monaten 27.000 Quadratkilometer Natur- und Regenwaldgebiete durch Brandrodung verloren; in Feuer und Rauch starben Menschen und Tiere. Tut die Regierung genug, um die Brandstifter zu ermitteln und um eine derartige Katastrophe künftig zu verhindern? Was sagen Naturschützer? Eine erste Bilanz.

Die neue Aufgabe fordert von Nordin und den anderen Umweltaktivisten alles: Gemeinsam sind sie seit ein paar Wochen dabei, die Kanäle in den gerodeten Torfgebieten zu blockieren. So wird das Wasser aus Regen und benachbarten Flüssen daran gehindert, ungenutzt abzufließen und kann wieder in die Torfschichten eindringen. Die freiwilligen Helfer arbeiten fast rund um die Uhr - inmitten von verkohlten Wüsten. Und das ist auch für die Seele eine große Belastung.

„Eigentlich müsste die Regierung dafür sorgen, dass die Torfsumpfwälder renaturiert werden“, sagt Nordin, Chef unserer Partnerorganisation Save our Borneo. Doch die Behörden sind überfordert mit dem Management nach der verheerenden Feuer- und Rauchkatastrophe – darin sind sich Naturschutz- und Menschenrechtsgruppen einig. Für sie sind die Waldbrände, die vier Monate lang vor allem auf den Inseln Borneo und Sumatra wüteten, ein ökologisches, humanitäres und globales Desaster.

„Torf ist der Brennstoff für das Drama“, sagt Marianne Klute, Indonesien-Expertin bei Rettet den Regenwald. „Wenn Torfwälder gerodet und entwässert werden, bleibt fast reiner Kohlenstoff übrig - und der brennt lichterloh. In den letzten Jahren haben Zellstoff- und Palmölfirmen ihre Neuplantagen bevorzugt auf Torfböden errichtet. Vor sechs Jahren lagen 1,9 Mio. Hektar der Plantagen auf Torfböden, heute sind es 8,6 Mio. Satellitendaten zeigen eindeutig, dass dort die meisten Brandherde liegen.“

Und das, obwohl seit 2011 ein Moratorium für Konzessionen auf Torfböden besteht. Doch die Moratoriums-Karten, so Marianne Klute, wurden von den Firmen häufig willkürlich geändert. Auch das zeigen Satellitenaufnahmen. Siehe hierzu auch unsere Petition.

Insgesamt haben wir mit zwei Petitionen an die indonesische Regierung 200.000 Unterschriften gesammelt - sie wurden am 23. November 2015 in der Berliner Botschaft des Landes übergeben und von dort nach Jakarta geschickt.

Maßnahmen der Regierung

Während der verheerenden Waldbrände hat Präsident Joko Widodo die betroffenen Regionen mehrfach besucht und starke Aussagen gemacht. Dabei ist es nicht geblieben. Er hat das Ministerium für Umwelt und Forsten angewiesen zu handeln. Nach verschiedenen Anweisungen erließ das Ministerium für Umwelt und Forsten einen Brief mit diversen Vorschriften.

Der Brief richtet sich an die Regierung in Jakarta und an die Provinzen und weist sie an, auf Torf keine neuen Konzessionen zu vergeben, außer im öffentlichen Interesse (d.h. z.B. Flughafen).

Damit ist im Detail verboten:

1. Neue Holzeinschlagskonzessionen auf Torfböden
2.Bepflanzen der abgebrannten Flächen(d.h. keine Ölpalmen und Akazienplantagen)
3. Abholzung von Torfwäldern, auch wenn hierfür bereits eine Konzession erteilt wurde

Außerdem werden Anweisungen erteilt, dass Entwässerungskanäle blockiert werden oder andere Maßnahmen ergriffen werden müssen, die eine Wassertiefe von 40 cm garantieren.

Präsidialerlass zur Feuerbekämpfung und Vorbeugung (Oktober 2015):
Das Forstministerium hat dafür zu sorgen, dass es auf allen Plantagen und Holzkonzessionen Einrichtungen zum Löschen sowie ausreichend geschultes Personal gibt. Es kann Sanktionen verhängen, wenn dies nicht der Fall ist.

Jetzt bleibt die Frage, ob diese Anweisungen durchgesetzt werden.„Wir werden mit Argusaugen beobachten, wie Indonesien seine Programme zur Renaturierung der Torfsumpfwälder und zur Reduzierung seiner Emissionen umsetzt“, so Marianne Klute.

Strafverfolgung und Gerichtsverfahren:

Stand Mitte November: Gegen 2 Plantagenfirmen und 11 Privatpersonen laufen Gerichtsverfahren. Regierung und Forstministerium nennen bisher keine Namen, nur die Initialen!

Von 16 Unternehmen wurden die Genehmigungen inzwischen eingefroren. Das sind indonesische Firmen als auch ausländische aus Malaysia, China, Singapur und Australien.

In 102 Fällen laufen die Untersuchungen noch. 270 Personen sind der Brandstiftung verdächtigt, davon sind schon 78 Leute verhaftet.

Untersuchungen und Forderungen der Naturschützer

Die Regierung hat ihre Pflicht, die BürgerInnen zu schützen, nicht erfüllt. Verantwortlich sind die Unternehmen, selbst wenn die Brände von außen auf ihr Konzessionsgebiet übergesprungen sind. Firmen sind laut Betriebserlaubnis verpflichtet, Feuer zu bekämpfen, auch in der Umgebung.

NGOs fordern, rechtlich durchzugreifen und die Brandstifter zu bestrafen und den Unternehmen die Lizenzen zu entziehen.

In mehreren Provinzen haben Nichtregierungsorganisationen (NGO) Anzeigen erstattet:

Walhi, der indonesische Zweig von Friends of the Earth, berichtet von fast 300 angezeigten Firmen. Einige Walhi-Gruppen, Greenpeace und vielleicht noch andere strengen Prozesse an, sowohl gegen Konzerne als auch gegen die Regierung.

Der UNO wurde Bericht erstattet, dass Indonesien seine BürgerInnen nicht schütze.

Noch aber laufen erst wenige Prozesse. Vielleicht dauert es ja, vielleicht aber sitzt man das einfach aus.

Walhi hat anhand von Satellitendaten die Konzessionsflächen ermittelt, auf denen die Brandherde zu erkennen sind. Daraus hat Walhi eine Liste mit den Namen der Unternehmen und Mutterkonzerne erstellt.

Dazu gehören die Global Player der Holz- und Palmölindustrie: Wilmar International, Golden Agri Resources und Asia Pulp and Paper (beide gehören zur Sinar Mas Holding), Best Agro International, Bumitama Agri Int., Musimas, Minamas, Julong Grup.

Walhi: „Die Polizei hat nur ein paar kleine Fische festgenommen. Das zeigt, dass die Justiz sich noch nicht an die Hauptakteure wagt, die Brandrodung in großem Stil praktizieren.”

Umweltgruppen und Menschenrechtler vermissen außerdem den politischen Willen, eine solche Katastrophe künftig zu verhindern. Das Gegenteil scheint der Fall: Die Regierung Jokowi treibt die Palmölproduktion weiter voran – vor allem für ihre fatale Biodiesel-Politik. Zu dieser Problematik haben wir bereits im Februar 2015 eine Petition gestartet und mehr als 145.000 Unterschriften gesammelt. 

Verantwortung der Verbraucher von Palmöl, Holz und Papier

Fast alle – die Welt, die NGOs – machen die indonesische Regierung und die Konzerne für die Brandrodungen verantwortlich. Doch Konsequenzen müssen auch die Firmen und Kunden ziehen, die die Produkte aus der Brandrodung und Abholzung kaufen. Dazu gehören die Konsumgüterkonzerne Unilever, Nestlé, Henkel, Ikea sowie die großen Agrarhändler Cargill und ADN und der finnische Biospritkonzern Neste Oil.

Gehandelt haben Supermärkte in Singapur: Sie entfernten APP-Papiere (Sinar Mas) aus den Regalen.

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