Brasilien: Klagen über den Bau einer Bauxit-Pipeline durch norwegischen Konzern Hydro im Amazonasregenwald

Luftaufnahme vom Bau der Bauxit-Pipeline im Regenwald mit von Baggern zerwühlter Erde und Rohrteilen Aufnahme von den Arbeiten zur Verlegung der Bauxit-Pipeline des norwegischen Aluminiumkonzerns Hydro im Regenwald des brasilianischen Bundesstaates Pará (© Movimento IRQ) Luftaufnahme vom Bau der Bauxit-Pipeline im Regenwald mit von Baggern zerwühlter Erde und Rohrteilen Aufnahme von den Arbeiten zur Verlegung der Bauxit-Pipeline des norwegischen Aluminiumkonzerns Hydro im Regenwald des brasilianischen Bundesstaates Pará (© Movimento IRQ) Ein Sattelschlepper mit Pipelinerohrteilen und am Boden bereits abgelegte Rohrteile auf einer Baustelle im Regenwald Bauarbeiten an der Bauxit-Pipeline von Hydro im Regenwald von Pará (© Movemento IRQ) Bauplatz mit zwei Raupenbaggern im Regenwald Bauarbeiten an der Bauxit-Pipeline von Hydro im Regenwald von Pará (© Movimento IRQ) Luftaufnahmen der toxischen Rotschlamm-Deponien von Hydro Alunorte im Amazonasregenwald Luftaufnahmen der toxischen Rotschlamm-Deponien von Hydro Alunorte im Amazonasregenwald (© Pedrosa Neto/Amazonia Real)

19.09.2024

Der Aluminium-Bedarf der Automobil-, Bau- und Verpackungsindustrie hat gravierende Auswirkungen auf den brasilianischen Regenwald und die dort lebenden Menschen. Aus Pará an der Amazonas-Mündung erreicht uns ein Hilferuf: Der norwegische Aluminium-Konzern Hydro verlegt ohne deren Zustimmung auf ihrem Land eine Pipeline für den Transport des Aluminium-Rohstoffs Bauxit.

Vertreter traditioneller indigener und Quilombola-Gemeinschaften aus dem brasilianischen Bundesstaat Pará denunzieren den Bau einer Pipeline durch den norwegischen Aluminium-Konzern Hydro auf ihrem angestammten Land im Amazonasregenwald. Sie haben uns gebeten, über die Aktivitäten und deren Folgen zu berichten.

Hydro holzt ab und verursacht irreversible Schäden in Amazonien“, schreibt uns das Movimento Indigena Riberinho Quilombola (IRQ). „Neben dem Tod von vielen Tier- und Pflanzenarten kriminalisiere das Unternehmen die Verteidiger der Menschenrechte im Regenwald“.

Die Einwohnern beklagen zudem, dass die Bauarbeiten Zuflüsse zum Río Acará mit Sedimenten verschmutzen.

Der norwegische Konzern Hydro ASA, einer der weltweit größten Aluminiumproduzenten, lässt demnach in den Gemeindebezirken Tomé-Açu und Acará Regenwald roden und den Urwaldboden ausbaggern, um dort eine Rohrleitung für den Transport von Bauxit zu verlegen.

 

Die Arbeiten an der Pipeline im Regenwald finden nach Aussage von IRQ ohne die Zustimmung der Einwohner statt und verletzten die von Brasilien unterzeichnete UN-Konvention 169. Diese schreibt das Recht der indigenen Völker und Quilombolas auf Konsultation und freie, vorherige und informierte Zustimmung vor, was Hydro nicht eingehalten habe.

Mitglieder von IRQ befürchten zudem, ins Gefängnis gesteckt, mit Strafzahlungen belegt oder physischer Gewalt - auch durch die Polizei - ausgesetzt zu werden, wenn sie gegen die Bauarbeiten auf der Straße oder an den Grenzen ihres Territoriums protestieren.

Auf Fotos, die Rettet den Regenwald e.V. vorliegen, sind Rodungen und umfangreiche Erdarbeiten mit schweren Maschinen entlang einer Schneise im Urwald zu sehen. In einigen der Aufnahmen sind die Koordinaten 2º 4' 34'' S, 48º 28' 43'' W und das Datum 29. August 2024 angegeben. Demnach stammen sie aus dem Gemeindebezirk Acará nahe des Ufers des Flusses Acará.

 

Bauxit-Minen und Aluminiumfabriken von Hydro zerstören und verseuchen den Regenwald

Die Pipeline soll von den Bauxit-Minen von Hydro im Regenwald von Paragominas über 240 Kilometer Länge bis zum Hafen Barcarena an der Amazonasmündung südlich von Belém, der Hauptstadt des Bundesstaates Pará, verlaufen. In Barcarena steht eine der größten Aluminiumoxid-Fabriken der Welt, Hydro Alunorte. Der im Regenwald gelegene Industriekomplex verarbeitet das in den Minen von Paragominas und Trombetas abgebaute Bauxit zu Alumina und weiter zu Rohaluminium, das von dort auf den Weltmarkt exportiert wird.

Für die Bauxit-Tagebauminen bei Paragominas und Trombetas wird der Regenwald auf Tausenden Hektar Fläche abgeholzt und die Erde abgetragen, um an die darunter liegenden Bauxit-Schichten zu kommen.

 

Schon jetzt wird das in Paragominas abgebaute Bauxit über eine seit Jahren bestehende Bauxit-Leitung zu Hydro Alunorte befördert. Die Einwohner beklagen in einem Manifest, dass „die zum norwegischen Konzern gehörende Firma Mineração Paragominas (MPSA) in diesem Moment ihr fast 300 Kilometer langes Pipelinenetz ausbauen und verdoppeln würde". Auf konkrete Nachfrage antworten die Einwohner gegenüber Rettet den Regenwald dazu: "Hydro erkläre, dass Instandhaltungsarbeiten durchgeführt würden, verlegt allerdings eine neue Rohrleitung parallel zu der bereits eingegrabenen Rohrleitung, was offensichtlich dazu dient, die Kapazitäten zu verdoppeln".

Von der nördlich des Amazonas im Nationalen Regenwaldgebiet Saracá-Taquera gelegenen Trombetas-Mine erfolgt der Abtransport des Bauxits per Schiff zur Verarbeitung durch Hydro Alunorte.

Die dabei anfallenden Millionen Tonnen von toxischem Rotschlamm werden auf zwei großen Sedimentationsbecken von Alunorte an der Amazonasmündung unter freiem Himmel ablagert. Dadurch kommt es laut wissenschaftlichen Studien und Recherchen des World Rainforest Movement zu gravierenden Umweltverseuchungen. Hydro behauptet dagegen, dass es an den Rotschlammdeponien zu keinen Überflüssen oder Leckagen gekommen sei.

 

Unsere Forderungen

Rettet den Regenwald fordert Hydro und den norwegischen Staat auf, die Rechte der traditionellen Gemeinschaften einzuhalten und den Schutz des Amazonasregenwaldes zu gewährleisten. Vor sämtlichen Aktivitäten, die deren Land und Ressourcen betreffen, müssen ein formelles Konsultationsverfahren durchgeführt und eine freie, vorherige und informierte Zustimmung der Menschen vorliegen, wie es die UN-Konvention ILO 169 vorschreibt.

Über den Hydro-Konzern

Über ein Drittel der Firmenanteile von Hydro befinden sich im Besitz des norwegischen Staates, weitere 6.5 % verwaltet der staatliche norwegische Pensions-Fund. Dabei ist das Land der größte Geldgeber für den Amazonasfonds, der das Ziel hat, die Entwaldung einzudämmen, das Amazonasgebiet klimafreundlich zu entwickeln und die Lebensgrundlagen indigener Völker zu schützen. Norwegen, das sich international als Vorreiter beim Schutz der Menschenrechte, der Umwelt und des Klimas präsentiert, zeigt mit seiner Beteiligung an Hydro sein schmutziges Gesicht. So wie auch der Reichtum Norwegens überwiegend auf der Ausbeutung der Erdöl- und Gasvorkommen im Nordatlantik beruht, die die Hauptursache des globalen Klimawandels sind.

Hydro arbeitet nach eigenen Angaben mit Automobilkonzernen wie Porsche, Mercedes Benz, Polestar, Volvo und Watt Electric Vehicles zusammen. Dazu hat Hydro eine vollständig aus Aluminium gefertigte Auto-Karosserie entwickelt, die aus 200 kg Aluminium besteht. Durchschnittlich etwa weitere 70 Kilogramm Aluminium stecken in den Batterien von E-Autos. So wird für angeblich umweltfreundliche E-Autos der Amazonasregenwald zerstört.

Weitere Informationen:

Alma Preta, 20. Sept. 2024: Mobilização indígena impede polícia de impor obra de multinacional em território quilombola: https://almapreta.com.br/sessao/cotidiano/mobilizacao-indigena-impede-policia-de-impor-obra-de-multinacional-em-territorio-quilombola/

Alma Preta, 25. Okt. 2023. Multinacional e governo do Pará são denunciados por violações em terras quilombolas: https://almapreta.com.br/sessao/cotidiano/multinacional-hydro-governo-para-violacoes-terras-quilombolas/

Business & Human Rights Ressource Center, besucht am 30. September 2024. Brasil: Processo aponta irregularidades no licenciamento do mineroduto da Norsky Hydro por violar terras quilombolas: https://www.business-humanrights.org/pt/%C3%BAltimas-not%C3%ADcias/brasil-processo-aponta-irregularidades-no-licenciamento-do-mineroduto-da-norsky-hydro-por-violar-terras-quilombolas/

G1, 31. Mai 2024. Tribunal da Holanda vai julgar a mineradora norueguesa Hydro por impactos ambientais no Pará: https://g1.globo.com/pa/para/noticia/2024/05/31/tribunal-da-holanda-vai-julgar-a-mineradora-norueguesa-hydro-por-impactos-ambientais-no-para.ghtml

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes haben wir geschrieben: "Die zweite in Bau befindliche Pipeline dient offensichtlich dazu, die Kapazitäten zu vergrößern."

Wir haben den Satz jetzt präzisert: Die Einwohner beklagen in einem Manifest, dass  „die zum norwegischen Konzern gehörende Firma Mineração Paragominas (MPSA) in diesem Moment ihr fast 300 Kilometer langes Pipelinenetz ausbauen und verdoppeln würde". Auf konkrete Nachfrage antworten die Einwohner gegenüber Rettet den Regenwald dazu: "Hydro erkläre, dass Instandhaltungsarbeiten durchgeführt würden, verlegt allerdings eine neue Rohrleitung parallel zu der bereits eingegrabenen Rohrleitung, was offensichtlich dazu dient, die Kapazitäten zu verdoppeln".


  1. beklagen in einem ManifestAlma Preta, 20. Sept. 2024: Mobilização indígena impede polícia de impor obra de multinacional em território quilombola: https://almapreta.com.br/sessao/cotidiano/mobilizacao-indigena-impede-policia-de-impor-obra-de-multinacional-em-territorio-quilombola/

  2. Studien Queiroz Lemos, M.A., da Silva Pimentel, M.A., 2020. MINERAÇÃO E DESASTRES AMBIENTAIS COM REJEITOS DE BAUXITA E CAULIM NO MUNICIPIO DE BARCARENA-PARÁ-BRASIL-AMAZÔNIA:https://www.researchgate.net/publication/347632736_Mineracao_e_desastres_ambientais_com_rejeitos_de_bauxita_e_caulim_no_municipio_de_Barcarena-Para-Brasil-Amazonia

  3. Movement WRM, 2029. Brazil: Hydro Alunorte’s Alumina Tailings Dam. A Disaster Foreshadowed: https://www.wrm.org.uy/bulletin-articles/brazil-hydro-alunortes-alumina-tailings-dam-a-disaster-foreshadowed

  4. sei Hydro, 2024. Facts about February 2018, heavy rains: https://www.hydro.com/en/global/media/on-the-agenda/the-alunorte-situation/

  5. zusammen Hydro, 2024. Our collaborative path to zero emissions: https://www.hydro.com/en/global/about-hydro/partners-and-customers/

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