Palmöl-Label RSPO: Die Nachhaltigkeits-Lüge – Ein Film über das schmutzige Geschäft im Regenwald

Der indonesische Umweltschützer Nordin wird von zwei Journalistinnen vor einer abgeholzten Fläche im Regenwald gefilmt

24.03.2011

Europa will billiges Fett und „grüne“ Energie  – deshalb pflanzen Großkonzerne Ölpalm-Plantagen bis zum Horizont und holzen dafür die Tropenwälder ab. „Nachhaltigkeits-Siegel“ sollen das Gewissen der Verbraucher beruhigen. Doch Nachhaltigkeit gibt es nicht – das zeigt die Spurensuche in Indonesien

Europa will billiges Fett und „grüne“ Energie  – deshalb pflanzen Großkonzerne Ölpalm-Plantagen bis zum Horizont und holzen dafür die Tropenwälder ab. „Nachhaltigkeits-Siegel“ sollen das Gewissen der Verbraucher beruhigen. Doch Nachhaltigkeit gibt es nicht – das zeigt die Spurensuche in Indonesien

Borneo – indonesische Provinz Zentralkalimantan. Das kleine Flugzeug zieht eine weite Schleife über dem Sembuluh-See. An Bord sitzen Nordin und Udin, Umweltaktivisten der Organisation Save our Borneo (SOB). Die beiden Männer sind illegalen Abholzungen auf der Spur; ein paar Bauern, die am See siedeln, hatten ihnen per Handy einen Notruf geschickt.

Jetzt sieht SOB-Chef Nordin seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt – wieder einmal: Wüstenlandschaft breitet sich unter ihnen aus, auf 140 Quadratkilometern. Wo bis vor kurzem dichter, immergrüner Urwald wucherte, ragen nur noch tote Baumstümpfe aus verwundeter Erde. Und wieder ist hier der Wilmar-Konzern am Werk – illegal, wie Nordins Nachforschungen bestätigen.

Diese Luftaufnahmen von seinem Erkundungsflug hatte Nordin im Frühsommer 2010 an Rettet den Regenwald geschickt; der Verein unterstützt Save our Borneo seit vielen Jahren. Nordins Bilder haben uns alarmiert; deshalb sind wir mit der renommierten Filmemacherin Inge Altemeier im September nach Indonesien gereist – um mit unseren Regenwald-Partnern auf Borneo und Sumatra weitere Beweise gegen Wilmar zu sammeln und die Verbrechen des weltgrößten Palmölkonzerns an Menschen und Natur für die Weltöffentlichkeit zu dokumentieren.

Der Hintergrund: Wilmar präsentiert sich seinen europäischen Kunden gern als nachhaltig und umweltfreundlich. Die Wilmar-Group mit Sitz in Singapur ist Mitglied im „Roundtable on Sustainable Palmoil“ (RSPO). Dem Industriesiegel Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl gehören 365 Industrie- und Handelsunternehmen an, die am Palmöl verdienen. Umso mehr, wenn sie sich ihre Monokulturen mit einem Nachhaltigkeitssiegel zertifizieren lassen. So wie Wilmar. Und als grünes Feigenblatt dienen bei RSPO 21 Umweltschutz- und Sozialorganisationen. Doch die unter RSPO zertifizierten Palmölfirmen roden weiter und vertreiben die Menschen. Nachhaltig ist nur die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage und der letzten tropischen Urwälder der Erde.

Palmölprojekte wurden rund um den Globus seit 1965 von der Weltbank finanziert; allein in Indonesien und Malaysia investierte die Bank mehr als eine Milliarde US-Dollar. Im vergangenen Jahr jedoch musste Weltbankpräsident Robert Zoellick sämtliche Kredite für Palmöl aussetzen. Zu lang war die Liste der Klagen indonesischer Bauern und Umweltschützer – vor allem gegen den Wilmar-Konzern. Seit Mitte 2010 steht das Moratorium zur Disposition – die Weltbank will so schnell wie möglich wieder ins Palmölgeschäft einsteigen. Der Trick: Zukünftig soll vor allem „nachhaltiges“, zertifiziertes Palmöl finanziert werden. Doch nachhaltiges Palmöl gibt es nicht.

„Wilmar und die gesamte Palmölindustrie vernichten den tropischen Regenwald, den Lebensraum der Orang-Utans; sie stehlen uns das Land, verseuchen unsere Flüsse und Seen mit Pestiziden und den Giftabfällen aus den Ölfabriken. Außerdem bricht der Konzern indonesische Gesetze, indem er ohne Genehmigung und ohne Umweltverträglichkeitsprüfung abholzt.“ Das sagt Nordin von Save our Borneo nunvor der Kamera; im September führt er das Team von Inge Altemeier und Rettet den Regenwald auf den Acker, für den Wilmar im Mai den Urwald zerstörte. Erste Palmen sprießen bereits aus dem Boden.

Überall dort, wo Wilmar und seine zahlreichen Tochterfirmen Regenwälder für Palmölplantagen vernichten, erfahren wir von Vertreibung, von Not, Gewalt und Verzweiflung. Von Borneo reisen wir mit dem Filmteam nach Sumatra, in die Provinz Jambi.

Seit dem 23. Juli sitzen dort 16 Bauern unschuldig im Gefängnis. Der Wilmar-Konzern ließ sie verhaften, weil sie Palmölfrüchte von einer seiner Plantagen gestohlen haben sollen. In Wahrheit gehört das Land aber den Bauernfamilien. Denn 2005 ließ Wilmar ohne Genehmigung 7200 Hektar geschützten Wald abholzen – den Urwald, von dem die Bauern des Dorfes Bungku seit jeher lebten. Seitdem ihre Männer im Knast sitzten, herrscht bei ihren Familien große Not, denn der Kautschukhandel, der einen großen Teil des Einkommens ausmacht, ist Männersache.

Nur ein paar Kilometer vom Dorf Bungku entfernt leben Familien der Suku Anak Dalam; sie sind Ureinwohner und verstehen sich als Menschen des Waldes. Doch sie hausen in armseligen Hütten – mitten in einer gigantischen Palmölplantage. Vor acht Jahren ließ Wilmar ihren Wald abholzen. „Das ist das Land unserer Ahnen“, sagt Maryam, die Frau des Häuptlings. „Wir wollen es zurück. Wir können hier nicht weg, hier leben unsere Götter und Vorfahren. Ohne sie gäbe es uns gar nicht.“

Wilmars Manager behaupten stets, dass alle Menschen entschädigt worden sind für den Wald, den man ihnen genommen hat. Doch überall erfahren wir, dass es immer nur eins gab: gebrochene Versprechen.

Sie können sich den 12-minütigen Film "Die Nachhaltigkeits-Lüge - Wie die Palmölindustrie die Welt betrügt" von Inge Altemeier nachfolgend oder direkt auf You Tube anschauen. Weitere Hintergründe finden Sie auch in dem gerade erschienenen Regenwald Report 5-2010.

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