“Biosprit”: Unterstützen Sie den Aufruf der Wissenschaftler

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168 Wissenschaftler aus aller Welt haben am 7.10.2011 mit einem gemeinsamen Schreiben an die EU vor sogenanntem „Biosprit“ gewarnt. Pflanzenenergie vom Acker ist keinesfalls CO2-neutral, wie von der EU behauptet. „Biosprit ist aus wissenschaftlicher Sicht ganz klar nicht klimaneutral“, so die Forscher. Für Agrarenergie werden die Regenwälder gerodet und durch steigende Lebensmittelpreise der Hunger auf der Welt verschärft.

Appell

168 Wissenschaftler aus aller Welt haben am 7.10.2011 mit einem gemeinsamen Schreiben an die EU vor sogenanntem „Biosprit“ gewarnt. Pflanzenenergie vom Acker ist keinesfalls CO2-neutral, wie von der EU behauptet. „Biosprit ist aus wissenschaftlicher Sicht ganz klar nicht klimaneutral“, so die Forscher. Für Agrarenergie werden die Regenwälder gerodet und durch steigende Lebensmittelpreise der Hunger auf der Welt verschärft.

„Wenn für die Nahrungsmittelproduktion genutzte Landflächen umgewandelt werden, um darauf Agrosprit-Pflanzen anzubauen, dehnt sich die Landwirtschaft an anderen Orten weiter aus. Dies führt häufig zu neuer Entwaldung und Zerstörung natürlicher Ökosysteme, besonders in den tropischen Gebieten der Entwicklungsländer“, begründen die Wissenschaftler auf ihrer Webseite.

„Es handelt sich dabei nicht um eine zukünftige Entwicklung, sondern dies findet bereits jetzt statt.“ Weiter erklären die Wissenschaftler in ihrem Schreiben: „Wenn die Landnutzungsänderungen von der EU nicht berücksichtigt werden, kann das Ziel für erneuerbare Energie im Verkehrssektor nicht zu echten CO2-Einsparungen in der Praxis führen. Es wäre am Ende bloß eine Übung auf dem Papier, die weit verbreitete Abholzung und höhere Nahrungsmittelpreise fördert.“

Weitere Infos und Stellungnahme der Wissenschaftler

Hintergrund des Aufrufes sind die Versuche der EU-Kommission, ihre gescheiterte Politik mit dem schädlichen Agrarsprit um jeden Preis weiterzuführen. Die Kommission hat dazu eigens in Auftrag gegebene Studien zurückgehalten oder umschreiben lassen, weil diese nicht die gewünschten Ergebnisse – sprich CO2-Einsparungen durch Agrosprit – lieferten.

Bitte unterschreiben Sie den Brief an die Europäische Kommission:

Hinter­gründe

Hauptproblem ist der enorme Landverbrauch der Pflanzenenergien. Um den von der EU vorgegeben Anteil von 10 Prozent erneuerbare Energien im Verkehrsbereich zu erfüllen, müssen Millionen Hektar Ackerland mit Energiepflanzen belegt werden. Da landwirtschaftliche Flächen weltweit knapp sind, wird der benötigte Platz auf Kosten der Nahrungsmittelproduktion und in Tropenwaldgebieten geschaffen. Europa ist mit seinen Plänen auf weiter steigende Importe von Biodiesel aus Ölpalmen und Soja sowie Ethanol aus Mais und Zuckerrohr angewiesen.

Die Unterzeichner des Dokuments berufen sich auf wissenschaftliche Fakten und sind über jeden Verdacht erhaben, von Interessen beeinflusst zu sein. Sie stammen aus allen Bereichen von Wissenschaft und Wirtschaft sowie vielen Ländern wie den USA, Deutschland, den Niederlanden, Kenia, Indien, Australien, usw. Dazu gehören u.a. der Nobelpreisträger Kenneth Arrow, Professor Emeritus an der Stanford Universität und Daniel Kammen, der für erneuerbare Energien zuständige Cheftechniker der Weltbank.

Die EU und die Bundesregierung müssen nun endlich handeln. Anstatt unseren exzessiven Energieverbrauch von fossilen Quellen auf Agrarenergien umzustellen, muss dieser drastisch gedrosselt werden. Die rollenden Spritfresser müssen endlich von den Straßen verbannt und die öffentlichen Transportsysteme ausgebaut werden.

Internationale Stellungnahme von Wissenschaftlern und Wirtschaftsfachleuten zu Biokraftstoffen und Landnutzun

Schreiben an die Europäische Kommission

Als Wissenschaftler und Ökonomen aus den Bereichen Klima, Energie und Landnutzung empfehlen wir Ihnen, dass politische Richtlinien die „indirekte Landnutzungsänderung“ bei der Berechnung der Lebenszyklus-Analysen von Treibhausgas-Emissionen von Biokraftstoffen anerkennen und mit einbeziehen müssen. Dieses wird die Entwicklung von nachhaltigen Treibstoffen mit niedrigem Emissionsausstoß unterstützen sowie Konflikte mit der Nahrungsmittelproduktion vermeiden und schädliche Umweltauswirkungen verringern.

Unsere Empfehlungen sind wichtig für Ihre Beratungen über Emissionen durch indirekte Landnutzungsänderung im Zusammenhang mit den Richtlinien über Erneuerbaren Energien und Treibstoffqualität. Damit diese politische Richtlinien die Treibhausgas-Emissionen erfolgreich senken, ist es unumgänglich alle wichtigen Emissionsquellen zu berücksichtigen, auch jene, welche durch Landnutzungsänderungen verursacht werden.

Die wissenschaftlich überprüften Forschungen der letzten Jahre einschließlich die von der EU in Auftrag gegebenen Studien ergeben, dass konventionelle Biotreibstoffe direkt oder indirekt erhebliche Treibhausgas-Emissionen verursachen können, indem Waldflächen und Savannenlandschaften in Acker- und Weideflächen für die Produktion von Biokraftstoffen umgewandelt werden. Die wachsende Nachfrage nach Pflanzen zur Produktion von Kraftstoffen führt zu weltweit steigenden Rohstoffpreisen, die Landwirte veranlassen können, neue Böden umzupflügen einschließlich in sensiblen Ökosystemen mit bedeutenden Kohlenstoffsenken wie z.B. den tropischen Regenwäldern Südamerikas und Südostasiens und den Torfwäldern Südostasiens. Diese Szenarien sind keine Zukunftsvisionen, sondern finden bereits jetzt statt. Die EU-Richtlinien beziehen diese Emissionen bisher nicht ein, was den Biotreibstoffen größere Kohlenstoffeinsparungen beschert, als sie bisher erreichen.

Es gibt noch Unsicherheiten in der Abschätzung der durch Landnutzungsänderungen ausgelösten Emissionen. Aber eine Politik, welche diese Faktoren implizit oder explizit mit Null bemisst, kann von der Wissenschaft nicht unterstützt werden. Alle Studien zur Landnutzungsänderung zeigen, dass der Emissionsausstoß bei der Ausbreitung von Biotreibstoffen signifikant ist und sehr hoch sein kann. Die Abgasemissionswerte von Biotreibstoffen am Auspuffrohr werden vereinbarungsgemäß bei der Durchführung der Lebenszyklen der Treibhausgas-Emissionen ignoriert. Dieses Berechnungssystem ist fehlerhaft, beschrieb der Wissenschaftsrat der Europäischen Umweltagentur bereits am 15. September 2011. Um die Nichtberücksichtigung der Abgasemissionswerte am Auspuffrohr zu rechtfertigen, ist es unabdingbar die Landnutzungsänderung mit einzubeziehen.

Die derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse reichen aus, um sofortiges Handeln zu rechtfertigen, wie es bereits im US-Bundestandard für Erneuerbaren Kraftstoff (U.S. Federal Renewable Fuel Standard) und dem kalifornischen Niedrig-Kohlenstoff-Standard (California Low Carbon Fuels Standard) geschehen ist. Eine auf gesicherten wissenschaftlichen Fakten basierende Rechtsverordnung kann angepasst werden, wenn die Analysemethoden weiter ausreifen.

Wenn die Landnutzungsänderungen von der EU nicht berücksichtigt werden, kann das Ziel für erneuerbare Energie im Verkehrssektor nicht zu echten CO2-Einsparungen in der Praxis führen. Es wäre am Ende bloß eine Übung auf dem Papier, die weit verbreitete Abholzung und höhere Nahrungsmittelpreise fördert.

Es wurde vorgeschlagen, dass höhere Schwellenwerte für die direkten Treibhausgasemissionen ein angemessenes Mittel seien, um die indirekten Landnutzungsänderungen einzubeziehen. Doch ein Berechnungsproblem kann nicht dadurch behoben werden, indem die Schwellenwerte verändert werden. Nur die vollständige Einberechnung aller Faktoren kann zu glaubwürdigen  Emissionsreduktionen führen. Fehlerhafte Berechnungen können einen weiteren Ausbau der Agrotreibstoffe befördern, der schädliche Landnutzungsänderungen verursacht, so wie es bereits in der Studie des Wissenschaftsrates der Europäischen Umweltagentur vom 15. September beschrieben.
Die Biokraftstoffpolitik sollte einen wachsenden Markt für saubere Energien schaffen und Arbeitsplätze zur Produktion von Biokraftstoffen, die Landnutzungsänderungen vermeiden. Die Entscheidungen über strategische Investitionen müssen auf der Basis der bestmöglichen Bewertung der Einsparung von Treibhausgasemissionen bei alternativen Treibstoffen erfolgen. Die sofortige Einführung glaubwürdiger Rahmenbedingungen die indirekte Landnutzungsänderungen mit berücksichtigen würde den Märkten signalisieren nur in Biotreibstoffe zu investieren, die Entwaldung minimieren und keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion darstellen.

Der Kommissionspräsident hat eine „fundamentale Revision des Umgangs der EU-Institutionen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und Beratungen“ angemahnt. Wir bitten Sie dringend, die EU-Biotreibstoff-Richtlinien an die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen und die durch indirekte Landnutzungsänderung verursachten Emissionen in die Ökobilanzberechnung einzubeziehen.


An­schreiben

An die
EU Kommission, Herrn Günther Oettinger, EU Energiekommissar
EU-Parlament
Bundesregierung

Sehr geehrter Herr Oettinger, sehr geehrte Damen und Herren Politiker,

168 führende Wissenschaftler und Ökonomen aus aller Welt haben am 7.10.2011 mit einem gemeinsamen Schreiben die EU-Kommission gewarnt: „Biosprit“ ist NICHT „klimaneutral“. Für den Anbau der Agrarenergie werden riesige Ackerflächen benötigt. Der Anbau von Nahrungsmitteln wird dadurch verdrängt. Die Folge: Neue Flächen werden in Naturgebieten und Regenwäldern gerodet und gewaltige Mengen CO2 dabei freigesetzt.

Nicht nur die Wissenschaftler sind gegen den Agrarsprit, auch die Bürger. In Deutschland zeigt sich dies deutlich am Boykott gegen den im Januar eingeführten E10-Sprit. Agrosprit führt zu weiter steigenden Lebensmittelpreisen und damit zu mehr Hunger weltweit. Schon jetzt wird beispielsweise in den USA bereits die Hälfte der Maisernte verbraucht, um daraus Ethanol für Autos herzustellen. Im Nachbarland Mexiko, wo Mais-Tortillas das tägliche Grundnahrungsmittel besonders der ärmeren Bevölkerungsschichten sind, kam es bereits zu Streiks und Protesten gegen die stark gestiegenen Tortillapreise.

Seit Monaten versucht nun schon die EU-Kommission, die fehlende Klimawirksamkeit und die vielen weiteren schädlichen Wirkungen der sogenannten „Biokraftstoffe“ zu verfälschen und zu vertuschen. Eigens in Auftrag gegebene Studien dazu wurden zurückgehalten oder auf Betreiben der Kommission umgeschrieben. Auf dem Papier lassen sich die Agrarenergien schön rechnen. In der Praxis sind sie aber noch schädlicher als fossiler Kraftstoff.

Ich fordere die EU daher auf, die gesetzlich vorgeschriebene Beimischung von Agrosprit unverzüglich zu beenden. Das 10-Prozent Ziel im Kraftstoff und die Förderung von Agrarenergien müssen europaweit gestrichen werden.

Mit freundlichen Grüßen

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