Plantagen von Socfin: Missstände und Gewalt sind Realität
Die Firma Socfin kommt nicht aus den Schlagzeilen: erst Ende Juli wurde ein Mann am Rande einer Palmölplantage der Tochterfirma Socapalm von Sicherheitskräften zu Tode geprügelt. Im April hat Bloomberg News eine Reportage über sexuelle Gewalt auf Plantagen veröffentlicht. Kurz zuvor hatte die Earthworm Foundation 69 Prozent der Beschwerden von betroffenen Gemeinden gegen Socfin bestätigt.
Vorwürfe auf 12 Plantagen bewiesen
Was die Earthworm Foundation in zwei Jahre langen Recherchen auf den Palmöl- und Kautschuk-Plantagen der Firma Socfin gefunden hat, ist erschreckend: von 139 Beschwerden der Anrainergemeinden über Landraub, Vertreibung, Zerstörung heiliger Stätten, schlechte Arbeitsbedingungen und sexuelle Gewalt wurden 59 Prozent als „begründet” oder „teilweise begründet” bestätigt. Lediglich 30 Prozent wurde als „unbegründet” abgewiesen. Die Earthworm Foundation, der oft zu große Nähe zur Industrie vorgeworfen wird, hatte im Auftrag von Socfin zwölf Plantagen in Afrika und Asien untersucht und die Ergebnisse in einer Reihe einzelner Berichte vorgelegt.
Ein Socfin-Sprecher erklärte Mongabay zufolge, dass 306 der Beschwerden mit „gezielten Maßnahmen“ gelöst werden sollen und 60 Prozent davon bereits durchgeführt werden. Die „Abteilung für nachhaltige Entwicklung“ in der Firmenzentrale inspiziere den Prozess regelmäßig, Earthworm führe „am Ende jedes Zyklus ein abschließendes Audit“ durch. Socfin hat im Juni 2025 aktualisierte Aktionspläne für mehrere Standorte veröffentlicht.
Recherchen zu Socfin-Tochterfirma Okomu Oil Palm Corporation
Rettet den Regenwald hat sich insbesondere mit der Tochterfirma Okomu Oil Palm Corporation in Nigeria befasst und den Widerstand der Bevölkerung mit einer Petition unterstützt. Entgegen den Berichten unserer Partner sieht die Earthworm Foundation beziehungsweise die von ihr beauftragte nigerianische Firma Translantic Development Ltd. die Mehrheit der Vorwürfe gegen Okomu als „unbegründet“ an. Allerdings seien Einschüchterungen „teilweise“ bestätigt. Der Bericht wurde am 28.6.2024 vorgelegt. Socfin sieht sich entlastet und hat bereits im Juli 2024 einen Aktionsplan veröffentlicht. Updates folgten im November 2024 und Februar 2025. Das jüngste Update stammt aus dem Juni 2025 – und stellt dar, dass Okomu sämtliche Aktivitäten, um die Situation vor Ort zu verbessern, umgesetzt haben will.
Umweltschützer: Bericht verharmlost Vorwürfe
Aktivisten in Nigeria sehen Okomus Gebaren freilich kritisch. Die Firma verursache eine Menge sozialer und menschenrechtlicher Verstöße, insbesondere gegen Frauen. Die Frage der Landrechte sei von zentraler Bedeutung. Das Unternehmen habe Menschen, darunter Kleinbauern, gezielt für sich eingenommen. Umweltschützer sagten Mongabay gegenüber, der Earthworm-Bericht sei irreführend und die ernsthaften Bedenken der Menschen würden trivialisiert. Einheimische könnten ihr angestammtes Land ohne die Genehmigung und Kontrolle des Unternehmens weder betreten noch verlassen.
„Der Bericht ist zugunsten der Interessen des Unternehmens verzerrt, auf Kosten der vom Wald abhängigen Bevölkerung.“ (Das Zitat ist bei Mongabay im Info-Kasten über Okomu zu finden.)
NGOs kritisieren die Arbeit der Earthworm Foundation
Am 1. Juli 2025 haben mehr als 30 Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen aus aller Welt, darunter Rettet den Regenwald, ein Statement zu den Earthworm-Berichten über Socfin veröffentlicht. Darin heißt es:
„Dies ist eine vernichtende Anklage gegen eines der ältesten und größten Plantagenunternehmen der Welt, das während der Kolonialzeit gegründet wurde und noch immer auf koloniale Weise operiert. Der Hauptaktionär von Socfin, die Bolloré-Gruppe, und die Finanziers sind mitschuldig, da sie finanziell profitiert oder zur Finanzierung der Aktivitäten des Unternehmens beigetragen haben, die zu diesen Schäden geführt haben.“
Das Statement kritisiert, dass die „Aktionspläne” von Socfin die Gemeinden nicht mit einbezögen. „Anhaltende Verantwortungslosigkeit“ und „weiterer Schaden“ seien programmiert.
Bereits 2023 hatte Emmanuel Elong von der Organisation Synaparcam in Kamerun die Mission von Earthworm als „Greenwashing“ bezeichnet, da das Unternehmen „in der Vergangenheit nicht gerade dafür bekannt war, Probleme zu lösen, die sie aufgedeckt haben.“ Und weiter: „Sie haben ihr Projekt geplant, ohne uns zu kontaktieren, und bitten uns nun, ohne Vorbereitung daran teilzunehmen.“
Die Arbeitsweise der Earthworm Foundation wirft Umweltschützern zufolge generell Fragen über die Unabhängigkeit von Unternehmen wie Socfin auf. Die Earthworm Foundation weist das zurück.
Erschreckendes Ausmaß sexueller Gewalt
Bloomberg News hat am 16. April 2025 einen Artikel über sexuelle Belästigung und Gewalt gegen Frauen, die bei Socfin in Liberia und Ghana arbeiteten, veröffentlicht. Ähnliche Vorwürfe bis hin zu Vergewaltigungen seien auch aus Sierra Leone und Kamerun dokumentiert. Der Reportage zufolge wurden Frauen zu Sex mit Vorgesetzten gezwungen. Ihnen sei mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes, öffentlicher Demütigung und Ausgrenzung gedroht worden, sollten sie die Übergriffe melden.
Seit dem 3. Juli 2025 will Socfin konsequent gegen sexuelle Gewalt und Belästigungen vorgehen. Dieses „absolute Verbot“ gelte für alle Mitarbeiter und Besucher der Plantagen und Einrichtungen der Firma.
Kamerun: Neue Ölpalmen verwehren Menschen ihre Lebensgrundlage
Am Rande von Plantagen der Firma Société camerounaise de palmeraies (Socapalm) in Kamerun nehmen Konflikte zu, insbesondere seit die Firma begonnen hat, alte Palmen durch neue zu ersetzen.
Am 17. Februar 2025 beklagen mehr als 40 Organisationen, darunter Rettet den Regenwald, in einem Statement, dass die Neuanpflanzungen zu „einem offenen Konflikt zwischen den Dorfbewohnern und Socapalm“ geführt hätten, der sich negativ auf das Leben der Menschen und den sozialen Frieden auswirke und gelöst werden müsse.
Dorfbewohner seien davon ausgegangen, dass sie Land zurückerhalten würden. Dies sei jedoch nicht geschehen. Frauen der Organisation Association of Women Neighbouring Socapalm Edéa (AFRISE) haben schließlich auf von Socapalm beanspruchtem Land Bananenstauden für ihren Lebensunterhalt gepflanzt.
Am 25. März 2025 gingen Sicherheitskräfte, darunter schwer bewaffnete Soldaten, gewaltsam gegen Dorfbewohner in Apouh A Ngog vor. Während des Einsatzes, der nach Firmenangaben die Neuanpflanzung von Ölpalmen absichern sollte, wurde Tränengas eingesetzt und offenbar 6.000 Bananenstauden zerstört. Zahlreiche Organisationen warnten in einem Brief, der Verlust der Pflanzen verschärfe „Armut und Hunger in der Gemeinde“. Socfin beharrt darauf, rechtmäßig Zugriff auf das Land zu haben.
Am 14. Juli 2025 soll im Dorf Mbimbè eine Demonstration gegen die Wiederaufforstung dieses Gebiets von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst worden sein. Dabei seien einige Dorfbewohner für mehrere Tage festgenommen worden. Socfin wies in einem ausführlichen Statement zahlreiche Vorwürfe zurück.
Tödliche Gewalt nahe Socapalm-Plantagen
Am 26. Juli 2025 ist am Rande der Plantagen von Socapalm ein Einheimischer namens Frédéric Koum aus dem Dorf Eséka von Sicherheitskräften zu Tode geprügelt worden. Bei dem Zwischenfall ging es darum, dass Nachbarn des Opfers Palm-Nüsse gestohlen haben sollen. Socfin hat der Familie des Opfers laut einer Pressemitteilung ihr Mitleid ausgedrückt. Die Sicherheitskräfte seien allerdings von unabhängigen Pflanzern und nicht von Socapalm beauftragt worden.
Der Vorwurf des Diebstahls wird häufig erhoben, um Menschen zu schikanieren und zu kriminalisieren.
Vereint gegen Socfin und Bolloré
Wir arbeiten in einem internationalen Netzwerk von Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen zu den Unternehmen der Bolloré Gruppe, insbesondere Socfin und Okomu. In diesem Rahmen haben wir den Aktivisten Ajele Sunday und seine Organisationen VOTEi unterstützt. 2022 haben wir ihn in Nigeria besucht und ein Meeting betroffener Gemeinden organisiert.
Ein weiterer Beitrag zur Arbeit des Netzwerks war der Start unserer Petition „Dörfer brennen für Palmöl – Stopp!“ 126.440 Personen haben sie unterzeichnet.
Aufbauend auf den - mit Vorsicht zu bewertenden - Earthworm-Berichten, den dadurch entstandenen Druck auf Socfin und die erzeugte Öffentlichkeit entwickelt das Anti-Socfin-Netzwerk seine Strategien weiter. Mehr als Okomu stehen derzeit Socfin-Töchter vor allem in Sierra Leone, Liberia, Ghana und Kamerun im Zentrum der Kritik. Da weitere Unterschriften für diese Petition kaum etwas bewirken würden, beenden wir die Aktion.
Im Netzwerk gegen Socfin bleiben wir selbstverständlich auch zukünftig aktiv, da die Bevölkerung weiter unter dem Palmöl- und Kautschuk-Business leidet – und zwar wie beschrieben erheblich.

Ihre Spende bewahrt Afrikas Natur
Im Kongobecken gedeiht der zweitgrößte Regenwald der Erde. Hier sind Gorillas, Schimpansen und Waldelefanten zuhause. Mutig bewahren unsere Partner:innen diese Wälder.

Dörfer brennen für Palmöl – Stopp!
Die Produktion von Palmöl in Nigeria ist ein destruktives und gewalttätiges Business. Die Lebensgrundlage der Bevölkerung wird zerstört und ihre Menschenrechte verletzt.

Palmöl – der Tod des Regenwaldes
Ob wir wollen oder nicht: Palmöl steckt in fast jedem zweiten Alltagsprodukt. Doch dafür werden Regenwälder zerstört. Zudem könnte Palmöl Krankheiten auslösen.