Außerhalb der Blase reden
Bonobos sind die wohl am wenigsten bekannten Menschenaffen. Es gibt sie ausschließlich in der Demokratischen Republik Kongo. Um zu ihrem Schutz beizutragen, unterstützen wir seit mehreren Jahren die Organisation Bonobo Alive. Im Zentrum steht dabei ein Schul-Projekt, das wissbegierige Kinder fördert.
Die Dörfer, in denen Bonobo Alive arbeitet, liegen tief im Regenwald des Kongobeckens, nicht weit von den Forschungsstationen LuiKotale und Ekongo. Dorthin gelangt man nur mit einem gecharterten Kleinflugzeug oder nach einer wochenlangen Reise per Boot. Es liegt auch an dieser Abgeschiedenheit, dass die Wälder noch weitgehend intakt sind. Doch der Druck auf die Natur wächst - und damit auf den Lebensraum der Bonobos.
Wissenschaftler um Dr. Gottfried Hohmann und Prof. Dr. Barbara Fruth, die im Oktober den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland erhalten hat, widmen sich daher über ihre Forschungsarbeit hinaus seit 2011 auch dem Schutz der Menschenaffen und arbeiten dabei mit der Bevölkerung zusammen. Teil davon ist es, Dorfschulen besser auszustatten, Lehrer:innen zu unterstützen und Schulgeld für besonders schlaue Jungen und Mädchen zu übernehmen. Wir haben per Email ein Interview mit Barbara Fruth geführt.
Warum ist das Bildungsprogramm für den Regenwaldschutz so wichtig?
Das Verständnis der Endlichkeit der Ressource Natur ist bildungsabhängig.
„Die Finanzierung von Schulen und ihren LehrerInnen in ländlichen Regionen wird von den zuständigen Ministerien vernachlässigt. Bildung ist ein teures Gut, was von Eltern gestemmt werden muss, die dafür nicht das notwendige Geld haben. Früher sind viele Kinder dann einfach nicht zu Schule geschickt worden, oder Väter haben versucht, diese Mittel durch die Jagd heranzuschaffen. Wenn aber Wildtiere als "cash-crop" genutzt werden, um die Gebühren entrichten zu können, kann das ökologische Gleichgewicht der Säugetiergemeinschaft und damit auch die Integrität dieses Waldes schnell kippen.“
Wie genau sieht das Programm aus?
„Das Bildungsprogramm schließt mehrere Aspekte ein: wir helfen dabei, Schulgebäude einzurichten und instand zu halten, wir stellen Lehrmaterial bereit, wir unterstützen Lehrer:innen regelmäßig finanziell. Zudem fördern wir die Ausbildung von Jugendlichen, etwa indem wir Schulgeld und Prüfungsgebühren übernehmen.“
„Wir versuchen jungen Leuten die Möglichkeit zu geben, weit weg von ihrem Dorf ihre Ausbildung zu machen. Das nimmt etwas Druck aus dem Bevölkerungswachstum vor Ort und damit aus der Übernutzung der Habitate im Landesinneren. Es erhöht ihre Chance, dass sie in einer der großen Städte Arbeit finden.“
„Erste Schülerinnen haben ihren Abschluss gemacht. Andere, die sich in Ausbildung befinden, kommen für Praktika in ihre alte Heimat. Dabei fokussieren sie sich auf Themen, die sie durch das Projekt kennengelernt haben. Einige möchten einen ökologisch relevanten Studiengang antreten, um als Parkwächter bei der nationalen Umweltbehörde arbeiten zu können und aktiv für den Schutz der Bonobos und ihres Habitats in ihrer Region eintreten zu können.“
Was will Bonobo Alive generell erreichen?
„Bonobo Alive hat sich zum Ziel gesetzt, zum Erhalt der Bonobos und ihres natürlichen Lebensraumes in der Demokratischen Republik Kongo beizutragen. Das umfasst neben der Förderung von Bildung auch Entwicklungszusammenarbeit, Maßnahmen gegen Wilderei, Verhinderung zoonotischer Krankheiten und schließlich die Aufklärung über den natürlichen Lebensraumes der Bonobos.“
Was fasziniert dich persönlich an Bonobos und dem Regenwald?
Du gehst mit einer Frage zu den Bonobos, in den Wald - und kommst mit fünf neuen Fragen zurück.
„Wann immer ich vor Ort bin, entdecke, erlebe, sehe, rieche, schmecke oder höre ich etwas Neues. Der Reichtum dieses Ökosystems ist immens. Bei seiner Entdeckung dabei zu sein ist ein Geschenk.“
Was motiviert dich, als Wissenschaftlerin und Engagierte bei Bonobo Alive?
„Meine unersättliche Neugier, die Komplexität des Ökosystems Regenwald in Ansätzen zu verstehen - und anderen, von den Leuten vor Ort bis hin zu Entscheidungsträgern auf nationaler und internationaler Ebene, verständlich zu machen. Wenn ich die Fakten wissenschaftlich erfasst, durchdrungen, verstanden habe, kann ich sie runterbrechen und anderen allgemeinverständlich zugänglich machen.“
Ich habe die Hoffnung, dass es mir damit gelingt, zum Erhalt eines bedrohtes Naturparadieses, das in einem Land, in dem sich alles um den ökonomischen Profit dreht, wenig Fürsprecher hat, beizutragen.
Wie ist es generell um die Bonobos bestellt?
„In unserem kleinen und überschaubaren Studiengebiet sehr gut. Wir müssen allerdings leider davon ausgehen, dass das eher die Ausnahme ist. Als eine der Volontär:innen, die ihre Expertise der IUCN Species Survival Commission zur Verfügung stellen, bin ich beteiligt, den Bedrohungsgrad der Bonobos auf der Roten Liste der IUCN im kommenden Jahr auf den neuesten Stand zu bringen. Die letzte für Bonobos wurde 2016 veröffentlicht."
Wodurch sind Bonobos bedroht?
Bedrohung kommt in erster Linie vom Menschen.
„Durch das Bevölkerungswachstum und die Ausdehnung von Dörfern und deren Feldern für Subsistenzwirtschaft dringt der Mensch weiter in das Verbreitungsgebiet der Bonobos vor. Hinzu kommen die kommerzielle Waldrodung und die Wilderei. Bonobo-Mensch-Konflikte sind vorprogrammiert, das Risiko zoonotischer Krankheiten erhöht sich. Dabei sind vor allem Bonobos die Leidtragenden, weil ihr Immunsystem auf viele menschenspezifische Krankheiten nicht vorbereitet ist.“
Hast du eine Botschaft an die Unterstützer von Rettet den Regenwald?
„Die Unterstützer von Rettet den Regenwald wissen um die Bedeutung der Regenwälder als grüne Lungen unseres Planeten. Es ist wunderbar, dass sie sich mit ihrem Geld und ihrer Zeit für deren Erhalt engagieren. Sie sind sich sicher bewusst, welche Aktie die Globalisierung unserer Wirtschaftsgüter an der weltweiten Zerstörung dieser unersetzlichen Lebensräume hat.“
Schaut, dass ihr auch mit denen darüber redet, die nicht in eurer Blase leben.
„Jede Klamotte von großen Ketten, jedes neue Smartphone oder Tablet, jedes Lebensmittel, dass um den Erdball geflogen wird, alles was uns als besser, neuer, schneller - und meist auch als "billiger" verkauft wird, hat einen immensen Anteil an dem Niedergang der letzten Paradiese, allen voran dem Regenwald.“
Ausbeutung von Bodenschätzen und Wäldern befeuert Gewalt
Die Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo ist schockierend. Es geht auch um kritische Rohstoffe. Die EU muss die Partnerschaft darüber kündigen.
Bonobo-Schutz: Schule schafft Vertrauen
Tief in den Regenwäldern des Kongo-Beckens leben die Bonobos. Die Menschenaffen-Art ist in der Öffentlichkeit weniger bekannt als andere, aber ebenso bedroht. Für ihren Schutz haben Wissenschaftler die Organisation Bonobo Alive gegründet. Sie bekämpft die kommerzielle Jagd und unterstützt in drei Dörfern am Rande des Salonga Nationalparks Schulkinder, damit auch sie vom Bonobo-Schutz profitieren.
Ihre Spende bewahrt Afrikas Natur
Im Kongobecken gedeiht der zweitgrößte Regenwald der Erde. Hier sind Gorillas, Schimpansen und Waldelefanten zuhause. Mutig bewahren unsere Partner:innen diese Wälder.
Biodiversität - Vielfalt des Lebens
Vor vier Milliarden Jahren begann das Leben auf der Erde. Seither hat die Natur unvorstellbar viele Spezies hervorgebracht. Doch ein großes Artensterben ist im Gange.