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RegenwaldReport 01/2000

Die den Wald schützen

Mit Spendengeldern hilft Rettet den Regenwald in Ecuador. Jetzt schlägt die Goldlobby zurück.

Wenn Carlos Zorrilla im Westen Ecuadors die jungen Kavvesträucher der Marke „Covvea arabica" berührt, die im Schatten großer Bäume wachsen, hat er eine Vision: „Bei uns in den Tropen wird über den Schutz der Regenwälder entschieden, nicht in den Büros großer Umweltorganisationen. Die Einheimischen müssen von der Notwendigkeit überzeugt werden, die Natur zu bewahren". Und gleichzeitig genug Geld verdienen. „Sonst wird nichts auf der Welt die Regenwälder und ihre Artenvielfalt retten." Der Mann ist Kopf der ecuadorianischen Umweltgruppe DECOIN und gehört zu einer neuen Spezies von Regenwaldschützern, die weltweit mit leisen Tönen, aber punktgenauen Projekten und lokalen Protestaktionen häppchenweise kleine Regenwaldgebiete vor der Zerstörung retten. Zwar brennen weiter regelmäßig der Amazonas und riesige Dschungelflächen in Indonesien, fressen sich große Holzkonzerne, darunter auch deutsche, durch jungfräuliche Urwälder Zentralafrikas. Aber ohne Leute wie Carlos Zorilla wäre die weltweite Regenwaldvernichtung noch dramatischer. Zahlreiche Erfolgsmeldungen, die ein weltweites Netzwerk sekundenschnell per Internet um den Globus schickt, zeigen eine mögliche, neue Strategie. Lokale Gruppen in den Tropen bauen Schutzprojekte auf, die die Wälder erhalten und den Einheimischen Einkünfte bescheren. Westliche Umweltorganisationen helfen mit Lobbyarbeit, technischer Ausstattung oder schlicht mit Geld. Als Teil der so genannten Graswurzelbewegung kämpft DECOIN im Gebiet Intag am Westhang der Anden für den Erhalt der Bergnebelwälder Ecuadors, die zu den artenreichsten Ökosystemen der Erde zählen. Klammeraffen turnen in den Kronen der Baumriesen herum, Schwärme bunter Papageien drehen unter ohrenbetäubendem Lärm ihre Runden. Hier, wo Flussdelphin und Kaiman sich gute Nacht sagen, wo unendlich viele Vogel- und Insektenarten für ein immer währendes Konzert sorgen, kann man die Faszination der tropischen Regenwälder live erleben. Der König des Dschungels, der Jaguar, streift durch die Wälder, und die riesige Boa Constrictor schlängelt sich lautlos über den Boden. Wegen ihrer enormen Würgekraft nennen die Indianer sie „Matacaballos" - Pferdetöter. Doch manche der im Westen Ecuadors lebenden Tiere stehen bereits auf der Liste der bedrohten Arten: Brillenbär, Puma, Ozelot, Bergtapir, Klammeraffe, Felsenhahn und der fast schon ausgestorbene Gelbohrpapagei. Auch die Pflanzenwelt in Intag ist ebenso faszinierend wie bedroht. Bromeliengewächse, Orchideen, Lianen und Würgefeigen wachsen unter, neben oder auf den mächtigen Urwaldbäumen. Mit hohen Niederschlägen und ganzjährigen Durchschnittstemperaturen zwischen 23 und 28 Grad finden sie optimale Bedingungen. Experten vermuten, dass in Teilen des IntagGebietes mehr Pflanzenarten Wurzeln geschlagen haben als im Tieflandregenwald Amazoniens. Heute reisen Biologen aus aller Welt nach Intag, um dort die noch weitgehend unbekannte Flora und Fauna zu erforschen. Eile ist geboten, sonst werden die Wälder unwiderruflich zerstört sein, bevor die Menschen sie richtig kennen gelernt haben. Bedroht wird das einmalige Ökosystem durch Holzfäller und ein multinationales Minenkonsortium, dessen Suche nach Gold bereits Teile der IntagWälder durch Rodungen und Einsatz von Zyanidlauge schwer geschädigt hat. Carlos Zorilla, Spitzname: „Der den Wald schützt", setzt Ökotourismus und organischen Kaffeeanbau ohne Einsatz chemischer Mittel dagegen, um den einheimischen Bauern naturverträgliche und zugleich sichere Einnahmequellen zu ermöglichen. Seit 1994 unterstützt Rettet den Regenwald zusammen mit amerikanischen Umweltgruppen die DECOIN-Projekte. Mit dem Spendengeld kaufte eine eigens gegründete Genossenschaft den Bauern ihre erste Ernte ab. Als nächstes bauten die Projektmanager technische und logistische Systeme auf, mit deren Hilfe der Kaffee selbst geröstet und vermarktet werden kann. Gleichzeitig werden den Kaffeebauern in Workshops optimierte Anbaumethoden und der Einsatz biologischer Schädlingsbekämpfung beigebracht. 1999 konnte Rettet den Regenwald 31.693 Mark für die Unterstützung von DECOIN aufbringen, darunter 6.000 Mark vom Bochumer AK EineWelt-Süd-Ost, die direkt für Bildungsarbeit vorgesehen waren. Mit einem Sperrgrundstück im Besitz der Bauern wird der Kampf der Dorfbewohner und ihre rechtliche Position gegenüber den Minenkonzernen und Holzgesellschaften gestärkt. Ausgerechnet eine Behörde, die als die korrupteste in Ecuador gilt, „regelt" derzeit die Landfrage auf ihre Art. An angebliche Besitzer werden Teile des Waldes überschrieben, doch hinter den neuen Herren mit ihren illegalen Landtiteln verbergen sich häufig die Holzfirmen. Erst kürzlich gab es wieder einen solchen Fall. Einem Holzkonzern wurde ein' Gebiet überlassen, auf dem „Campesinos", arme Bauern, lebten. Diese wurden von paramilitärischen Einheiten vertrieben, ihre Häuser niedergebrannt. Jetzt bewachen schwer bewaffnete private Sheriffs das 3.100 Hektar große Areal. Es sei klar, dass die Landesbehörde nach derselben Methode auch in den Gebieten vorgehen werde, die die Goldgesellschaften ausbeuten wollen, warnt Carlos Zorilla. Unterstützt werde sie dabei von der Weltbank. „Wir versuchen gerade, gegen dieses neue Monster zu kämpfen, das auch die volle Unterstützung der Regierung hat." Einen ersten Erfolg hat es bereits gegeben: Im Norden von Intag ist es einer Gruppe von Bauern gelungen, die illegale Landnahme durch Holzfirmen zu verhindern. Weitere Spenden für die Sicherung von Wald durch DECOIN sind dringend nötig. Spendenkonto: Rettet den Regenwald e.V. Sparda-Bank Hamburg BLZ 206 905 00 Kto.-Nr. 600 463 Stichwort: Decoin

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