Aktion: Kein Zuckerrohr für deutsche Autos!

17.176 Teilnehmer

Die Schweizer Addax&Oryx-Gruppe will Europa mit Ethanol aus Afrika versorgen. Damit bei uns die Autos mit angeblich grüner Energie fahren und die Agrosprit-Beimischungsziele von EU und Bundesregierung erfüllt werden können, droht den Menschen in Sierra Leone noch mehr Hunger. Deren Land will Addax mit Zuckerrohrplantagen und einer Ethanolfabrik belegen.

Appell

Finanzieren sollen das 240 Millionen Euro-Projekt die Kölner DEG und sechs weitere staatliche Entwicklungsbanken. Addax Bioenergy ist ein Tochterunternehmen der Addax & Oryx Group (AOG) mit Sitz in Genf. Die 1987 gegründete Gruppe konzentriert ihre Aktivitäten auf den Öl- und Gassektor, Goldbergbau und Bioenergie in den Ländern südlich der Sahara. Sierra Leone ist eines der ärmsten Länder der Erde. Das Bruttoinlandsprodukt liegt bei 332 USD pro Kopf (Deutschland 44.660 USD), 70% der Bevölkerung leben in Armut und müssen mit weniger als 67 Cent USD pro Tag auskommen. Nach jahrelangem Bürgerkrieg versucht das westafrikanische Land wieder auf die Beine zu kommen und die Ernährung der Bevölkerung zu sichern. 51% der Menschen leiden nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen (UN) an Hunger und Unterernährung, die Lebenserwartung liegt bei nur 34 Jahren. Fast 500.000 Menschen hängen am Tropf von Nahrungsmittellieferungen des WFP.

Das von Addax 15 km westlich der Stadt Makeni im Norden Sierra Leones geplante Ethanolprojekt dürfte diese Situation weiter verschärfen. 20.000 Hektar Land sollen dort für Zuckerrohr- und Maniokplantagen für 50 Jahre gepachtet und eine Ethanolfabrik errichtet werden; ein Sonderberater des Präsidenten des Landes spricht sogar von 40.000 Hektar. Maniok ist Grundnahrungsmittel der Menschen, es droht ein Konflikt zwischen Tank und Teller. Als Entschädigung sollen die auf dem Land lebenden Kleinbauern 6 US-Dollar pro Hektar und Jahr erhalten. Auch Arbeitsplätze bringt das Projekt kaum, denn anstatt Menschen sollen große Erntemaschinen zum Einsatz kommen. Weiterhin benötigen der Zuckerrohranbau und die Ethanolfabrik große Mengen an Wasser, weshalb der nahe gelegene Rokel-Fluss angezapft werden soll. Addax wirbt damit, den europäischen Markt mit 90 Millionen Litern Ethanol pro Jahr beliefern zu wollen.

Die gesetzlich vorgeschriebenen und ständig steigenden Beimischungspflichten für Ethanol in Deutschland und der EU haben derartige Vorhaben attraktiv und rentabel gemacht. Sierra Leone ist zudem Partnerland der EU und profitiert vom zollfreien Zugang zum europäischen Markt. Die Investitionen für das Projekt belaufen sich auf 240 Millionen Euro. Nach eigenen Angaben arbeitet Addax mit sieben internationalen Entwicklungsbanken zusammen, darunter die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) aus Köln, die zur Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gehört. Die DEG finanziert als einer der größten europäischen Entwicklungsfinanciers Investitionen privater Unternehmen in Entwicklungsländern, um nach eigenen Angaben zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum und besseren Lebensbedingungen beizutragen. Doch zu dem Ethanolprojekt schweigt die Bank und veröffentlicht keinerlei Informationen.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung (BMZ) bestätigte gegenüber Rettet den Regenwald, dass die DEG sehr an der Finanzierung des Projekts interessiert sei. Danach befindet sich das Vorhaben in einem frühen Stadium der Projektvorbereitung durch die DEG, die interne und externe Experten zur Prüfung eingeschaltet habe, einschließlich vor Ort in Sierra Leone. Bitte schreiben Sie an DEG und BMZ und fordern Sie, jedwede Form der Unterstützung und Finanzierung des Projekts unverzüglich und eindeutig abzulehnen. Lesen Sie den Artikel Plantagen am Rokel River im Le Monde Diplomatique und hören Sie die englischsprachige Radioreportage aus Sierra Leone.

An­schreiben

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Gudrun Kopp, Parlamentarische Staatssekretärin im BMZ, Vorsitzende des Aufsichtsrates der DEG, Gudrun.Kopp@bmz.bund.de
Postfach 12 03 22, 53045 Bonn
Tel.: 02 28 - 9 95 35-0, Fax: 02 28 - 9 95 35-35 00

Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG)
Bruno Wenn, Geschäftsführer, bruno.wenn@deginvest.de, info@deginvest.de
Dr. Peter Thimme, Abteilungsleiter Umwelt/ Nachhaltige Entwicklung, thi@deginvest.de
Postfach 10 09 61, 50449 Köln
Telefon: 0221 - 4986-0, Fax: 0221- 4986-1290

Sehr geehrte Frau Kopp, sehr geehrter Herr Wenn, sehr geehrter Herr Dr. Thimme,

mit größter Besorgnis habe ich erfahren, dass die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) ein Projekt in Sierra Leone zur Produktion von Ethanol für den Export auf den europäischen Markt finanzieren will. Das Projekt der Firma Addax Bioenergy, ein Tochterunternehmen der Schweizer Addax-Oryx-Gruppe, liegt sowohl dem BMZ als auch der DEG zur Prüfung vor. 20.000 Hektar Zuckerrohr- und Maniokplantagen und der Bau einer Ethanolfabrik einschließlich Infrastruktur sind geplant. Die gesamten Investitionen belaufen sich auf 240 Millionen Euro.

Sierra Leone ist eins der weltweit ärmsten Länder. Über zwei Drittel der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze, die Hälfte der Menschen leidet an Hunger und Unterernährung, fast 500.000 Menschen erhalten Nahrungsmittellieferungen des Welternährungsprogramms (WFP). Um die ganzjährige Ethanolerzeugung zu gewährleisten, soll an mindestens 150 Tagen im Jahr Maniok als Rohstoff genutzt werden. Maniok gehört zu den Grundnahrungsmitteln in der Region. Das Ethanolprojekt tritt damit in direkte Konkurrenz zur Ernährung der lokalen Bevölkerung und bedroht direkt die Ernährungssicherheit.

Entgegen der Behauptungen von Addax, sind die Böden der geplanten Plantagenflächen weder unfruchtbar noch degradiert, sondern fruchtbares Ackerland. Die von den dortigen Kleinbauern betriebenen angepassten kleinbäuerlichen Produktionssysteme bilden die Existenzgrundlage der Menschen und bieten – ganz im Gegensatz zu Zuckerrohrmonokulturen - einer Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten Lebensraum.

Das Land soll für 50 Jahre gepachtet werden, wobei die dafür vorgesehenen Ausgleichszahlungen an die ansässigen Kleinbauern mit 6 US-Dollar pro Hektar und Jahr minimal sind. Die Zuckerrohrernte soll zudem vollmechanisiert erfolgen, wodurch die Zahl der Arbeitsplätze gering ist. Sie kann in keinem Fall den Verlust der traditionellen Existenzgrundlagen der Menschen ausgleichen. Das Projekt kommt praktisch einem organisierten Landraub gleich.

Ein weiterer sehr kritischer Aspekt ist die Bewässerung der Plantagen während der Trockenzeit und die Versorgung der Ethanolfabrik mit Brauchwasser. Dazu soll der Rokel-Fluss angezapft werden. Außerdem fallen bei der Ethanolproduktion große Mengen an hochgradig belasteten Abwässern an (Vinasse). Die im Rahmen des Projekts geplante Produktion von 15 MW elektrischem Strom zur Einspeisung ins öffentliche Netz rechtfertigt nicht die Anlage von 20.000 Hektar Zuckerrohr-Monokulturen.

Addax hat zwar für das Projekt eine 270 Seiten starke Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorgelegt, doch das Dokument bleibt bei den Auswirkungen des Projekts und notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Bevölkerung völlig vage. Die von dem Projekt ausgehenden Bedrohungen können dadurch weder vermieden noch reduziert werden.

Weiterhin ist es völlig unverantwortlich, dass Addax auf einem Poster (siehe http://www.addax-oryx.com/AddaxBioenergy/AddaxBioenergy-QuickView-Report-Launch-of-Public-Disclosure-of-ESHIA.pdf, Seite 5 unten, Bild 9) mit der Zusammenarbeit und Unterstützung des Projekts durch sieben internationale Finanzinstitutionen wirbt: Europäische Entwicklungsbank (EFP-EIB), Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB), DEG aus Deutschland, Emerging Africa Infrastructure Fund (EAIF) aus Großbritannien, FMO aus Holland, Österreichische Entwicklungsbank AG (OEB) und Swedfund aus Schweden. Dies dient offensichtlich dazu, bei den offiziellen Stellen und der lokalen Bevölkerung in Sierra Leone die Seriosität des Projekts vorzuspielen und Akzeptanz zu gewinnen.

Ich möchte Sie deshalb darum bitten, jedwede Form der Unterstützung und Finanzierung des Projekts unverzüglich und eindeutig abzulehnen. Eine Beteiligung an dem Projekt widerspricht den Zielen der DEG, da dadurch die Armut in Sierra Leone nicht bekämpft sondern verschärft wird.

Mit freundlichen Grüßen

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