Perenco in Guatemala: Erdöl und Gewalt

Ein Flüchtlingscamp im Wald Vertriebene Gemeinde im Bezirk Petén (Foto: Gregory Lassale) (© Gregory Lassale)
63.227 Teilnehmer

Die britisch-französische Firma Perenco beutet Erdöl im Nationalpark Laguna del Tigre aus. Die lokale Bevölkerung wird ihrer Grundrechte beraubt und von Militärs vertrieben, die durch die Erdölfirma finanziert werden. Bitte unterstützen Sie die betroffenen Gemeinden mit Ihrer Unterschrift.

Appell

An: Die zuständigen Behörden Guatemalas

„Respektieren Sie die Rechte der Gemeinden Peténs in Guatemala und stoppen Sie die Militarisierung des Gebietes.“

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Perenco Guatemala Limited, lokales Tochterunternehmen des britisch-französischen Erdölkonzerns Perenco, fördert seit 2001 Öl im Nationalpark Laguna del Tigre PLNT im Verwaltungsbezirk Petén. 2010 wurde die Konzession des Unternehmens um 15 Jahre verlängert. Die Entscheidung, die Ausbeutung des Öls in dem Naturschutzgebiet fortzusetzen, ist stark umstritten.

In der Vertragsverlängerung des Erdöl-Vertrags Nr. 2-85 wurde unter anderem eine starke Militarisierung des Gebietes durch ein „grünes Bataillon“ festgelegt. Dieses wird direkt durch die Ölgesellschaft Perenco G.L. mitfinanziert. Seit 2010 hat sich die Anzahl der anwesenden Militärtrupps verdreifacht, und die Gemeinden fühlen sich unterdrückt und von den Soldaten eingeschüchtert.

Die Regierung kann die Grundrechte der in der Region ansässigen Bewohner nicht gewährleisten. Zu den nicht geachteten Rechten zählen beispielsweise das Recht auf Bildung, auf Gesundheit und auf den Zugang zu Eigentumstiteln für das Land, auf dem sie – oft nach gezwungenen Vertreibungen – leben. Unter dem Vorwand, bei den Bewohnern handele es sich um „Eindringlinge“ in das Schutzgebiet, wird die Bevölkerung, welche die Entwicklung von Megaprojekten „stört“, gewaltsam vertrieben. Bereits vier Gemeinden erlitten seit 2009 dieses Schicksal; elf weiteren droht die Räumung.

Die Bewohner der Gemeinden San Andrés, La Libertad und Las Cruces des Verwaltungsbezirkes Petén richten einen Appell an die Internationale Gemeinschaft, sie in ihrem Kampf gegen die Gewalt und für die Wahrung ihrer Rechte zu unterstützen.

Hinter­gründe

Der Verwaltungsbezirk Petén

Petén ist der größte Verwaltungsbezirk Guatemalas und nimmt mit 36.000 km² ein Drittel des Landes ein. In Petén liegen zahlreiche geschützte Naturreservate; unter ihnen der Nationalpark Laguna del Tigre PNLT.

Die Bezirksbevölkerung wanderte zu großen Teilen ab den 1960er Jahren ein. Die beiden Hauptgründe waren der Versuch, durch Landerwerb die eigenen Lebensumstände zu verbessern und die Flucht vor den Massakern zur Zeit des Bürgerkrieges (1960-1996). Mit dem Fortdauern des Bürgerkrieges wurden die Besitztitel jedoch letztendlich an die regierungstreuen Militärs und Großgrundbesitzer vergeben.

Heute befinden sich diese Gemeinden in Petén unter der konstanten Bedrohung einer Vertreibung durch die Regierung. Sie „stören“ bei der Durchführung von Megaprojekten, die ohne vorherige Konsultierung der Bevölkerung geplant werden. Die Erdöl-Ausbeutung, der Bau von Wasserkraftwerken am Fluss Usumacinta, das touristische Megaprojekt IV Balam und Monokulturpflanzungen für Agrosprit sind nur einige Besipiele für Projekte, bei denen die Menschen von offizieller Seite gar nicht oder nicht hinreichend informiert wurden. Viele Familien wurden bereits vertrieben, und in einigen geräumten Gemeinden dienen die Schulen nun als Militärstützpunkt.

Der Nationalpark Laguna del Tigre

Mit 335.080 Hektar ist der Nationalpark Laguna del Tigre PNLT („Tigerlagune“) das größte Feuchtgebiet Zentralamerikas. 1990 wurde er zum geschützten Gebiet erklärt und ist Teil des UNESCO-Biosphärenreservates Maya. Bei dem in der Ramsar-Konvention über Feuchtgebiete anerkannten Feuchtgebiet handelt es sich um eines der wichtigsten Amerikas.

Die Vertragsverlängerung des Erdöl-Kontraktes Nr. 2-85 der Firma Perenco G.L. im Jahre 2010 verstößt nicht nur gegen die internationalen Schutzbestimmungen, sondern verletzt auch die eigenen nationalen Gesetze. Hierzu zählt beispielsweise das Gesetz über Schutzgebiete von 1989, das die Fortsetzung der Ölausbeutung im Nationalpark Laguna del Tigre verbietet.

Umwelteinflüsse und soziale Folgen

Im Herzen des Naturschutzgebietes beutet die Firma Perenco Guatemala Limited seit 2011 mehrere Erdöl-Lagerstätten aus. Innerhalb des PNLT beeinträchtigen die Aktivitäten von Perenco 37 Gemeinden mit insgesamt rund 40.000 Einwohnern.

Die Umweltorganisation Parks Watch hat zahlreiche durch die Aktivitäten von Perenco G.L. verursachten Umweltbelastungen im PNLT dokumentiert. Dazu zählen unter anderem Luftverschmutzungen, Bodendegradierungen, die Entwaldung für den Bau der Erdölschächte und der ungewöhnlich hohe Rückgang von Vögeln nahe der Förderstellen. Ein US-amerikanischer Biologe konnte außerdem Kohlenwasserstoffverbindungen in dem Gebiet nachweisen, die unter anderem für genetische Schäden bei Fischen und Wasserorganismen in einigen Oberflächengewässern des PNLT verantwortlich gemacht werden.

Die Verlängerung des Erdölvertrages mit der Firma Perenco und die Remilitarisierung der Region stehen im Widerspruch zu den 1996 gezeichneten Friedensabkommen, die unter anderem eine Reduzierung der militärischen Truppenstärke festlegen.

Es existieren weder Untersuchungen über die sozialen und ökologischen Belastungen durch Erdölförderungen in diesem Gebiet, noch überwachen die staatlichen Institutionen Guatemalas die Folgen dieser Aktivitäten.

Die Erdölfirma Perenco

Das Geschäftsgebiet der britisch-französischen Firma Perenco ist die Erkundung und Produktion von Erdöl. Mit insgesamt 250.000 produzierten Barrel Öl am Tag aus mehreren Förderländern und 4.000 Angestellten zählt Perenco zu den zentralen Akteuren des Erdölsektors. Eine Spezialisierung liegt auf der Ausbeutung „reifer“ Konzessionen, das heißt solcher, die von anderen Erdölfirmen als nicht mehr rentabel angesehen werden. Diese Konzessionen befinden sich oft in ökologisch sensiblen Gebieten, in denen darüber hinaus eine große Gefahr besteht, Menschenrechte zu verletzen.

Perenco Guatemala Limited, guatemaltekisches Tochterunternehmen von Perenco, betreibt die Ölförderstationen Xan im Nationalpark Laguna del Tigre, die sie 2001 von der Firma Basic Ressources erworben hat. Im Jahr 2010 erhielt Perenco G.L. für den bestehenden Vertrag Nr. 2-85 zur Erdölausbeutung im PNLT eine Verlängerung um 15 Jahre. Der besondere Schutzstatus des Gebietes blieb hierbei unberücksichtigt, ein gültiges Umweltgutachten lag nicht vor, und die betroffenen Gemeinden wurden nicht konsultiert. Perenco G.L. produziert in Guatemala 13.000 Barrel Öl täglich; dies entspricht knapp 95% der nationalen Erdölproduktion.

In Guatemala finanziert das Erdöl zu Teilen die Armee: Im Rahmen der Übereinkunft über die Verlängerung des Erdölvertrages Nr. 2-85 wurde das „Dschungel-Infanteriebataillon“ – auch „grünes Bataillon“ genannt – gegründet. Es wird von Perenco G.L. mit 3 Millionen US$ zusätzlich einer Abgabe von 0,3 US$ pro Barrel Öl finanziert. Die offizielle Mission des „grünen Bataillons“ ist der Kampf für den Erhalt der Umwelt und gegen den Drogenhandel. Aber in der Praxis schüchtern die Militärs in der Region die Bewohner ein, die sich gegen die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen einsetzen. Die Militärs verletzen ihre Rechte auf freien Personen- und Warenverkehr und setzen die Gemeinden unter Druck, um zu verhindern, dass sie ihre Rechte einfordern.

An­schreiben

An: Die zuständigen Behörden Guatemalas

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe von den Menschenrechtsverletzungen und von den Umweltzerstörungen im geschützten Gebiet des Nationalparkes Laguna del Tigre durch die Erdölausbeutung seitens Perenco Guatemala Limited erfahren. Die Menschenrechtssituation der Gemeinden in San Andrés, La Libertad und Las Cruces im Verwaltungsbezirk Petén erfüllt mich mit großer Sorge.

Angesichts dieser Situation solidarisiere ich mich mit den Gemeinden und bitte Sie eindringlich:

1. Stoppen Sie die Militarisierung und die Einrichtung neuer Militäreinheiten und ziehen Sie die bereits bestehenden Militäreinheiten zurück in Übereinstimmung mit den 1996 gezeichneten Friedensabkommen.

2. Beenden Sie die Einschüchterungsversuche und den Druck auf die Gemeindemitglieder sowie die Politik der erzwungenen Gemeinderäumungen.

3. Veranlassen Sie ein unabhängiges Gutachten über die sozialen Folgen sowie die Umweltauswirkungen der im Vertrag Nr. 2-85 festgelegten Erdölförderung im Verwaltungsbezirk Petén. Konkret geht es um die Feststellung der Umweltschäden und Verletzung der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte der Bevölkerung durch Perenco Guatemala Limited.

4. Sorgen Sie für die Einhaltung internationaler Menschenrechtsverträge seitens der Behörden. Hierzu zählen das ILO-Übereinkommen 169 über die Rechte der Indigenen und in Stämmen lebenden Völker in unabhängigen Ländern, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt) sowie der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt).

5. Geben Sie den Gemeinden Rechtssicherheit über ihre Gebiete. Die Gemeinden dürfen nicht gezwungen werden, ihren Interessen zuwiderlaufende „Kooperations-Abkommen“ zu unterzeichnen, um im Gegenzug eine vermeintliche Rechtssicherheit zu erlangen.

6. Veranlassen Sie bei der Anwendung des Gesetzes über Schutzgebiete von 1989 den Schutz von Personen und die Respektierung ihrer ökonomischen, sozialen und kulturellen Rechte in diesen Gebieten – in Übereinstimmung mit internationalen Abkommen.

7. Widerrufen Sie den Erdöl-Kontrakt Nr. 2-85 mit Perenco Guatemala Limited. Setzen Sie die anderen Megaprojekte der Region aus: Das touristische Megaprojekt IV Balam, fünf Wasserkraftwerke, fünf neue Konzessionen zur Erdölförderung und die Konzessionen für intensivlandwirtschaftliche Monokulturen. Der Standpunkt der betroffenen Gemeinden muss bei der Projekt-Planung berücksichtigt werden. In Übereinstimmung mit dem Friedensabkommen von 1996, der guatemaltekischen Verfassung und den von Guatemala ratifizierten internationalen Abkommen muss das Recht der Gemeinden auf eine vorherige Konsultierung und auf den aktiven Einbezug in die Entwicklungspolitik gewährleistet werden.

Bitte informieren Sie mich, welche Schritte Sie zur Behebung der untragbaren Unrechtsituation in ihrem Land unternehmen werden.

z.Hd.:
• Herrn Otto Pérez Molina, Präsident Guatemalas
• Frau Roxana Baldetti, Vizepräsidentin
• Herrn Erick Archila, Energie- und Minenminister
• Herrn Benedicto Lucas, Direktor des Nationalrats für Geschützte Gebiete (CONAP)
• Frau Claudia Paz y Paz, Generalstaatsanwältin
• Herrn: Gabriel Medrano, Präsident des Obersten Gerichtshofes
• Herrn César Barrientos, Präsident der Strafkammer des Obersten Gerichtshofes
• Herrn Jorge de León Duque, Ombudsmann für Menschenrechte

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