Brasilien stellt Plan gegen Abholzung vor

Präsident Lula da Silva zusammen mit Ministerinnen und Ministern vor einem Plakat zum Weltumwelttag Präsident Lula da Silva (Mitte) zusammen mit der Indigenen-Ministerin (Links) und Umweltministerin (ganz rechts) bei der Vorstellung des Aktionsplans (© Ricardo Stuckert/PR) Eine Gruppe von Männern in Tarnanzügen der Umweltbehörde IBAMA zerstört einen gelben Bagger im Regenwald Einsatz der Umweltbehörde IBAMA gegen illegalen Goldabbau im Regenwald (© Vinícius Mendonça/IBAMA) Zwei bewaffnete Männer in Tarnanzügen der Umweltbehörde IBAMA unter einem fliegenden Hubschrauber auf einer Rodung im Regenwald Einsatz der Umweltbehörde IBAMA gegen illegalen Goldabbau im Regenwald (© Felipe Werneck/Ibama/CC BY-SA2.0)

08.06.2023

Brasiliens Präsident Lula hat einen umfassenden Plan zum Schutz des Amazonasregenwaldes vorgestellt. Neben neuen Naturschutzgebieten will seine Regierung gegen illegale Rodungen vorgehen. In den ersten fünf Monaten seiner Amtszeit ist demnach die Abholzung im Amazonasgebiet um ein Drittel gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Dafür werden die Savannen des Cerrado um so schneller gerodet.

Am 5. Juni, dem Weltumwelttag, haben Lula da Silva und Umweltministerin Marina Silva in der Hauptstadt Brasilia einen Aktionsplan zum Schutz des Amazonasgebietes präsentiert. Er sieht eine massive Aufstockung des Personals zum Schutz und der Überwachung des Regenwaldes vor. Das Vorhaben markiere „nach vier Jahren Gleichgültigkeit und Vernachlässigung“ die Rückkehr des Umweltschutzes als Priorität, erklärte Lula. Der Aktionsplan sei direkt dem Präsidialamt unterstellt.

Auf administrativer Ebene sollen ein Landregister zur Überwachung der Bewirtschaftung der Wälder und ein Abgleich der Daten mit dem Finanzsystem und Satellitenaufnahmen eingeführt werden, um illegale Holzfäller und Viehzüchter besser zu verfolgen. Unter anderem sollen die Hälfte aller illegal in Schutzgebieten genutzten Flächen sofort beschlagnahmt und drei Millionen Hektar zusätzliche Schutzgebiete bis 2027 ausgewiesen werden.

 

„Ich bin entschlossen, Brasiliens globale Führungsrolle bei der Eindämmung des Klimawandels und der Kontrolle der Entwaldung wieder aufzunehmen", so Lula.

Als Ziel soll bis 2030 die Abholzung komplett gestoppt werden. Da Silva kündigte außerdem an, sein Veto gegen eine vom Kongress beschlossene Verordnung (MP 1150) einzulegen, die den Schutz des Atlantischen Regenwaldes (Mata Atlântica) im Südosten des Landes schwächt. Außerdem will er Gesetze der Vorgängerregierung korrigieren, die zur Verringerung der Klimaziele des Landes führten.

Trends bei den Abholzungen

Die Abholzungsrate im brasilianischen Amazonas-Regenwald ist weiterhin hoch, lag aber im Durchschnitt der ersten fünf Monate des Jahres mit 1.868 km² um fast ein Drittel unter den Werten des Vorjahreszeitraums (2.867 km). Das zeigen die offiziellen Daten des brasilianischen Instituts für Weltraumforschung INPE, das den Zustand der Ökosysteme des Landes mit Satelliten überwacht.

Ob das die Trendwende ist, die viele Menschen von der neuen Regierung erhoffen, müssen die kommenden Monate zeigen. Die vorherige Regierung unter Präsident Bolsonaro hatte offen die Ausbeutung des Amazonasgebietes befürwortet und die Kontrollbehörden systematisch geschwächt. Dazu hatte sie unter anderem massiv Personal und Finanzmittel des Umweltministeriums und der zuständigen Umweltbehörde IBAMA abgebaut und gestrichen. Auch die Budgets und Personalpläne für das aktuelle Haushaltsjahr 2023 hatte die Bolsonaro-Regierung noch festgelegt. Diese Situation kann die neue Regierung realistischerweise nicht sofort wieder umkehren - dafür werden viele Monate wenn nicht Jahre notwendig sein.

 

Im Moment scheinen noch viele Abholzer schnell Fakten schaffen zu wollen. Während sich die internationale Aufmerksamkeit vor allem auf den Amazonas-Regenwald richtet, sind die Rodungsraten in der südöstlich angrenzenden Feuchtsavanne Cerrado in den letzten fünf Monaten um 20 % in die Höhe geschnellt. Der sehr artenreiche Cerrado ist das zweite wichtige Ökosystem des Landes und noch gefährdeter als der Regenwald im Norden Brasiliens.

Der Aktionsplan der Regierung bestätigt ein weiteres Mal die wichtige Rolle der afro-brasilianischen Gemeinden und indigenen Völker für den Regenwaldschutz. Deren Territorien weisen die mit Abstand niedrigsten Rodungsraten auf. Die traditionell lebenden Menschen bewahren und verteidigen die Ökosysteme viel besser als der Staat die Naturschutzgebiete.

Regierung hat im Kongress keine Mehrheit

Erschwert werden die Pläne der Lula-Regierung durch den brasilianischen Kongress, in dem die Oppositionsparteien Dreiviertel der Abgeordneten stellen. Diese und allen voran die mächtige Agrarlobby im Parlament verfolgen gegenteilige Pläne und versuchen die Politik der Regierung auszuhebeln. Vergangene Woche setzte eine Mehrheit im Kongress ein Gesetz durch, das die Anerkennung weiterer indigener Territorien und die Kompetenzen des Umweltministeriums erschweren soll.

Fakt ist auch: In Brasilien herrschen extreme soziale Gegensätze. Millionen Menschen leben in krasser Armut, es herrschen Gewalt und Willkür. Daher will und muss die Regierung von Lula da Silva das Land auch sozial und wirtschaftlich weiter entwickeln. Die Regierung setzt dazu unter anderem auf den Export von Agrar- und Holzprodukten sowie Bodenschätzen nach China und Europa. Deren Abtransport und die Verschiffung sollen große Infrastrukturprojekte wie der Bau von Gütereisenbahnen und Seehäfen gewährleisten.

Auch die EU, die deutsche Bundesregierung und unsere Wirtschaftsunternehmen wollen die Rohstoffimporte aus Brasilien weiter ankurbeln. Sie setzen dabei auch auf das geplante Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten. Doch für die Natur, die Kleinbauern und Bäuerinnen sowie die indigenen Völker und traditionellen afro-brasilianischen Gemeinschaften sind die exportorientierten Entwicklungspläne und das Freihandelsabkommen sicher keine gute Nachricht. Das permanente Wirtschaftswachstum erfolgt immer auf Kosten der Natur.

Weitere Informationen:

- Schatzkammer Amazonien: Brasilien - Hoffnung für den Amazonasregenwald aus dem Regenwald Report 01/2023

- Petition: Biologisch? Nachhaltig? Fair? Die Wahrheit über Palmöl aus Brasilien

- Brasilien: Schienen- und Hafenbau mit deutscher Beteiligung bedroht Mensch und Natur


  1. Amazonasgebietes Goberno Federal do Brasil 2023. PLANO DE AÇÃO PARA PREVENÇÃO E CONTROLE DO DESMATAMENTO NA AMAZÔNIA LEGAL (PPCDAm)

  2. ein Drittel unter den Werten des Vorjahreszeitraums

    2023: Januar 167 km², Februar 322 km², März 356 km², Abril 329 km², Mai 694 km². SUMME: 1.868 km2

    2022: Januar 430 km², Februar 199 km², März 312 km², Abril 1.026 km², Mai 900 km². SUMME 2.867 km²

    Abnahme um 35 %

    Quelle: http://terrabrasilis.dpi.inpe.br/app/dashboard/alerts/legal/amazon/aggregated/

  3. fünf Monaten um 20 % in die Höhe geschnellt

    2023: Januar 442 km², Februar 558 km², März 424 km², April 782 km², Mai 1.123 km². SUMME: 3.329 km²

    2022: Januar 492 km², Februar 281 km², März 516 km², April 598 km², Mai 897 km². SUMME: 2.784 km²

    Zunahme von 20 %

    Quelle: http://terrabrasilis.dpi.inpe.br/app/dashboard/alerts/biomes/cerrado-nb/aggregated/

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