Brasilien: Aufruf zum Überfall auf Indigene per Social Media und Radio

Landschaft aus der Vogelperspektive mit Wald und Fluss Die Cerrado-Savanne wird für Soja- und Zuckerrohrplantagen sowie Rinderweiden abgeholzt (© mongabay.com)

08.05.2017

Ein Camp der Ureinwohner im Nordosten Brasiliens wurde brutal von Dutzenden bewaffneten Personen überfallen. Mehrere Indigene erlitten durch Schüsse und Hiebe mit Hackmessern schwere Verletzungen. Der Hintergrund sind Konflikte um Rinder – und Sojafarmen auf dem angestammten Land der indigenen Gamela.

Erst denunzierten sie auf Whatsup die Gamela als Diebe und Landräuber, trafen sich zu einer Grillparty und betranken sich mit Alkohol, berichten der britische Guardian und lokale Medien. Im Radio soll der Parlamentsabgeordnete Aluísio Guimarães Mendes Filho von der Partei PODE (ex PTN) dazu mit Hass, Gewaltaufrufen und rassistischen Kommentaren die Stimmung weiter angeheizt haben, schreiben De Olho nos Ruralistas und die Comissao Pastoral da Terra.

In der Nacht vom 30. April 2017 überfielen schließlich Dutzende bewaffnete Personen wild um sich schiessend und mit Hackmessern ein Lager der brasilianischen Ureinwohner im Gebiet von Viana im Bundesstaat Maranhao. Einem Indigenen hackten sie die Hände ab. 13 Mitglieder der Gamela wurden mit Schnitt- und Schussverletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Andere der Einwohner flohen in Panik in den Regenwald. Die Zahl der Verletzten summiert CIMI auf 22 Indigene, darunter auch zwei Kinder und ein Jugendlicher.

Ursache der Gewalt sind Konflikte um das angestammte Land der Ureinwohner in Brasilien. Die indigenen Gamela, etwa 400 Familien mit 2.000 bis 2.500 Personen, fordern die Demarkierung und Rückgabe ihres angestammten Territoriums. Dieses wurde ihnen trotz rechtlicher Anerkennung seit den 1970er Jahren von Landspekulanten und Großgrundbesitzern weggenommen. Heute dehnen sich dort vielfach Sojamonokulturen und Rinderweiden aus. Es geht um14.000 Hektar Land in den Gemeinden Viana, Matinha und Penalva im Bundesstaat Maranhao im Nordosten des südamerikanischen Landes.

Die Gamela sich haben sich 2013 organisiert, um das Land gemeinsam zurückzufordern. Dazu gehören auch symbolische Landbesetzungen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. 2016 wurden in Brasilien mindestens 13 Indigene ermordet und Hunderte im Rahmen derartiger Land- und Ressourcenkonflikte verletzt.

Die neue – nicht demokratisch gewählte – Regierung von Präsident Michel Temer hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Rückstufung von fünf Schutzgebieten vorsieht. Mehr als eine Million Hektar Land am Rande des Amazonasgebietes zwischen den Bundesstaaten Mato Grosso und Amazonas sollen es der Agrarindustrie ermöglichen, neue Sojafelder und Rinderweiden im Regenwald anzulegen. Die Gebiete waren erst vergangenes Jahr von Temers Vorgängerin Dilma Rousseff per Dekret unter Schutz gestellt worden. Brasiliens Indigene protestieren gegen die Agrar- und Landpolitik der Regierung, darunter auch in der Hauptstadt Brasilia.

Artikel:

- The Guardian: Brazilian farmers attack indigenous tribe with machetes in brutal land dispute

www.theguardian.com/world/2017/may/01/brazilian-farmers-attack-indigenous-tribe-machetes

- Süddeutsche Zeitung: Brasilien - Pfeile gegen Kettensägen

http://www.sueddeutsche.de/politik/brasilien-pfeile-gegen-kettensaegen-1.3481790

- De Olho nos Ruralistas: Antes do massacre, deputado federal chamou povo Gamela de “pseudoindígenas”

https://deolhonosruralistas.com.br/2017/05/02/antes-massacre-deputado-federal-chamou-povo-gamela-de-pseudoindigenas/

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