Die indigenen Manjui im paraguayischen Chaco-Urwald können nur mit Land überleben

Kinder am Fuß eines Baumes © tierra libre paraguay Eine auf dem Boden sitzende indigene Frau bearbeitet eine Gewebe aus Pflanzenfasern Die Manjui stellen aus Pflanzenfasern Gebrauchsgegenstände und Kunsthandwerk her (© Tierra Libre) Fünf indigene Frauen betreiben ein Ballspiel zwischen Bäumen und Holzhäusern Manjui-Frauen in der Siedlung Santa Rosa im Chaco von Paraguay (© Tierra Libre) Typische Vegetation des Chaco mit zahlreichen Kakteen und anderen an Trockenheit angepassten Gehölzen. In der Bildmitte ein riesiger Kaktusbaum mit dickem Stamm und zahlreichen ästeartigen Verzweigungen Nichts für die Fensterbank: Baumhohe Kakteen im Chaco (© Tierra Libre)

Das indigene Volk der Manjui im Chaco in Paraguay ist von einer lautlosen ethnischen Säuberung bedroht. Ihr angestammtes Land und Trockenwald werden von Rindfleisch- und Holzkohleproduzenten in Besitz genommen und abgeholzt. Obwohl der Staat 1998 einen Teil des Landes für die Manjui erworben hat, wurde es nie an diese übertragen.

News und Updates Appell

An: Präsident des Instituto Paraguayo del Indígena INDI (Paraguayisches Institut für indigene Völker INDI)

„Wir fordern die Rückgabe des Territoriums an das indigene Volk der Manjui im Chaco von Paraguay: Übergeben Sie die für dieses Volk reservierten Gebiete sofort!“

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Der Chaco beherbergt eine enorme biologische Vielfalt und ist die Heimat zahlreicher indigener Völker, darunter der Manjui. Die in Teilen von Paraguay, Bolivien und Argentinien gelegene Ökoregion prägen tropische Trockenwälder und Savannen. Es ist das zweitgrößte Urwaldgebiet Lateinamerikas.

Der paraguayische Teil des Chaco wurde erst im 20. Jahrhundert kolonisiert. Doch inzwischen wird der Chaco von der Rindfleisch-, Soja- und Holzkohleindustrie in Beschlag genommen und gerodet. Diese zerstören nicht nur den Trocken-Urwald, sondern rauben auch das Land und die Lebensgrundlagen der Indigenen.

Das Volk der Manjui in Paraguay zählt etwa 900 Menschen und ist sehr gefährdet, als ethnische Gruppe mitsamt seiner Kultur und Sprache zu verschwinden. Die Menschen leben in einer sehr schlechten Situation. Demografischer Druck aufgrund des fehlenden Territoriums, extreme Armut und jahrzehntelange hohe Kindersterblichkeit drohen das Volk auszulöschen.

Die staatlichen Institutionen lassen die Indigenen völlig im Stich. Seit 23 Jahren warten sie auf die Übergabe von 38.406 Hektar Land, die das staatliche Institut für Indigene (INDI) für sie erworben hat.

Hinzu kommt eine aggressive "Familienplanungspolitik“ des Gesundheitsministeriums, die auf Geburtenkontrolle abzielt. Doch in diesem ethnischen Kontext läuft sie laut der Organisation Tierra Libre auf Völkermord hinaus.

"Historisch und strukturell hat die staatliche Politik im Chaco auf das Verschwinden dieses Volkes in Paraguay abgezielt. Das staatliche Institut für Indigene (INDI), die öffentliche Einrichtung, die für das Wohlergehen der indigenen Bevölkerung zuständig ist, spielt eine wichtige Rolle bei dieser Politik des Völkermords und der lautlosen ethnischen Säuberung", denunziert Tierra Libre.

Bitte unterstützen Sie die Petition an das INDI in Paraguay:

Hinter­gründe

Lautlose ethnische Säuberung des Volkes der Manjui

Das Volk der Manjui ist eine ethnische Gruppe, die zur Sprachfamilie der Mataguayo gehört. Traditionell lebten sie von der Jagd, dem Fischfang, dem Sammeln von Kräutern und Früchten sowie der Landwirtschaft in kleinem Maßstab. Während des Chaco-Krieges wurde das Volk der Manjui durch die Intervention der bolivianischen Armee stark in Mitleidenschaft gezogen und ist heutzutage durch die Vernachlässigung durch den paraguayischen Staat ernsthaft bedroht.

Das Volk der Manjui hat sein angestammtes Gebiet im Alto Pilcomayo und im Nordwesten des Zentralen Chaco, im Departement Boquerón, im Chaco von Paraguay. Die Menschen leben derzeit in drei Gemeinden: Wonta - Santa Rosa, Comunidad Manjui de San Agustín (im Gebiet von Pedro P. Peña) und in der städtischen Landlosengemeinde Abizais (am Eingang zur Picada 500 in Mariscal Estigarribia). Darüber hinaus gibt es kleine Gruppen von Manjui in verschiedenen Gemeinden des Nivaĉle-Volkes.

Einzelheiten zu diesem Fall werden im Folgenden erläutert. Alle Informationen stammen von Tierra Libre:

Der Kampf der Manjui um Land mit dem paraguayischen Staat

Seit Beginn der kooperativen Beziehungen zwischen dem Volk der Manjui und der NRO Tierra Libre im Jahr 2015 ist es nach drei Jahren gemeinsamer Bemühungen gelungen, mehr als 12.000 Hektar zugunsten der indigenen Gemeinde Wonta – Santa Rosa zu titulieren. Diese Landfläche konnte dank der Bemühungen von NROs und durch die private Landschenkung einer kirchlichen Organisation zurückgewonnen werden.

Die sehr schwerwiegende Situation, in der sich das Volk der Manjui befindet, steht im Zusammenhang mit einem 38.406 Hektar großen Grundstück. Das staatliche Institut für Indigene (INDI) hatte das Grundstück 1998 mit der Verpflichtung erworben, es an die indigene Gemeinde Wonta – Santa Rosa zu übertragen, wo die meisten Manjui-Indinaner leben. Leider hat das INDI dieses Land bis heute nicht übertragen und ist zudem auch mitschuldig an der Invasion benachbarter Grundstücke und der illegalen Ansiedlung eines Holzkohleunternehmens. Hinzu kommt die Untätigkeit des INDI angesichts eines irregulären und illegalen Versuchs der Landaneignung (Usucapión) durch nicht-indigene Akteure:

Erwerb von Land durch eine öffentliche Einrichtung ohne Übertragung an die Begünstigten: der Fall der indigenen Gemeinde Wonta Santa Rosa

1998 erwarb das INDI eine Fläche von 38.406 Hektar im Chaco, Bezirk Mariscal Estigarribia im Departamento Boquerón. Der Erwerb und die spätere Übertragung der 38.406 Hektar Land durch das INDI hat als einzigen Zweck und Nutznießer die indigene Gemeinde Wonta – Santa Rosa, wie in der Übertragungsurkunde ausdrücklich geschrieben steht. Die Überschreibung hat jedoch nie stattgefunden, und das Verfahren ist von Unregelmäßigkeiten und mutmaßlichen Straftaten geprägt, an denen mehrere staatliche Einrichtungen beteiligt sind.

Das INDI und andere staatliche Institutionen sind aus Sicht von Tierra Libre Komplizen bei Verbrechen gegen die indigene Gemeinde Wonta Santa Rosa.

Im Bericht über die Datenbereitstellung des Nationalen Katasterdienstes (Servicio Nacional de Catastro – SNC) erscheint Frau Alice Muwo Vda. de Benin als Eigentümerin des Grundstücks. Der Zugang zum betreffenden Register ist im öffentlichen Informationssystem gemäß Anordnung des SNC gesperrt.

Im Bericht der Generaldirektion der öffentlichen Eigentumsregister (Dirección General de los Registros Públicos de la Propiedad) über die Eigentumsverhältnisse heißt es wörtlich: "Die Verfahren zur Einrichtung des Registereintrags sollten unter Berücksichtigung der Artikel 112 bis 117 eingeleitet werden"; das Grundstück gilt hier also als nicht eingetragen. Obwohl das Katasteramt (SNC) über Beweise verfügt (die der SNC in einem Bericht an die Staatsanwaltschaft vorgelegt hat), dass die Immobilie 1998 an das INDI verkauft wurde, heißt es in diesem Bericht, dass in der Generaldirektion der öffentlichen Eigentumsregister der entsprechende Eintrag in das Register nicht vorhanden ist.

Dies bedeutet, dass die Eintragung verschwunden ist und der Inhaber des Titels (INDI) den Originaltitel zur erneuten Eintragung vorlegen muss. Für die Eigentumsinteressen der indigenen Gemeinde Wonta – Santa Rosa ist dieser Tatbestand äußerst schwerwiegend, da der Kauf der besagten Landflächen mit der Verpflichtung des INDI verbunden war, sie an die indigene Gemeinde zu übertragen.

Daraufhin wurde von Tierra Libre Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet, die eine einstweilige Verfügung mit der Aufforderung an das INDI und andere beteiligte Institutionen geschickt hat, Unterlagen über diese Sachverhalte vorzulegen. Doch bis heute ist das INDI die einzige Institution, die weder geantwortet noch Unterlagen übermittelt hat, geschweige denn die öffentliche Untersuchung gefördert hat. Im Gegenteil, das INDI hat die Arbeit der Staatsanwaltschaft von Anfang an behindert.

Da das INDI die staatliche Institution zum Schutz und Wohlergehen der indigenen Völker Paraguays ist, stellt diese Situation aus Sicht von Tierra Libre einen äußerst skandalösen Präzedenzfall dafür dar, in welchem Ausmaß diese Behörde gegen die eigenen institutionellen Richtlinien verstößt.

Rechtliche Widrigkeiten: Gerichtsverfahren wegen Landaneignung (juicio de usucapión) von Grundstück, das der Staat über das INDI erworben hat

Das INDI wurde von Tierra Libre aufgefordert, ein rechtliches Verfahren einzuleiten, um die Aufhebung des Urteils zur Landaneignung (Usucapion) durch Nicht-Indigene zu erwirken, denn nach Ansicht von Tierra Libre wurden in diesem Urteil von den nicht-indigenen Antragstellern für das Grundstück falsche Titel, Dokumente und Urkunden (darunter ein Titel über die 38.406 Hektar Land der früheren Eigentümerin Alice Muwo Vda. de Benin, die seit 1998, dem Jahr, in dem das INDI das Land erwarb, nicht mehr Eigentümerin des Grundstücks ist) vorgelegt, um sich auf diese Weise die Rechte an dem Land zu erschleichen. Tierra Libre hat daher das INDI wiederholt aufgefordert, das Urteil über die Landaneignung des fraglichen Grundstücks gerichtlich aufheben zu lassen, da es aus Sicht von Tierra Libre völlig rechtswidrig ist, da in Paraguay grundsätzlich gilt, dass staatliches Eigentum nicht privat angeeignet werden kann. Das INDI hat die rechtliche und moralische Verpflichtung, das Eigentum des Staates im Namen der indigenen Bevölkerung zu schützen und der indigenen Gemeinde Wonta – Santa Rosa zu überschreiben.

Es handelt sich bei den Aktionen der nicht-indigenen Akteure illegaler Landaneignung damit mutmasslich um strafrechtliche Vergehen einer kriminellen Vereinigung irregulärer Landbesitzer. Mitglieder dieser mutmaßlich kriminellen Vereinigung hatten 2017 vor dem zuständigen Gericht, dessen Richter zwischenzeitlich von der Prüfungskommission für die Anklage von Justizbeamten suspendiert wurde, ein Landaneignungsverfahren angestrengt und dann eine entsprechendes Urteil erwirkt. Dieselbe Vereinigung stellte beim Ministerium für Umwelt und nachhaltige Entwicklung (MADES) auch einen Antrag auf Erteilung einer Umweltgenehmigung mit mutmaßlich gefälschten Dokumenten und falschem Inhalt, die das Ministerium ohne größere Hindernisse bewilligte. Die Umweltgenehmigung ist damit nach Ansicht von Tierra Libre ebenfalls unrechtmäßig und ungültig. Deshalb forderte Tierra Libre das INDI außerdem auf, eine Umweltstrafanzeige einzureichen und die notwendigen Schritte beim Umweltministerium einzuleiten, um die weitere Rodung, den Holzeinschlag sowie die Herstellung von Holzkohle auf den 38.406 Hektar Landflächen zu verhindern. 

Neben einem Produzenten von Holzkohle sind auch mehrere Viehzüchter in das Gebiet eingedrungen, was dazu geführt hat, dass Tausende von Hektar abgeholzt und gerodet wurden. Dies geschieht mit der Komplizenschaft des INDI, das das Grundstück seit Jahren ohne Vor-Ort-Inspektionen durch seine Beamten und die Unterlassung der Erstattung von straf-, umwelt-, zivil- oder verwaltungsrechtlichen Anzeigen seit mehr als zwei Jahrzehnten faktisch aufgegeben hat.

Diese Situation ist ein Skandal und eine Schande für den paraguayischen Staat. Das INDI trägt dafür die volle Verantwortung. An dieser Situation und an den mutmasslich begangenen Verbrechen und Straftaten sind folgende staatliche Institutionen beteiligt:

  • Nationaler Katasterdienst – SNC: Das Grundstücke wurden auf den Namen von INDI eingetragen, aber später erscheint eine der früheren Eigentümer/innen, Alice Muwo Vda. de Benin, erneut als Eigentümerin.
  • Hauptverwaltung der öffentlichen Grundbuchämter (Dirección General de los Registros Públicos de la Propiedad): Der Registereintrag ist verschwunden.
  • Instituto Paraguayo del Indígena – INDI: Diese Institution ist seit mehr als zwei Jahrzehnten hinsichtlich des Schutzes des für die Gemeinschaft der Manjui erworbenen Landes völlig inaktiv.
  • Justiz: Der Richter von Mariscal Estigarribia hat entschieden, für 15.600 Hektar der 38.406 Hektar eine Landaneignung (usucapión) zu gewähren. Es handelt sich um eine abwegige Entscheidung, da staatliche Ländereien nicht privat angeeignet werden können.
  • Ministerium für Umwelt und Nachhaltige Entwicklung – MADES: Dem Antragsteller, der keine gültigen Dokumente vorweisen kann, wurde die Genehmigung erteilt, auf diesem Grundstück Öfen für die Holzkohleproduktion zu errichten.

An­schreiben

An: Präsident des Instituto Paraguayo del Indígena INDI (Paraguayisches Institut für indigene Völker INDI)

Sehr geehrter Herr Präsident,

wir, die Unterzeichnenden, fordern die sofortige Übergabe der 38.406 Hektar Land (finca 8525, padrón 3186), die der paraguayische Staat über das Instituto Paraguayo del Indígena INDI 1998 erworben hat, um sie der Manjui-Gemeinde Wonta - Santa Rosa zu übergeben. Weiterhin fordern wir eine Entschädigung für die Umweltschäden, die als Folge der in den vergangenen 23 Jahre erfolgten Zerstörung dieses wesentlichen Teils des Lebensraums des Manjui-Volkes entstanden sind.

Wir sind äußerst besorgt über das enorme Ausmaß der negativen Auswirkungen und irreparablen Schäden, die durch den Ausschluss der Manjui von ihrem angestammten Territorium und die Zerstörung ihres Lebensraums und damit auch zusammenhängend ihrer demographischen Entwicklung verursacht werden. Von der seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht erfolgten Übergabe der Landflächen ist nicht nur die Bevölkerung der Gemeinde Wonta - Santa Rosa, sondern das gesamte Volk der Manjui betroffen. Die indigene Bevölkerung droht als ethnische Gruppe zu verschwinden, da sie größtenteils in dieser Gemeinde lebt.

Wir sind äußerst besorgt darüber, dass diese Situation durch schwere Vergehen und Verbrechen entstanden ist, die mutmaßlich von Beamten innerhalb und außerhalb der zuständigen Institution, dem INDI, begangen wurden. Diese Lage hat nicht nur die Geduld der Mitglieder dieses indigenen Volkes, sondern auch der gesamten Zivilgesellschaft über Gebühr strapaziert. Zumal diese Tatsachen bereits im Dezember 2010, also etwa 12 Jahre nach der Titulierung der genannten Ländereien im Namen des INDI, von einem Massenmedium öffentlich aufgezeigt wurden. Die verantwortliche Institution hat jedoch auch 11 Jahre nach diesen Anzeigen weiterhin Verbrechen und Verstöße gegen die territorialen Rechte dieser indigenen Bevölkerung begangen.

Die Ihnen unterstellte Institution ist hauptverantwortlich für diese sehr ernste Situation, da sie seit 23 Jahren die Entwicklung der kulturellen, wirtschaftlichen und existenzsichernden Praktiken dieser Bevölkerung behindert hat. In all dieser Zeit hat dies auch Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit der Menschen verursacht. Das INDI muss als verantwortliches Organ für das Wohlergehen der indigenen Bevölkerung sofortige und umfassende Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um die zerstörerischen Prozesse zu stoppen, die sich in diesem traditionellen indigenen Gebiet als eine Form der ethnischen Säuberung voll entfalten. Das Leiden der Bevölkerung der Gemeinde Wonta - Santa Rosa und des Volkes der Manjui darf nicht weiter verlängert werden.

Bitte informieren Sie uns so schnell wie möglich über die Maßnahmen, die Sie zu ergreifen gedenken, um die oben beschriebene Situation zu beheben, sowie über die Termine, an denen diese Maßnahmen in Kraft treten werden.

Mit freundlichen Grüßen

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