Argentinien: Motorsägen raus aus dem Chaco-Wald
Argentiniens Präsident Milei benutzte im Wahlkampf eine Motorsäge, um damit seine Politik der Zerschlagung des Staates zu symbolisieren. Nun hat das Parlament der Provinz Chaco Milei beim Wort genommen und ein Gesetz verabschiedet, das den Schutz von vielen Hunderttausend Hektar Chaco-Urwald aufhebt.
News und UpdatesAn: Regierung der Provinz Chaco; Oberster Gerichtshof der argentinischen Nation
„Die Urwälder des Chaco in Argentinien, eines der am stärksten bedrohten Waldgebiete der Welt, müssen erhalten werden.“Die artenreichen Trockenwälder des Chaco sind nach dem Amazonasgebiet das zweitgrößte Urwaldgebiet Südamerikas. Die Ökoregion erstreckt sich vom Norden Argentiniens bis weit hinein in die Nachbarländer Bolivien, Brasilien und Paraguay.
Doch der Chaco ist stark bedroht: Für Soja-Monokulturen und Rinderweiden für die Fleischproduktion, aber auch die Herstellung von Grillkohle und Gerbstoffen (Tanninen) wird der Urwald großflächig abgeholzt.
Die Abgeordneten der argentinischen Provinz Chaco haben nun in einer nächtlichen Abstimmung den Schutz von weiten Teilen des Chaco-Waldes herabgesetzt, was die Abholzung von Hunderttausenden Hektar Wald ermöglichen und legalisieren soll.
Dazu wurde in einem irregulären Verfahren die Karte der Territorialen Verordnung der Wälder (OTBN) und die darin nach dem argentinischen Forstgesetz festgelegten Schutzzonen geändert, darunter wichtige Wanderkorridore für Wildtiere wie den Jaguar.
Die Abgeordneten ignorierten dabei auch böswillig die vorgeschriebene Beteiligung der dort lebenden indigenen Völker. Diese werden damit weiter ausgegrenzt und weiterer Verarmung preisgegeben.
Die Entscheidung liegt im Einklang mit der Politik des argentinischen Präsidenten Milei, der die natürlichen Ressourcen für die wirtschaftliche Ausbeutung freigeben und an den Meistbietenden verscherbeln will. Umweltschutz hält Milei dagegen für weitgehend unnötig, den vom Menschen verursachten Klimawandel leugnet er.
Stattdessen sieht seine Regierung die Forderungen der indigenen Völker zur Einhaltung ihrer Land- und Menschenrechte als "Angriff auf die Souveränität" an, wie die Vizepräsidentin Victoria Villarruel während des Wahlkampfes erklärte - und damit ihre profunde Ignoranz unter Beweis stellte.
Bitte unterzeichnen Sie die Petition zum Schutz des Chaco-Urwalds in Argentinien:
Start der Petition: 28.06.2024
In Argentinien wurden seit der Zulassung des Anbaus von gentechnisch verändertem Soja im Jahr 1996 mehr als 8 Millionen Hektar Wälder abgeholzt, das entspricht der Landesfläche von Tschechien. In der Provinz Chaco wurden im gleichen Zeitraum 859.503 Hektar (halb so groß wie Schleswig-Holstein) Urwald gerodet, davon allein im vergangenen Jahr 57.000 Hektar. In den Zeitraum wurde im gesamten argentinischen Chaco mehr als ein Viertel der Waldfläche vernichtet.
Rechtliche Klagen
Um den Gesetzesrückschritt zu verhindern, hat Greenpeace Argentinien vor dem Obersten Gerichtshof der Nation im Rahmen eines schwebenden Verfahrens einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung eingereicht. Bereits seit 2019 läuft dort eine Klage der Organisation zum Schutz des Jaguars, dessen Bestand mit nur noch etwas mehr als einem Dutzend Tiere in Argentinien als "kritisch bedroht" eingestuft ist. Die Provinzen Chaco, Formosa, Salta und Santiago del Estero sowie der argentinische Staat lassen die Zerstörung des Lebensraums des Jaguars zu und verstoßen gegen die Bestimmungen des Waldgesetzes.
Argentinische Regierung unter Präsident Milei will Schutz der Umwelt, des Klimas, von Minderheiten und indigenen Völkern aushebeln
Die Regierung von Argentiniens Präsident Milei versucht, eine ganze Reihe von Vorschriften, die in jahrelanger Arbeit und mit viel Engagement erkämpft wurden, en bloc aufzuheben: Sie will das Landgesetz und das Forstgesetz aufheben, hat die Sonderkommission für indigene Völker des Oberhauses aufgelöst, hat die Auflösung des Nationalen Instituts für indigene Angelegenheiten (INAI) und die Schließung des Nationalen Instituts gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus (INADI) angekündigt.
An: Regierung der Provinz Chaco; Oberster Gerichtshof der argentinischen Nation
Sehr geehrte Damen und Herren,
während weltweit die Gesetze zum Schutz der Wälder und Ökosysteme verschärft werden, macht Ihre Regierung das Gegenteil.
Die neue Waldgesetzgebung des Chaco "erlaubt die Abholzung von Gebieten, die derzeit in die Kategorie II - gelb eingestuft sind, indem sie in die Kategorie III - grün umgewandelt werden, was nach den nationalen Rechtsvorschriften verboten ist", warnt die Organisation Greenpeace Argentinien. Sie kritisiert damit die Unrechtmäßigkeit, die Sie begehen, indem Sie Hunderttausende von Hektar Urwald der Abholzung preisgeben.
Wir fordern Sie auf, die Aufweichung der Vorschriften zum Schutz des Chaco, die die Zerstörung des natürlichen Lebensraums ermöglichen und gegen die Bestimmungen des nationalen Gesetzes über die einheimischen Wälder verstoßen, unverzüglich auszusetzen.
Die gravierenden Krisen des Klimas und der biologischen Vielfalt erfordern es dringend, jegliche Abholzung zu beenden und die nachhaltige Bewirtschaftung und Wiederherstellung der Wälder zu fördern, wobei die Rechte und Gebiete der indigenen und bäuerlichen Gemeinschaften einzuhalten sowie die biologische Vielfalt zu schützen sind.
Die katastrophalen Überschwemmungen, die derzeit den brasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul verwüsten, zeigen die Folgen, die der fehlende Schutz der Ökosysteme mit sich bringt.
Argentinien hat sich auf dem Klimagipfel in Glasgow 2022 (COP26) dazu verpflichtet, die Abholzung bis 2030 zu stoppen. Die Politik und die Gesetze müssen in diese Richtung gehen - und nicht das Gegenteil fördern.
Im Namen des Jaguars, eines großen Säugetiers, das durch den Verlust seines Lebensraums in Argentinien fast ausgestorben ist, und aller Arten, die den Chaco bewohnen, fordern wir Sie auf, die Wälder des Chaco in Argentinien zu schützen. Der Chaco ist eines der am meisten abgeholzten Waldgebiete der Welt.
Mit freundlichen Grüßen
Die Ausgangslage – Hunger auf Fleisch
Derzeit beträgt statistisch gesehen der Verbrauch von Fleisch in Deutschland etwa 53 kg pro Person und Jahr, in der Schweiz rund 51 kg und in Österreich fast 87 kg. (Stand 2023). Damit verzehrt jeder im Laufe seines Lebens Hunderte Hühner, Dutzende Puten und Schweine und mehrere Rinder. Allein in Deutschland wurden 2023 rund 660 Millionen Hühner, 52 Millionen Schweine, 33 Millionen Puten und 3 Millionen Rinder geschlachtet.
Zur Aufzucht und Mästung der Tiere werden weltweit große Mengen Futter benötigt. Etwa die Hälfte der globalen landwirtschaftlichen Flächen sind Viehweiden, hauptsächlich für Rinder. In Südamerika werden dafür der Amazonas-Regenwald und andere Ökosysteme abgeholzt. Dort bedecken Viehweiden schon etwa 400 Mio. Hektar Land, das entspricht fast der Fläche der gesamten Europäischen Union. Allein in Brasilien sind es etwa 175 Mio. ha, in Argentinien 140 Mio. ha, in Bolivien 22 Mio. ha, in Paraguay 15 Mio. ha und in Uruguay 13 Mio. ha.
Weiterhin werden auf einem Drittel der weltweiten Ackerfläche Futtermittel angebaut. Statt Menschen zu ernähren, landet so jedes Jahr ein großer Teil der weltweiten Soja-, Mais-, Weizen- und Gerstenernte in Tiermägen zur Produktion von Fleisch, Eiern und Molkereiprodukten. Das Kraftfutter für Schweine und Geflügel in Deutschland besteht zu mehr als 30 Prozent aus Soja-Schrot.
Die Auswirkungen – Regenwaldrodungen, Monokulturen, Klimawandel
Deutschland und die EU beziehen einen großen Teil des Soja- und Maisfutters aus Südamerika. Wo einst tropische Wälder und weite Savannen das Landschaftsbild prägten, erstrecken sich nun endlose industrielle Monokulturen: Bei Soja sind es in Brasilien fast 50 Millionen Hektar, in Argentinien 17,5 Mio. ha, in Paraguay 3,3 Mio. ha, in Bolivien 1,5 Mio. ha und in Uruguay 1 Mio. ha. Zusammen sind das zirka 73 Mio. ha Soja-Monokulturen, eine Fläche doppelt so groß wie Deutschland.
Besonders betroffen sind davon die tropischen Savannen des Cerrado in Brasilien und die Trockenwälder des Chaco in Bolivien und Paraguay. Die ständig wachsenden Soja-Monokulturen verdrängen auch die dort lebenden Menschen, zumeist Kleinbauern und indigene Völker. Die Soja-Industrie zerstört die Lebensgrundlagen und vertreibt die Menschen.
Wer bleibt, wird oft krank: Dreiviertel der in Lateinamerika angebauten Sojapflanzen ist genetischer veränderter Soja (GV-Soja) von Konzernen wie BASF, Bayer, Corteva (vormals DuPont) und Syngenta. Diese verdienen nicht nur mit dem GV-Saatgut, sondern auch mit dem Cocktail von toxischen Pestiziden, mit denen die GV-Pflanzen besprüht werden. Sehr oft erfolgt das aus der Luft mit Sprüh-Drohnen und Sprüh-Flugzeugen, die oft ganze Landschaften, Wälder, Flüsse, Dörfer und die dort lebenden Menschen in Giftnebel hüllen.
Die am häufigsten verwendeten Spritzmittel sind glyphosathaltige Herbizide, beispielsweise Roundup von Bayer-Monsanto. Das Gift steht im Verdacht, beim Menschen zu Tumoren und Erbgutschäden zu führen. Für die Umwelt ist Glyphosat in jedem Fall hochgiftig. Die Sprüheinsätze vernichten die Artenvielfalt, vergiften die Böden, die Gewässer (einschließlich das Trinkwasser) und die Luft.
Die Auswirkungen auf das Klima sind verheerend: Die Rodungen natürlicher Ökosysteme wie der Regenwälder setzen riesige Mengen CO2 frei, das die globale Klimaerwärmung vorantreibt. Aus dem Verdauungstrakt der Rinder entweichen große Mengen Methan, auf den zur Produktion von Viehfutter genutzten Äckern ausgebrachter Mineraldünger setzt Lachgas frei. Beide Gase sind noch wesentlich klimaschädlicher als CO2. Etwa 15 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen stammen aus der Viehhaltung.
Die Lösung – Pflanzliche Kost
Die Zukunft der Regenwälder entscheidet sich auch auf unseren Tellern: Die tierischen Produkte auf unserem Speiseplan haben einen Anteil von 72 Prozent an den ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen. Verglichen mit nicht-tierischen Lebensmitteln wird für ihre Herstellung ein Vielfaches an Fläche benötigt.
Diese Tipps helfen, Menschen, Tiere, Natur und Klima zu schützen:
- Mehr Pflanzen, mehr Power – die Vielfalt leckerer und nahrhafter pflanzlicher Lebensmittel ist riesengroß.
- Aber bitte mit Soja: Nur circa zwei Prozent der globalen Sojaernte wird zu Tofuschnitzeln, Sojajoghurt und ähnlichen Produkten verarbeitet. Hierfür muss kein Regenwald gerodet werden – geerntet wird meist auf europäischen Äckern.
- Soweit wie möglich auf Fleisch verzichten und in jedem Fall Produkte aus Massentierhaltung meiden, da unter den industriellen Haltungsbedingungen die Tiere sehr leiden.
- Fleisch mit dem Siegel der Bio-Anbauverbände Demeter und Bioland wird ohne importiertes Sojafutter produziert und soll wesentlich bessere Haltungsbedingungen der Tiere garantieren.
- Sogenannten Tierwohllabeln misstrauen, denn sie bringen in der Praxis wenig bis keine Verbesserungen für die Tiere, auch weil es an permanenten und unabhängigen Kontrollen mangelt.
- Lebensmittelverschwendung stoppen: Pro Jahr landet in Deutschland das Fleisch von 53 Millionen Tieren im Müll. Kaufen oder bestellen Sie nur soviel, wie sie essen können. Das schont nicht nur die Umwelt und vermeidet das Leid von Tieren, es hilft auch dem Geldbeutel.
- Protest über den Tellerrand hinaus: Auf Demonstrationen wie „Wir haben es satt“ oder dem „March against Monsanto“ setzen sich Zehntausende Menschen für eine gesunde, tier-, mensch- und klimafreundliche Landwirtschaft ein und üben Druck auf Politiker aus. Für die demofreie Zeit sind Online-Petitionen und Briefe an die Volksvertreter eine gute Alternative.
Während alle Aufmerksamkeit in Argentinien auf die Debatte eines umfangreichen Gesetzespakets (Ley de Bases) der Regierung von Präsident Javier Milei im Nationalkongress in der Hauptstadt Buenos Aires gerichtet war, entschied das Parlament in der Provinz Chaco am 30. April 2024 um 2:30 Uhr nachts das neue Gesetz über die Territoriale Bewirtschaftung der einheimischen Wälder (OTBN).
Davon betroffen sind die Schutz- und Pufferkorridore des Nationalparks Copo, des Reservats La Pirámide und des Provinzreservats Loro Hablador
Die partizipative Raumordung von 2009 <http://www.saij.gob.ar/6409-local-chaco-aprueba-ordenamiento-territorial-bosque-nativos-provincia-chaco-lph0006409-2009-09-23/123456789-0abc-defg-904-6000hvorpyel> basiert auf dem nationalen Gesetz zum Schutz der einheimischen Wälder von 2007 <https://www.argentina.gob.ar/normativa/nacional/ley-26331-136125/texto>
Diese Petition ist in folgenden Sprachen verfügbar:
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