Madagaskar: Bewahrt Lemuren vor dem Abbau Seltener Erden
In Madagaskars Untergrund schlummern Rohstoffe, nach denen die Europäische Union lechzt: Seltene Erden, Graphit und weitere Materialien. Sie werden von der EU als kritisch für Energiewende, Digitalisierung und Militär betrachtet. Doch der Abbau führt zu Menschenrechtsverletzungen und Naturzerstörung. Das müssen wir stoppen.
An: Präsident von Madagaskar Andry Rajoelina, Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen
„Wahren Sie beim Abbau Seltener Erden die Menschenrechte und schützen Sie die Natur.“Madagaskar ist eines der Länder mit der größten Artenvielfalt. Viele Spezies von Pflanzen und Tieren sind endemisch: 96 Prozent der 12.000 Arten von Gefäßpflanzen, alle 278 Arten von Amphibien und alle 104 Arten und Unterarten von Lemuren kommen nirgendwo sonst vor. Unter ihnen befindet sich der vom Aussterben bedrohte Seidensifaka, bekannt als „Engel des Waldes”.
In letzter Zeit zeigen die Europäische Union und internationale Unternehmen wachsendes Interesse an Madagaskar – als Quelle für Seltene Erden, Graphit und weitere Materialien, die sie als „kritisch“ für die Energiewende, Digitalisierung und Militär betrachten.
Ein Beispiel: Das Projekt Base Toliara zu Gewinnung von Seltenen Erden. Es umfasst ein Gebiet von 1.000 km² und beinhaltet den Bau von Verarbeitungsanlagen, Straßen und einem Hafen. Die Bevölkerung hat seit Beginn dagegen protestiert und demonstriert. Als Reaktion wurde das Projekt 2019 auf Eis gelegt. Wissenschaftler warnen vor Radioaktivität durch die Bergbauaktivitäten.
Als die Regierung ihre Absicht bekannt gab, den Bergbau zu genehmigen, demonstrierten 20.000 Menschen dagegen. Trotzdem wurde die Aussetzung am 28. November 2024 aufgehoben. Behörden gehen mit Gewalt gegen Gemeindemitglieder vor und verhaften Landverteidiger.
Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ist zwar notwendig, um die Klimakrise zu bekämpfen, darf aber nicht zu Lasten der Bevölkerung gehen, die Umwelt zerstören und die Klimakrise verschlimmern! Leider ist dies in Madagaskar der Fall.
Zur Unterstützung der Bevölkerung fordern wir von der Regierung Madagaskars, das Projekt Base Toliara zu beenden, die Genehmigung ähnlicher Projekte zu verweigern und Gewalt und Verfolgung von Kritikern zu unterbinden.
Von der EU fordern wir, jede Bergbaupolitik zu beenden, die der Bevölkerung, der Umwelt und dem Klima schadet.
Beteiligte Unternehmen
Im Oktober 2024 hat der US-amerikanische Uran- und Kritische-Mineralien-Produzent Energy Fuels Resources Inc. das australische Unternehmen Base Resources und damit auch Toliara Project zu 100 Prozent übernommen. Das gewonnene Monazit-Konzentrat soll in der von Energy Fuels betriebenen Mühle White Mesa in den USA verarbeitet werden.
Am 5.12.2024 haben Energy Fuels und die Regierung von Madagaskar ein Memorandum of Unterstanding über den Fortgang des Projekts geschlossen. Darin wurde vereinbart, dass das Unternehmen „eine Lizenzgebühr von fünf Prozent (5 %) auf Bergbauprodukte zahlt (und keine weiteren Gebühren) und nach der Projektzertifizierung 80 Millionen US-Dollar für die Finanzierung von Entwicklungs-, Gemeinschafts- und Sozialprojekten bereitstellt". In einer früheren Mitteilung hatte Geschäftsführer Mark S. Chalmers gesagt, Toliara könne zum „Kronjuwel“ der Wirtschaft Madagaskars werden. Ob beides zusammenpasst, ist Interpretationssache.
Bergbau in Madagaskar
Das Projekt Base Toliara beinhaltet die Produktion von Schwermineralsanden (HMS: Ilmenit, Rutil und Zirkon) und Monazit-Konzentrat. Wahrscheinlich wird es schwerwiegende Auswirkungen auf die Menschenrechte haben, da der Zugang der lokalen Bevölkerung zu Wasser, Land und Waldressourcen gefährdet wird. Bedrohlich ist darüber hinaus jede Form der Verschmutzung ihrer natürlichen Umwelt.
Gefahr: Radioaktivität
Die mit der Radioaktivität verbundenen Risiken, die von den Ilmenit-, Zirkon- und Rutil-Abbaugebieten in der Region Ranobe ausgehen, geben Anlass zu besonderer Besorgnis. Einer wissenschaftlichen Studie aus dem Jahr 2014 zufolge sind die Uran- und Thoriumemissionen so hoch, dass „ernsthafte Strahlenschutzmaßnahmen” ergriffen werden müssen, um die Arbeiter, die in direkten Kontakt mit den Erzen haben, und die Bevölkerung vor dem Risiko von „Krebs oder angeborenen Erkrankungen” zu schützen. Diese Radioaktivität wird sich auch auf die endemischen Arten und die natürliche Umwelt auswirken.
Eine vom Bergbauunternehmen Base Resources, dem damaligen Eigentümer des Projekts, veröffentlichte Vor-Machbarkeitsstudie bestätigte, dass die Sande in Ranobe Uran und Thorium enthalten. Aufgrund der Radioaktivität können die Produkte nicht in die Vereinigten Staaten und nach Japan exportiert werden.
Dies wurde durch die ebenfalls von Base Resources im Dezember 2023 veröffentlichte Vor-Machbarkeitsstudie zum Monazitabbau weiter bestätigt, die die Radioaktivitätsrisiken für Arbeitnehmer und die Bevölkerung hervorhebt, die „angemessen gehandhabt“ werden müssten.
Was sind Seltene Erden?
Unter dem Begriff Seltene Erden werden 17 Metalle zusammengefasst, die in der Natur häufig zusammen vorkommen. Sie sind entgegen des Namens keine Erden und auch nicht selten, allerdings nur aufwendig zu gewinnen und somit knapp und teuer. Der Abbau schädigt oft die Natur, bei der Aufbereitung können beispielsweise radioaktive Isotope und giftige Abwässer anfallen.
Laut Statista belaufen sich die weltweiten Vorkommen auf mindestens 110 Millionen Tonnen, davon 44 Millionen in China, 22 Millionen in Brasilien, jeweils 21 Millionen in Vietnam und Russland und sieben Millionen in Indien. Aufbereitet wird der Großteil der Seltenen Erden in China.
Halbleiter, Smartphones, Elektroautos – Seltene Erden finden vielfache Verwendung: Europium wird für Fernsehbildschirme gebraucht, Cerium zum Polieren von Glas, Lanthan für Katalysatoren in Benzinmotoren. Mit Neodym und Dysprosium werden Magneten für Off-Shore-Windräder hergestellt. Seltene Erden finden sich auch in Drohnen, Festplatten, Teleskoplinsen, Raketen oder Militär-Jets.
Madagaskars Landbevölkerung
80 Prozent der Bevölkerung Madagaskars leben in ländlichen Gebieten und sind von Subsistenzwirtschaft sowie dem Export von Vanille, Kaffee und Kakao abhängig. Jede Beeinträchtigung der Böden und der Landwirtschaft wirkt sich auf den Zugang zu Nahrungsmitteln aus, insbesondere für Frauen. Dies wird durch die Klimakrise verschärft, die zu intensiven Dürren, Wirbelstürmen und Überschwemmungen führt. Hinzu kommen Bergbauprojekte, die die Böden und die knappen Wasserressourcen weiter degradieren und verschmutzen.
An: Präsident von Madagaskar Andry Rajoelina, Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen
Sehr geehrter Präsident Andry Rajoelina,
sehr geehrte Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen,
sehr geehrte Damen und Herren,
wir schreiben Ihnen, um unsere Besorgnis über Bergbauprojekte in Madagaskar für die sogenannte Energiewende im globalen Norden auszudrücken. Diese Energiewende erfordert kritische Mineralien wie Graphit und Seltene Erden, die in Madagaskar vorkommen.
Bestehende und geplante Bergbauprojekte bedrohen jedoch die Lebensgrundlagen und Menschenrechte der betroffenen Gemeinden und künftiger Generationen, schaden der Umwelt und verschärfen die Auswirkungen der Klimakrise in Madagaskar.
Wir möchten das Projekt Base Toliara zur Förderung von Seltenen Erden hervorheben. Die lokale Bevölkerung hat seit Beginn des Projekts dagegen protestiert und demonstriert. Als Reaktion darauf wurde das Projekt vorerst auf Eis gelegt. Wissenschaftler warnen vor Radioaktivität, die durch die Bergbauaktivitäten freigesetzt wird.
Als die Regierung ihre Absicht bekannt gab, den Bergbau zu genehmigen, nahmen 20.000 Menschen an einer Demonstration teil. Trotz der Proteste wurde die Aussetzung am 28. November 2024 aufgehoben. Alarmierend ist, dass die Behörden Gewalt gegen Gemeindemitglieder angewendet und Landverteidiger verhaftet haben, so am 6. und 27. April 2025.
Der Verlust von Land und Lebensgrundlagen für zehntausende Bauern und Fischer in der Region durch Bergbauaktivitäten kann nicht durch die Arbeitsplätze kompensiert werden, die Bergbauunternehmen versprechen zu schaffen.
Wir bitten daher die Regierung Madagaskars:
- Beenden Sie das Projekt Base Toliara.
- Verweigern Sie die Genehmigung von geplanten und zukünftigen Bergbauprojekten, die der lokalen Bevölkerung schaden, die Umwelt zerstören und die Klimakrise verschärfen
- Beenden Sie Gewalt, Schikanen und Strafverfolgung gegen Landverteidiger, Umweltschützer und Gemeindemitglieder.
Wir fordern von der Europäischen Kommission:
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Beenden Sie die Politik, die im Rahmen des Raw Material Act den Rohstoffabbau in Ländern des Globalen Südens wie Madagaskar fördert, die der lokalen Bevölkerung schadet, die Umwelt zerstört und die Klimakrise im Namen des Klimaschutzes und der sogenannten Energiewende verschärft.
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Fordern Sie die madagassische Regierung auf, die Förderung der Rohstoffgewinnung einzustellen, wenn dadurch das Land und die Lebensgrundlagen der lokalen Gemeinschaften geschädigt werden können, und sorgen Sie dafür, dass die lokale Bevölkerung an den Entscheidungsprozessen beteiligt wird.
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Fördern Sie die gewaltfreie und friedliche Zusammenarbeit mit den Gemeinden bei der Rohstoffgewinnung für die Energiewende.
Mit freundlichen Grüßen
Wie das Klima und der Regenwald zusammenhängen
Regenwälder sind komplexe Ökosysteme, in dem Pflanzen, Pilze und Tiere eng miteinander vernetzt sind. Für das lokale und globale Klima spielen sie eine herausragende Rolle. Pflanzen nehmen das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aus der Luft auf. Mit Hilfe von Wasser und Sonnenlicht bilden sie Zucker und daraus andere Pflanzenbausteine. So wird Kohlenstoff in Stämmen, Blättern und Wurzeln gebunden. Frei werdender Sauerstoff wird an die Atmosphäre abgegeben. Den gesamten Prozess nennt man Photosynthese.
Schätzungen zufolge binden Regenwälder 250 Milliarden Tonnen CO2, ein großer Teil davon in Torfwäldern. Das entspricht global betrachtet dem 5 bis 7-fachen der menschengemachten Treibhausgas-Emissionen pro Jahr. 40 Prozent des Sauerstoffs in der Atmosphäre stammen aus den Regenwäldern. Das Bild der Wälder als „Lungen der Erde“ ist zwar nicht ganz stimmig, jedoch einprägsam.
Regenwälder produzieren die hohen, auf das Jahr gleichmäßig verteilten Niederschläge zu einem großen Teil selbst. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Evapotranspiration, also die Feuchtigkeit, die die Pflanzen über die Blätter abgeben. In den Wäldern ist es zwar heiß und schwül, die Wolken strahlen jedoch einen großen Teil des Sonnenlichts in die Weltraum zurück – und kühlen somit die Atmosphäre. Ohne diesen Effekt wäre es in den Gebieten noch wärmer.
Als Kohlenstoffspeicher und Regenmacher spielen die intakten Wälder eine wichtige Rolle im Klimageschehen und eine Schlüsselrolle ihm Kampf gegen Klimakatastrophe.
Das Problem: Klimakatastrophe und Waldvernichtung
Doch die Regenwälder können ihre Funktion als Klimastabilisator immer weniger erfüllen. Im Gegenteil: Ihre Vernichtung etwa für Plantagen, Weiden oder Bergbauprojekte setzt große Mengen Treibhausgase frei. So haben die Waldbrände in Indonesien 1997 ein Drittel der gesamten globalen Emissionen ausgemacht. Besonders verheerend wirkt sich die Zerstörung von Torfwäldern aus.
Laut einer im Magazin Nature veröffentlichten Studie könnten sich die Regenwälder allein aufgrund sich verändernder klimatischer Verhältnisse und Wachstumsbedingungen ab dem Jahr 2035 von CO2-Speichern zu CO2-Quellen entwickeln – und die Klimakatastrophe weiter antreiben.
Weil das Ökosystem Regenwald vielfältig verwoben ist, kann das gesamte Geflecht leiden, wenn es an einer Stelle beschädigt wird. So etwa beim Wasserkreislauf. Treten infolge der globalen Klimaveränderungen trockenere Perioden auf, was bereits beobachtet wird, kann dieser Kreislauf zusammenbrechen. Die immergrünen, üppigen Regenwälder werden zu artenärmeren Savannen. Das lokale Klima ändert sich: es wird trockener und heißer.
Besonders bedrohlich sind die 18 so genannten Kipppunkte im Klimasystem: Hat beispielsweise in Amazonien die Klimaveränderung ein bestimmtes Ausmaß erreicht, ist der Prozess und dabei der Verlust des Regenwalds in der heutigen Form nicht mehr zu stoppen.
Klar ist: Die Klimakatastrophe ist vom Menschen gemacht. 98 Prozent der Wissenschaftler, die sich mit der Klimathematik befassen, stimmen dem zu. Weil das Klima ein hochkomplexes System ist, entdecken Forscher laufend neue Zusammenhänge, interpretieren Daten unterschiedlich, revidieren Prognosen. Das ist in der Wissenschaft völlig normal. Die Erkenntnisse der Klimatologen werden allerdings immer alarmierender.
Die Lösung: Regenwaldschutz ist Klimaschutz
Für den Klimaschutz müssen Regenwälder erhalten werden, weil ihre weitere Vernichtung die Katastrophe verschlimmern würde und sie als Kohlenstoff-Speicher unverzichtbar sind. Klimaschutz ist somit Regenwaldschutz und umgekehrt.
- Wir müssen Regenwälder erhalten und Schäden heilen. Wälder sind dabei mehr als Kohlenstoffspeicher und -senken, nämlich vielfältige Ökosysteme und Lebensraum von Millionen Menschen.
- Wir müssen das Klima schützen und gleichzeitig die Biodiversität bewahren. Klimakatastrophe und Artensterben sind zwei existentielle Krisen, die wir Hand in Hand bewältigen müssen.
- Wir müssen die Rechte indigener Völker, die in Regenwaldgebieten leben, stärken. Sie sind häufig die besten Waldschützer.
- Wir müssen unsere Lebens- und Wirtschaftsweise grundlegend ändern. Wir müssen unseren Verbrauch von Energie, Nahrungsmitteln, Rohstoffen senken, statt ihn mit „grünen Produkten“ aufrecht zu erhalten. Wir müssen aufhören, Kohle, Erdöl und Erdgas zu verfeuern.
- Wir müssen falsche Klimapolitik reformieren: Wir müssen den Irrweg von Biotreibstoffen, insbesondere wenn sie auf Palmöl, Soja oder Zuckerrohr basieren, beenden und die Verfeuerung von Bäumen in Kraftwerken stoppen.
- Wir sagen Nein zum „Ablasshandel“ mit Offset-Programmen, bei denen beispielsweise Firmen Umweltschutzmaßnahmen bezahlen, um im Gegenzug weiterhin Treibhausgase emittieren zu dürfen. Wir lehnen angeblich klimaschonendere Brücken-Technologien wie den Ersatz von Kohle durch Erdgas ab.
- Nach der Covid-Pandemie müssen wir Wirtschaft und Gesellschaft umweltverträglich umgestalten. Es darf keine „Konjunkturprogramme“ mit alten Rezepten geben.
Covid hat gezeigt, dass wir angesichts einer existentiellen Krise schnelle und tiefgreifende Veränderungen schaffen können.
„Engel des Waldes”Der wissenschaftliche Name lautet Propithecus candidus.
Zu den Ökosystemen in Madagaskar gehören verschiedene Arten von Wäldern, Savannen, Steppen, Feuchtgebieten und Mangroven.
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