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Eine Gruppe von Männern in Tarnanzügen der Umweltbehörde IBAMA zerstört einen gelben Bagger im Regenwald
Bewaffnete Polizisten der Umweltbehörde IBAMA zerstören einen für illegalen Goldabbau eingesetzen Bagger im Regenwald der indigenen Munduruku (© Vinícius Mendonça/IBAMA)

Brasilien: Präsident Lula, legen Sie Ihr Veto ein! Stoppen Sie das Gesetz zur Umweltzerstörung

Das brasilianische Parlament will mit dem Gesetz PL 2.159/2021 den Umwelt- und Regenwaldschutz massiv schwächen. Unternehmen sollen sich künftig selbst Umweltlizenzen für Projekte erteilen. Bitte fordern Sie Präsident Lula auf, dieses zerstörerische Gesetz mit seinem Veto zu stoppen!

Unsere Forderung

An: Präsident von Brasilien, Herr Luís Inácio Lula da Silva

„Der brasilianische Präsident Lula da Silva soll das vom Parlament verabschiedete Abholzer- und Umweltzerstörungsgesetz PL 2.159/2021 mit seinem Veto ablehnen“

Ganzes Anschreiben lesen

In einer dramatischen Nachtsitzung hat das brasilianische Parlament am 17. Juli 2025 das Gesetz PL 2.159/2021 verabschiedet. Es ist ein Frontalangriff auf den Schutz der Umwelt, des Klimas und der Menschenrechte.

In einem gemeinsamen Schreiben lehnen mehr als 350 Organisationen in Brasilien das Gesetz ab, weil es „die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Umweltpolitik untergrabe und wesentliche Rechte wie den Zugang zu Gesundheit und einer ökologisch ausgewogenen Umwelt verletze“.

Das Gesetz erlaubt es Unternehmen künftig, sich weitgehend selbst Umweltlizenzen für Projekte zu erteilen – ohne unabhängige Prüfung, ohne Umweltverträglichkeitsstudien, ohne Beteiligung betroffener Gemeinden.

Sie können damit Bergbau-, Industrie-, Infrastruktur- und Landwirtschaftsprojekte quasi nach Gutdünken vorantreiben – sogar in sensiblen Ökosystemen wie dem Amazonas-Regenwald.

Die indigene Bevölkerung und andere traditionelle Gemeinschaften wurden übergangen. Auch die für den Schutz von Natur und Kulturerbe zuständigen Behörden verlieren ihre Mitspracherechte.

Das Gesetz ist ein Freibrief für noch mehr Abholzung, noch mehr Gewalt und Konflikte, noch mehr klimaschädliche Emissionen. Es drohen gravierende ökologische und soziale Schäden und ein katastrophaler Rückschritt für den Wald- und Klimaschutz – nicht nur in Brasilien, sondern weltweit.

Der Gesetzentwurf wird jetzt an den Präsidenten Lula da Silva weitergeleitet, der innerhalb von 15 Arbeitstagen entweder sein Veto einlegen oder es annehmen kann.

Im November findet im brasilianischen Amazonasgebiet die Weltklimakonferenz COP30 statt - mit Brasiliens Präsident Lula da Silva als Gastgeber.

Darum fordern wir: Präsident Lula da Silva, stoppen Sie dieses Gesetz! Legen Sie Ihr Veto ein gegen das "Zerstörungsgesetz" PL 2.159/2021 – vollständig und kompromisslos.

Start der Petition: 18.07.2025

Hinter­gründe

Die Abgeordnetenkammer – die zweite Kammer des brasilianischen Parlaments – hat das Gesetzespaket 2.159/2021 am 17. Juli 2025 um zwei Uhr nachts mit 267 Ja- und 116 Nein-Stimmen verabschiedet. Es soll die Umweltlizenzbestimmungen im Land lockern.

Bereits im Mai hatte der Senat dem Gesetzesentwurf zugestimmt – nach über zwanzig Jahren Streit zwischen beiden Kammern. Das Gesetz sei eine offene Tür für Korruption, schrieb Transparencia Internacional Brasil dazu.

Nun muss der brasilianische Präsident Lula da Silva von seinem Veto-Recht Gebrauch machen und das Gesetz innerhalb von 15 Werktagen ganz oder teilweise stoppen. Ein Veto des Präsidenten könnte das brasilianische Parlament überstimmen, wozu die absolute Mehrheit der Stimmen in jeweils beiden Kammern (Abgeordnetenkammer und Senat) notwendig wären. Danach bliebe nur noch der Gang vor das Höchste Gericht als letzter Schritt.

Nein zum Zerstörungsgesetz

Über 350 Umweltorganisationen lehnen das Gesetz ab und bezeichnen es als größten Rückschlag für die Umwelt, seit Brasilien vor 40 Jahren zur Demokratie zurückgekehrt sei

Wir sehen die Implosion des brasilianischen Umweltgenehmigungssystems, das sich zu einer vollständigen Selbstlizenzierung entwickelt, bei der ein Unternehmen nur noch auf einen Knopf klickt und die Genehmigung ausgedruckt wird“, erklärt Suely Araújo vom Klimaobservatorium gegenüber The Guardian. Vorher war er von 2016 bis 2018 Präsident der brasilianischen Umweltschutzbehörde Ibama.

Der brasilianische Verband der indigenen Völker (APIB) schreibt, dass das Gesetz Rechte der indigenen Völker aushebeln könnte und beklagt zudem, dass die einzige bei der Abstimmung anwesende indigene Abgeordnete, Célia Xakriabá, rassistisch beleidigt wurde.

Laut dem Gesetz sollen außerdem die für den Schutz der Rechte indigener und afrobrasilianischer Quilombola-Gemeinschaften zuständigen Behörden nur dann ein Mitspracherecht bei der Genehmigung von Projekten haben, wenn deren Gebiete bereits offiziell anerkannt sind.

Doch noch immer ist das bei vielen der angestammten Territorien der traditionellen Gemeinschaften nicht der Fall, obwohl die Einwohner das schon seit vielen Jahren beantragt haben. Damit wären mehr als 30 % der indigenen Gebiete und über 80 % der Quilombola-Gebiete praktisch ungeschützt.

„Um viele dieser Landflächen gibt es bereits Streit oder sie sind im Visier von Firmen zur Ausgebeutung“, führt Dinamam Tuxá, Exekutivkoordinator der Vereinigung der indigenen Völker Brasiliens (Apib) im The Guardian weiter aus. Er bezeichnet die Verabschiedung des Gesetzes daher als „Legalisierung eines Prozesses der Ausrottung der indigenen Völker“.

Weitere Informationen:

Christian Russau, KoBra, 17.7.2025. Um 1 Uhr 53 steht es 267:116: https://www.kooperation-brasilien.org/de/themen/landkonflikte-umwelt/um-1-uhr-53-steht-es-267-116

An­schreiben

An: Präsident von Brasilien, Herr Luís Inácio Lula da Silva

Eure Exzellenz, Herr Präsident Luís Inácio Lula da Silva,

mit großer Bestürzung hat das brasilianische Volk am 17. Juli die Nachricht vernommen, dass die Abgeordnetenkammer den Gesetzentwurf 2.159/2021 angenommen hat, der wegen der Verstöße gegen die Menschenrechte und die Natur, die damit legalisiert werden sollen, als „Gesetz der Zerstörung“ bezeichnet wird.

Als Regierungschef eines Landes mit einer der reichsten sozio-biologischen Vielfalt der Welt wissen Sie sehr gut, was es bedeutet, wenn Umweltgenehmigungsverfahren zugunsten von Großunternehmen, insbesondere im Agrar-, Bergbau- und Metallverarbeitungssektor, gelockert werden.

Brasilien und die ganze Welt sind sehr besorgt über die fortgesetzte Abholzung, Brandstiftung, illegalen Holzeinschlag, Verschmutzung durch Bergbauabfälle und Pestizide sowie über die extreme Gewalt gegen indigene Völker, afrobrasilianische Quilombolas und traditionelle Gemeinschaften, die bei der Durchführung von Großprojekten verübt werden, selbst unter Missachtung der geltenden Gesetze.

In einem Land ohne Gesetze zum Schutz der Umwelt und Menschenrechte, was dieser Gesetzentwurf de Facto vorsieht, sind Massaker vorprogrammiert.

Brasilien steht an der vordersten Front des Kampfes gegen den Klimawandel und ist in nur vier Monaten Gastgeber der Weltklimakonferenz COP30.

Daher, Herr Präsident, liegt es in Ihren Händen, dafür zu sorgen, dass Brasilien in diesem Kampf, der im eigenen Land mit dem Schutz unserer sozio-biologischen Vielfalt durch strenge Umweltgenehmigungsverfahren beginnt, weiterhin führend ist.

Wir fordern von Ihnen eine klare Haltung, ohne Kompromisse: Legen Sie ein vollständiges Veto gegen dieses Gesetz ein.

Vielen Dank!

5-Minuten-Info zum Thema: Klima

Wie das Klima und der Regenwald zusammenhängen

 

Regenwälder sind komplexe Ökosysteme, in dem Pflanzen, Pilze und Tiere eng miteinander vernetzt sind. Für das lokale und globale Klima spielen sie eine herausragende Rolle. Pflanzen nehmen das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aus der Luft auf. Mit Hilfe von Wasser und Sonnenlicht bilden sie Zucker und daraus andere Pflanzenbausteine. So wird Kohlenstoff in Stämmen, Blättern und Wurzeln gebunden. Frei werdender Sauerstoff wird an die Atmosphäre abgegeben. Den gesamten Prozess nennt man Photosynthese.

Schätzungen zufolge binden Regenwälder 250 Milliarden Tonnen CO2, ein großer Teil davon in Torfwäldern. Das entspricht global betrachtet dem 5 bis 7-fachen der menschengemachten Treibhausgas-Emissionen pro Jahr. 40 Prozent des Sauerstoffs in der Atmosphäre stammen aus den Regenwäldern. Das Bild der Wälder als „Lungen der Erde“ ist zwar nicht ganz stimmig, jedoch einprägsam.

Regenwälder produzieren die hohen, auf das Jahr gleichmäßig verteilten Niederschläge zu einem großen Teil selbst. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Evapotranspiration, also die Feuchtigkeit, die die Pflanzen über die Blätter abgeben. In den Wäldern ist es zwar heiß und schwül, die Wolken strahlen jedoch einen großen Teil des Sonnenlichts in die Weltraum zurück – und kühlen somit die Atmosphäre. Ohne diesen Effekt wäre es in den Gebieten noch wärmer.

Als Kohlenstoffspeicher und Regenmacher spielen die intakten Wälder eine wichtige Rolle im Klimageschehen und eine Schlüsselrolle ihm Kampf gegen Klimakatastrophe.

Das Problem: Klimakatastrophe und Waldvernichtung

 

Doch die Regenwälder können ihre Funktion als Klimastabilisator immer weniger erfüllen. Im Gegenteil: Ihre Vernichtung etwa für Plantagen, Weiden oder Bergbauprojekte setzt große Mengen Treibhausgase frei. So haben die Waldbrände in Indonesien 1997 ein Drittel der gesamten globalen Emissionen ausgemacht. Besonders verheerend wirkt sich die Zerstörung von Torfwäldern aus.

Laut einer im Magazin Nature veröffentlichten Studie könnten sich die Regenwälder allein aufgrund sich verändernder klimatischer Verhältnisse und Wachstumsbedingungen ab dem Jahr 2035 von CO2-Speichern zu CO2-Quellen entwickeln – und die Klimakatastrophe weiter antreiben.

Weil das Ökosystem Regenwald vielfältig verwoben ist, kann das gesamte Geflecht leiden, wenn es an einer Stelle beschädigt wird. So etwa beim Wasserkreislauf. Treten infolge der globalen Klimaveränderungen trockenere Perioden auf, was bereits beobachtet wird, kann dieser Kreislauf zusammenbrechen. Die immergrünen, üppigen Regenwälder werden zu artenärmeren Savannen. Das lokale Klima ändert sich: es wird trockener und heißer.

Besonders bedrohlich sind die 18 so genannten Kipppunkte im Klimasystem: Hat beispielsweise in Amazonien die Klimaveränderung ein bestimmtes Ausmaß erreicht, ist der Prozess und dabei der Verlust des Regenwalds in der heutigen Form nicht mehr zu stoppen.

Klar ist: Die Klimakatastrophe ist vom Menschen gemacht. 98 Prozent der Wissenschaftler, die sich mit der Klimathematik befassen, stimmen dem zu. Weil das Klima ein hochkomplexes System ist, entdecken Forscher laufend neue Zusammenhänge, interpretieren Daten unterschiedlich, revidieren Prognosen. Das ist in der Wissenschaft völlig normal. Die Erkenntnisse der Klimatologen werden allerdings immer alarmierender.

Die Lösung: Regenwaldschutz ist Klimaschutz

 

Für den Klimaschutz müssen Regenwälder erhalten werden, weil ihre weitere Vernichtung die Katastrophe verschlimmern würde und sie als Kohlenstoff-Speicher unverzichtbar sind. Klimaschutz ist somit Regenwaldschutz und umgekehrt.

  • Wir müssen Regenwälder erhalten und Schäden heilen. Wälder sind dabei mehr als Kohlenstoffspeicher und -senken, nämlich vielfältige Ökosysteme und Lebensraum von Millionen Menschen.
  • Wir müssen das Klima schützen und gleichzeitig die Biodiversität bewahren. Klimakatastrophe und Artensterben sind zwei existentielle Krisen, die wir Hand in Hand bewältigen müssen.
  • Wir müssen die Rechte indigener Völker, die in Regenwaldgebieten leben, stärken. Sie sind häufig die besten Waldschützer.
  • Wir müssen unsere Lebens- und Wirtschaftsweise grundlegend ändern. Wir müssen unseren Verbrauch von Energie, Nahrungsmitteln, Rohstoffen senken, statt ihn mit „grünen Produkten“ aufrecht zu erhalten. Wir müssen aufhören, Kohle, Erdöl und Erdgas zu verfeuern.
  • Wir müssen falsche Klimapolitik reformieren: Wir müssen den Irrweg von Biotreibstoffen, insbesondere wenn sie auf Palmöl, Soja oder Zuckerrohr basieren, beenden und die Verfeuerung von Bäumen in Kraftwerken stoppen.
  • Wir sagen Nein zum „Ablasshandel“ mit Offset-Programmen, bei denen beispielsweise Firmen Umweltschutzmaßnahmen bezahlen, um im Gegenzug weiterhin Treibhausgase emittieren zu dürfen. Wir lehnen angeblich klimaschonendere Brücken-Technologien wie den Ersatz von Kohle durch Erdgas ab.
  • Nach der Covid-Pandemie müssen wir Wirtschaft und Gesellschaft umweltverträglich umgestalten. Es darf keine „Konjunkturprogramme“ mit alten Rezepten geben.

Covid hat gezeigt, dass wir angesichts einer existentiellen Krise schnelle und tiefgreifende Veränderungen schaffen können.

  1. schrieb Transparencia Internacional Brasil Transparência Internacional Brasil, 21 de maio de 2025. PL 2159/2021: MAIOR RETROCESSO AMBIENTAL DOS ÚLTIMOS 40 ANOS E PORTA ABERTA PARA A CORRUPÇÃO: https://transparenciainternacional.org.br/posts/pl-2159-2021-maior-retrocesso-ambiental-dos-ultimos-40-anos-e-porta-aberta-para-a-corrupcao/

  2. gegenüber The GuardianTiago Rogero, The Guardian, 17/7/2025. Brazil passes ‘devastation bill’ that drastically weakens environmental law: https://www.theguardian.com/world/2025/jul/17/brazil-passes-devastation-bill-that-drastically-weakens-environmental-law

  3. brasilianische Verband der indigenen Völker (APIB) schreibtAPIB auf Instagram, 17.7.2025. Repúdio: ABIB repudia atos de violência e racismo sofridos pela diputada federal Célia Xakriabá no Congresso Nacional: https://www.instagram.com/apiboficial/p/DMOaIWmPYY1/

Diese Petition ist in folgenden Sprachen verfügbar:


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