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RegenwaldReport 01/2002

Ecuador: Eine Pipeline voller Lügen

Beim Ölprojekt in Ecuador entpuppen sich die WestLB-Argumente als gezielte Täuschung. Michael Enger war vor Ort

Der Chef einer Sparkassenfiliale am Niederrhein war ratlos. Was er denn nun machen solle, fragte er telefonisch bei Rettet den Regenwald nach. Schon wieder hatten zwei seiner Kunden gegen eine Pipeline durch Ecuador protestiert, die von der WestLB mitfinanziert wird. Unsere Kampagne gegen die Sparkassen in NRW zeigt Wirkung, deren Verbände rund ein Drittel der WestLB -Anteile halten. Auch wenn die größte öffentlich-rechtliche Bank in Deutschland auf die Proteste mit lapidaren Standardbriefen reagiert – ihr fehlen ernsthafte Argumente. Gebetsmühlenartig wiederholt die WestLB seit Monaten,bei dem Pipelineprojekt würden die Umweltstandards der Weltbank eingehalten. Diese hat sich inzwischen öffentlich geäußert und der WestLB eine schallende Ohrfeige verpasst: „Erstens sind wir besorgt um das zerbrechliche ökologische Gleichgewicht in dieser Region in Ecuador, die wir gut kennen,weil wir dort eigene Umweltprojekte unterhalten. Zweitens sind wir besorgt, dass unsere Standards nicht eingehalten werden – unser Name aber missbraucht wird, um das Projekt abzusegnen, wenn es die Standards nicht einhält.“ Die Worte stammen von Elaina Serrano, geäußert vor laufender Kamera im TV-Magazin „Monitor “. Die Frau vertritt die Weltbank, auf deren Umwelt-Standards sich die WestLB beruft. Schon Ende letzten Jahres hatte die Weltbank einen Brief an die Pipeline-Betreiber und die WestLB geschickt. „Wir schreiben Ihnen, um unsere große Sorge über die Auswirkungen des Baus der Pipeline auf das Chocó- Anden-Korridor (Naturschutz) Projekt auszudrücken, dass von der Weltbank unterstützt wird und dass von Weltbankmitarbeitern kürzlich vor Ort besichtigt wurde.“ In dem Schreiben warnt die Weltbank vor der „Zerstörung wertvoller Schutzgebiete “ sowie „weiterer Rodungen und Brände “ als Folge der Pipeline. Schwerwiegende Ölunfälle – etwa nach Erdbeben – könnten noch intakte Flüsse verseuchen. Der Brief schließt mit der Aufforderung:„Wir empfehlen,dass (der Pipeline-Betreiber) OCP eine präzise unabhängige Bestätigung der Übereinstimmung mit den Weltbank- Standards liefert, oder alternativ dazu es unterlässt, eine solche Übereinstimmung zu beanspruchen.“ Die Verärgerung bei der Weltbank muss riesengroß sein. Es ist ein einmaliger Vorgang, dass sie sich von einem Projekt distanziert, mit dem sie nichts zu tun hat – außer dass sie sich missbraucht fühlt. Ob solcher Schelte steht die WestLB mit dem Rücken zur Wand. Deswegen zog sie die international renommierte Organisation Birldlife International aus dem Hut und erweckte mehrfach den Eindruck, diese unterstütze das Projekt. Mit einem geharnischten Brief reagierte Ian J.Davidson, Chef von BirdLife International in Amerika: „Ich fordere die WestLB auf, die bestehende Umweltverträglichkeitsstudie sorgfältig zu überprüfen.“ Ohne signifikante Änderung bedrohe die geplante Pipeline den gefährdeten Artenreichtum der Mindo-Region und den Ökotourismus, „von dem viele lokale Dörfer abhängig sind.“ In einer früheren Pressemitteilung hatte Birdlife International Ende 2000 ebenfalls deutliche Worte gefunden. „Die Entscheidung des ecuadorianischen Präsidenten, Verhandlungen über eine umstrittene Schwerölpipeline zu genehmigen, die ein global wichtiges, geschütztes tropisches Regenwaldgebiet zerschneiden wird, ist eine katastrophale Nachricht für die Vögel, die Umwelt und lokale Kommunen “, hieß es da. Für die SPD-Mitglieder der Landesregierung ist es offenbar kein Problem, dass die WestLB seit Monaten die Öffentlichkeit täuscht. Als die Pipeline am 14.Januar Thema im Landtag war, sagte Finanz-Staatssekretär Harald Noack: „Ich habe im Augenblick die Überzeugung gewonnen, dass die WestLB alles Erforderliche – sowohl aus ökonomischer wie aus ökologischer Sicht – getan hat.“ Dabei belegt ein internes Schreiben aus dem NRW-Finanzministerium: Die Landesregierung weiß bereits seit November 2001, dass sich die WestLB auf ein „unabhängiges “ Umweltgutachten stützt, dass von den Pipeline-Betreibern selbst erstellt wurde. „Dies dürfte die Objektivität der Studie in Frage stellen “, schrieben zwei hohe Beamte ihrem Staatssekretär Noack in einem vertraulichen Brief. Mit anderen Worten: Die WestLB argumentiert quasi mit einer „Selbstbescheinigung “ der Pipelinebauer und gibt diese als objektives Umweltgutachten aus. Mehr denn je hat die WestLB ihre Rechnung ohne die Umwelt- und Menschenrechtsgruppen gemacht. Auf Einladung von Rettet den Regenwald hat sich bereits zweimal ein breites Bündnis aus Projektgegnern getroffen und eine gemeinsame Strategie erarbeitet. Beschlossen wurde, die Kampagne noch offensiver in die Öffentlichkeit zu tragen und sie kontinuierlich auf eine breitere Basis zu stellen. Im Mittelpunkt werden neben der WestLB die politisch Verantwortlichen stehen – angefangen bei Ministerpräsident Clement über seinen Finanz- und Wirtschaftsminister bis hin zu allen Landtagsabgeordneten, die das Projekt weiter unterstützen. Zudem wird das Bündnis die Sparkassen in NRW mit ihren Millionen Privatkunden solange in den Mittelpunkt stellen, bis deren Verbände einen Stopp der Finanzierung fordern. Vorsorglich hat Rettet den Regenwald den Weltspartag Ende Oktober schon zum "Weltöltag “ ausgerufen.

Was Sie persönlich tun können

Sofern Sie Sparkassen-Kunden in NRW sind, können Sie den Coupon auf Seite 15 ausfüllen und Ihrer Filiale zuschicken. Natürlich können sie auch Protestkundgebungen, Infostände oder Mahnwachen vor Ihrer Sparkasse organisieren. Oder in Ihrer Stadt den REGENWALD REPORT verteilen. Wir schicken Ihnen gerne weitere Exemplare zu. Informieren Sie Freunde und Bekannte über die Folgen der Pipeline, verweisen Sie auf Protestmails, die direkt von unserer Homepage www.regenwald.ORG verschickt werden können. Machen Sie Werbung für den WDR- Film „Der Fluch des schwarzen Goldes “,der am 17.März 2002 um 16.30 Uhr ausgestrahlt wird. Und nutzen Sie den beginnenden Wahlkampf, Ihren Abgeordneten auf die Füße zu treten, bis die sich gegen die Pipeline engagieren. Ein Generalstreik und der Widerstand gegen die geplante WestLB - Pipeline haben nach Medienberichten in Ecuadors Ölprovinzen Sucumbios und Orellana die ersten Todesopfer gefordert. Tausende Menschen haben Bohrlöcher blockiert und Baustellen für die neue Pipeline besetzt. Unter den Opfern sollen auch zwei Mädchen sein, die an Tränengas erstickt sind, das von Militärs verschossen worden sei, so die Medien weiter. Der Streik begann am 22.Februar 2002 mit Forderungen an die Regierung nach verbesserter Elektrizitätsversorgung,Unterstützung der Landwirtschaft, mehr Sicherheit, Asphaltierung von Strassen und Investitionen im sozialen Bereich durch das OCP-Konsortiums, das die von der WestLB finanzierte neue Pipeline für schwere Rohöle baut und betreiben will. Die Menschen protestieren dagegen, dass sie zwar mit den enormen Schäden leben müssen, die die Ölförderung anrichtet, von den Erlösen aber kaum profitieren. Tatsächlich sind die Ölprovinzen im Amazonas die ärmsten in Ecuador. In den Mindo-Wäldern nahe Quito halten Umweltschützer Bäume besetzt, um sie vor den Motorsägen zu schützen. Mit dem US-Konzern KerrMcGee ist kürzlich das erste Unternehmen aus dem OCP-Konsortium ausgestiegen. Die aktuelle Entwicklung finden sie im Internet unter www.regenwald.ORG

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