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RegenwaldReport 01/2007

WestLB im Goldrausch

Die Düsseldorfer Bank beteiligt sich finanziell an einer Goldmine auf Sulawesi. Bedroht sind Fischereiwesen und Naturtourismus in der ökologisch einzigartigen Meeresstraße von Lembeh

Schneeweiße Sandstrände, dahinter tropischer Regenwald und vorne schimmert das kristallklare, blaue Meer. Die Gewässer vor Lembeh, Pulisan und Bangka im Norden der indonesischen Insel Sulawesi sind bei Tauchern als Topziel bekannt, denn hier finden sie eine einzigartige Vielfalt an Meereslebewesen. Der glotzäugige Sterngucker zählt dazu, das Pygmäen–Seepferdchen, der behaarte Anglerfisch, der Blauring–Oktopus oder der blättrige Skorpionfisch.

Auch die Landfauna, bekannt als Wal-lacea–Region, ist einmalig. Die Dschungelreservate Tangkoko und Dua Saudara beherbergen das scheue Großfußhuhn Maleo, den kleinsten Primaten der Welt, bekannt als Koboldmaki, oder den schwarzen Makaken. Dreizehn seltene Säugetierarten kommen hier vor, 155 Vogel- und 17 Reptilienarten – viele davon endemisch. Die Strände um Tangkoko und Dua Saudara zählen zudem zu den wenigen auf der Welt, die von der bedrohten Lederschildkröte zur Eiablage aufgesucht werden.

Jetzt ist dieses Paradies akut bedroht. Der australische Bergbaukonzern Archipelago Resources Plc mit seiner indonesischen Tochterfirma PT Meares Soputan Mining (MSM) will in Nordsulawesi so schnell wie möglich die Toka Tindung Goldmine in Betrieb nehmen. Das ökologisch katastrophale Projekt ist mit Korruption und massiver Einschüchterung der betroffenen Bevölkerung verbunden. Und wieder einmal sitzt die WestLB mit im Boot. „Es ist zutreffend, dass die WestLB Teil des Konsortiums zur Finanzierung des Goldminenprojekts ist“, bestätigt die Düsseldorfer Bank schriftlich und glänzt ansonsten mit nichtssagenden Floskeln.

„Bei der Finanzierung des Bergbauprojekts Toka Tindung achtet die WestLB streng darauf, dass alle nationalen Umwelt- und Sozialvorschriften eingehalten und alle notwendigen Genehmigungen im Umwelt- und Sozialbereich eingeholt werden“, versichert die Bank aus NRW.

Offenbar hat die WestLB beim Goldminenprojekt aber nicht genau genug hingeschaut, ob vor Ort tatsächlich alles mit Recht und Ordnung zugeht. Die für den Betrieb erforderliche Umweltverträglichkeitsstudie stammt noch aus der Suharto-Diktatur von 1998 und wurde vor einem Jahr vom indonesischen Umweltministerium zurückgenommen. Trotz der Aufforderung des Ministeriums und auch des Provinzgouverneurs, dass MSM alle Arbeiten einzustellen hat, bis eine neue Prüfung vorliegt, hat das Unternehmen unbeirrt von den staatlichen Auflagen die Konstruktionsarbeiten vorangetrieben. Eine Straße sowie der Hafen, über die die Schwertransporte für die Konstruktion der Produktionsanlage laufen sollen, sind inzwischen – ohne Genehmigungen – gebaut worden.

Die WestLB hatte dagegen behauptet, Geschäftsvoraussetzung bei der Kreditvergabe sei gewesen, dass ihrem Kunden eine behördlich genehmigte Umweltverträglichkeitsstudie vorliege. Dass MSM auch ohne eine solche die Konstruktionsarbeiten vorangetrieben hat, müsste die WestLB eigentlich als Vertragsbruch werten.

Auch landrechtliche Fragen sind bisher nicht geklärt. Bereits im April 2005 hat der Nationale Oberste Gerichtshof, die höchste Rechtsinstanz Indonesiens, in einer Landrechtsfrage dem klagenden Besitzer Recht gegeben. Unerklärlicherweise wurde der Rechtsbescheid über Nacht am 10. Oktober 2006 durch den Gerichtshof der Provinzhauptstadt Manado ausgesetzt, offensichtlich, weil MSM dem vorsitzenden Richter in Manado gedroht hat, ihn persönlich gerichtlich belangen zu wollen, oder weil Geldzahlungen im Spiel gewesen sein könnten.

Die australische Betreiberfirma Archipelago Resources Plc und ihre Tochterfirma MSM werden in Jakarta protegiert und auf Ministerialebene lobbyiert durch den indonesischen Minister für Gesundheit und Soziales, Aburizal Bakrie, der einer der reichsten Männer Indonesiens ist. Seine Firma Bakrie Constructions ist für die Schlammkatastrophe in Sidoarjo/Ostjava verantwortlich, wo 2006 durch verantwortungslose Bohrungen Zigtausende von Menschen ihre Existenz, Arbeit und Wohnungen verloren haben. MSM hat eine andere Firma seines Imperiums für die Konstruktionsarbeiten der Staudämme in Nordsulawesi engagiert.

Abgesehen von dem rechtlich äußerst bedenklichen Status des Minenprojektes, wehrt sich die Bevölkerung des Gebietes gegen eine bloße Revision der Umweltverträglichkeitsstudie, da sie befürchtet, dass mit einer revidierten Version staatliche Auflagen umgangen und negative Umweltauswirkungen ungenügend beachtet werden und zudem die Menschen ihre Lebensgrundlagen in Landwirtschaft, Fischerei und Tourismus verlieren. Das betroffene Gebiet weist die zweithöchsten Fischfangquoten der Provinz auf. Neben dem Fischereiwesen ist der Tauch- und Naturtourismus in dem weltweit berühmten Tauchgebiet in der Meeresstraße von Lembeh, welche auf der UNESCO-Liste der zu schützenden Weltregionen steht, ein bedeutender Wirtschaftszweig der Provinz. Aus Furcht vor wirtschaftlichen Einbrüchen lehnen daher sowohl die Bevölkerung als auch die Provinzregierung die Goldmine ab.

Seit Monaten protestieren deshalb die Bewohner zu Tausenden gegen die geplante Mine. Im Juli 2006 attackierten Sicherheitskräfte, darunter auch von MSM engagierte, von einer friedlichen Demonstration heimkehrende Demonstranten mit Stöcken, Eisenstangen und Steinen, wobei mehr als 50 Personen verletzt wurden. Der tätliche Angriff blieb bis heute ungestraft. Auch bei anderen Gelegenheiten mussten Bürger Einschüchterung und Gewaltandrohung durch Sicherheitskräfte und Polizei erleiden.

Statt sich die Sorgen der Menschen anzuhören und mit ihnen in einen Dialog zu treten, setzt MSM auf Bestechung, Terror, mobilisiert seine Mitarbeiter und deren Familien und bezahlt jugendliche Mobs. Mitarbeiter des Unternehmens scheuen sich nicht, ihre Drohungen gegen Staat und Bevölkerung in der lokalen Presse veröffentlichen zu lassen. Zwischen dem Bangka–Inselarchipel und der Meeresstraße von Lembeh operieren derzeit mehr als 20 Hotels und Tauchresorts mit steigender Tendenz. Die Provinzregierung von Nordsulawesi plant, die Region zum bedeutendsten Tourismusziel nach Bali auszubauen. Tausende von Arbeitsstellen im Tourismussektor, der nachhaltige Entwicklungseffekte gewährleistet, sind gefährdet, wenn die Goldmine in Betrieb gehen sollte, deren Lebensdauer lediglich auf fünf bis sechs Jahre angesetzt ist. Entgegen ihrer Versprechen, nur neueste und umweltschonende Technologie einzusetzen, hat MSM eine gebrauchte Verarbeitungsanlage aus El Tambo/Chile erworben, die nun in Toka Tindung zum Einsatz kommen soll.

„Die WestLB ist Mitglied beim UN Global Compact und in der Finanzinitiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen“, schrieb die Bank Ende 2006. „Dadurch hat sie sich freiwillig dazu verpflichtet, bei allen Finanzierungen auf die Einhaltung internationaler Umwelt- und Sozialstandards hinzuwirken.“ Welche Folgen Goldabbau in ökologisch hochsensiblen Regionen hat, weiß die WestLB unter anderem aus Papua-Neuguinea. Dort, auf der Insel Niolam, befindet sich eine der größten Goldminen der Welt. Weil sich die Regierung des Landes an dem Projekt beteiligen wollte, arrangierte die WestLB schon vor Jahren einen Kredit über 110 Millionen US-Dollar.

Für die Einrichtung der Mine wurden nicht nur die Brutgebiete endemischer Vogelarten, sondern auch Gebiete großer religiöser und kultureller Bedeutung für die Inselbewohner wie Ahnenfriedhöfe und heiße Quellen zerstört. Die Entsorgungspraktiken der Lihir-Mine führen zur Zerstörung der Korallenriffe und zu einem Rückgang der Fischvorkommen und stellen darüber hinaus eine enorme gesundheitliche Gefährdung für die lokale Bevölkerung dar. Wirbellose Meerestiere werden hohen Zyanid- und Schwermetallkonzentrationen ausgesetzt, sodass sich toxische Stoffe über die Nahrungskette anreichern.

Das Engagement der WestLB bei der Goldmine in Papua Neuguinea zeugte schon damals von einer völlig verant-wortungslosen Kreditvergabe, die weder Rücksicht auf internationale Meeresschutzkonventionen noch auf gesundheitliche und soziale Risiken für die Bewohner der Region nimmt.

Auch in Nordsulawesi sind Menschen, Flora und Fauna durch die dort geplante Goldmine in großer Gefahr. Der Fischereiwirtschaft, von der Zigtausende von Existenzen in der Region abhängig sind, droht irreparabler Schaden. Die Bucht von Batuputih ist das Zentrum der Fischereiwirtschaft. David Katang, Sprecher der Fischer aus Batuputih, appelliert deswegen an die beteiligten Banken, die Kredite aufzukündigen, damit das Vorhaben Toka Tindung nicht in Betrieb gehen kann.

„Unsere Familien leben vom Fischfang, vom Anbau und vom Tourismus. Was sollen wir machen, wenn die Goldmine nach sechs Jahren Betriebsdauer abzieht und eine ökologische Wüste zurücklässt? Was sind 700 Arbeitsplätze auf sechs Jahre gegen die Vernichtung Tausender Existenzen, unserer Gesundheit und einer einzigartigen Umwelt? Bitte nehmen Sie Ihre Kredite zurück!“

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