Ecuador: Bevölkerung siegt über Kupfermine

Blick auf eine Versammlung von Dutzenden Menschen unter Wolken verhangenem Himmel © RdR/ Klaus Schenck Eine Person zwischen den mit Moosen und Epiphyten bewachsenen Stämmen im nebelverhangenen Bergregenwald Bergregenwald mitten in der Kupferminenkonzession bei Junin im Intag (© RdR/ Klaus Schenck) Collage - Froscharten - Report 1-21 Die beiden bedrohten Froscharten bildeten eine wichtige Grundlage für die Entscheidung des Gerichts und sind ein Symbol für den Widerstand gegen den Bergbau im Intag-Gebiet. (© Collage Wikimedia.org/CC BY 4.0 & Luis Coloma) Gruppe von Personen von DECOIN und Rettet den Regenwald vor einer Holzhütte mit der Aufschrift DECOIN Mitglieder von Rettet den Regenwald mit der Umweltgruppe DECOIN während eines Besuchs im Intag im Jahr 2005 (© Salva la Selva) Wolken verhangener Bergregenwald bei Junin im Intag im Norden Ecuadors Bergregenwald mitten in der Kupferminenkonzession bei Junin im Intag (© Klaus Schenck) Personen am Ufer eines Baches im Bergregenwald Bachlauf im Bergregenwald mitten in der Kupferminenkonzession bei Junin im Intag (© Colectivo Geografia Critica)

17.04.2023

Die Bergregenwälder im Norden Ecuadors sind Schauplatz eines der längsten Widerstandsprozesse gegen den Rohstoffabbau in Lateinamerika. Rettet den Regenwald unterstützt die Menschen seit 25 Jahren dabei. Nun haben sie einen weiteren Sieg vor Gericht errungen. Die Umweltgenehmigungen für die geplante Kupfermine Llurimagua wurden endgültig annulliert.

Tief unter den Bergregenwäldern des Toisan-Gebirges in Ecuador liegt ein großes Kupfervorkommen, das internationale Bergbaukonzerne ausbeuten wollen. Dazu sollen die artenreiche Natur samt der Bevölkerung komplett verschwinden. Mehrere kleine Dörfer, Flüsse, ganze Bergzüge voller Leben müssten für die riesige Tagebaumine Llurimagua, Abraumhalden und Stauseen voll mit toxischen Minenschlämmen weichen.

Seit 30 Jahren scheitern die Bergbaupläne am Widerstand der Menschen des Intag, so heißt das Gebiet in den tropischen Anden nördlich der Hauptstadt Quito: In den 90er Jahren haben sie die japanische Firma Bishimetals vertrieben, in den 2000er Jahren die kanadischen Firmen Ascendant Copper, Mesa Copper und Cornerstone zur Aufgabe gezwungen. Und nun haben sie vor Gericht den Rauswurf des staatlichen Bergbauunternehmens ENAMI und des chilenischen Kupferproduzenten CODELCO erwirkt.

Am 29. März hat nach einer Klage der Einwohner das Provinzgericht von Imbabura die bereits vor zehnJahren an ENAMI erteilte Umweltgenehmigung für ungültig erklärt:Das ecuadorianische Umweltministerium hat die Umweltgenehmigung auf der Grundlage einer Umweltverträglichkeitsstudie erteilt, die die Rechte der Gemeinden im Einflussbereich des Bergbauprojekts Llurimagua auf Anhörung in Umweltfragen und auf Naturschutz verletzt“, so das Urteil.

Umweltstudien sind keine reinen Formalitäten. Sie müssen sehr sorgfältig durchgeführt werden, denn sie dienen dazu, die Umweltmanagementpläne zu erstellen. Die Behörden können nicht Umweltgenehmigungen erteilen, ohne dass die Studien den Schutz der Umwelt garantieren, erklärt Carlos Varela, einer der mit dem Fall betrauten Anwälte, auf einer Pressekonferenz zum Urteil.

"Die Mängel sind so gravierend, dass es schwer vorstellbar ist, dass es sich um fahrlässige Fehler handelt. Das hat das Gericht erkannt", so Varela weiter. Offenbar haben die Bergbaufirmen und das Umweltministerium versucht, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen des Bergbaus bewusst zu täuschen.

Endgültiger Sieg vor Gericht

Seit 2014 haben ENAMI und CODELCO auf der Bergbaukonzession Llurimagua Probebohrungen und Prospektionsarbeiten durchgeführt. Sie dienen dazu, das Kupfervorkommen im Untergrund für die Anlage der Mine und den Abbau des Kupfers zu vermessen. Mit der vom Gericht annullierten Umweltgenehmigung müssen sämtliche Aktivitäten endgültig eingestellt werden, denn gegen das Gerichtsurteil in letzter Instanz kann keine Berufung eingelegt werden.

Für die Menschen, die Natur und ihre Heimat vor dem Bergbau bewahren wollen, bedeutet der Gerichtsbeschluss einen überwältigenden Sieg. Mit vereinter Unterstützung, kontinuierlicher Aufklärungs- und juristischer Arbeit ist es den Dorfgemeinschaften bis heute gelungen, die Umwelt zu schützen und die in der ecuadorianischen Verfassung garantierten Rechte zum Schutz der Natur und der Einwohner durchzusetzen:

Ohne all die Mühe, den Widerstand und Unterstützung über die vielen Jahre, wäre dieses Urteil nicht möglich gewesen“, erklärt Cenaida Guachagmira, Vertreterin der betroffenen Gemeinden von Intag, auf der Pressekonferenz. „Unsere Gemeinschaft musste viel erdulden: Familien wurden getrennt, der Tourismus gefährdet, wir wurden bedroht. Seit 30 Jahren leisten wir Widerstand, wir müssen diese Gebiete erhalten, wir hängen von der Natur ab und sind auch ein Teil von ihr“, so Cenaida Guachagmira weiter.

Verfassung garantiert Rechte der Natur

Das Gericht in Imbabura stärkt mit seinem Urteil auch die Rechte der Natur, die Ecuador in seiner Verfassung von 2008 anerkennt. Die Rechte der Natur sind uneingeschränkt verbindlich, die Behörden können nicht Umweltgenehmigungen und Lizenzen im Widerspruch dazu erteilen, so das Gericht. Für die Aktivitäten der Bergbaufirmen in dem Gebiet gibt es damit keine Rechtsgrundlagen mehr.

Besonders fraglich ist dabei die Rolle des Umweltministeriums. Es hat offensichtlich nicht die korrekte Durchführung der notwendigen Studien und die obligatorischen Konsultationsverfahren gewährleistet und durchgesetzt. "Das Ministerium hat sich nicht ausreichend bemüht, die gefährdeten Arten zu erfassen und zu verstehen. Das ist ein Verstoß. Wir können nicht warten, bis die Arten ausgestorben sind, bevor wir handeln. Denn dann wäre der Verlust bereits irreparabel", erklärt Anwalt Varela in Hinblick auf die Bedrohung des Bergbauprojekts für die Biodiversität.

Das Urteil zeigt ein weiteres Mal, dass das ecuadorianische Rechtssystem trotz aller Schwächen und Belastungen die Rechte von Gemeinschaften, Einzelpersonen und der Natur schützt. Das belegen auch Urteile des Verfassungsgerichts zu Fällen in anderen Teilen Ecuadors. Beispielsweise gegen den Bergbau im Schutzgebiet Los Cedros, auf dem Territorium der indigenen Sápara, und der indigenen Shuar in San Carlos de Pananza sowie zum Schutz der Mangrovenwälder. Probleme liegen vor allem in der mangelnden Einhaltung und Durchsetzung der bestehenden Gesetze durch die zuständigen Behörden.

Die Menschen wollen sich nicht für die Energiewende opfern

"Die Gebiete der Gemeinden sind für den Bergbau nicht geeignet“, fährt Guachagmira fort. „Die Behörden, die uns schützen sollen, verkaufen uns wie Marionetten und machen grundlegende Rechte wie Gesundheit und Bildung davon abhängig, dass wir den Bergbau zulassen. Wir werden uns nicht opfern, damit reiche Leute in den entwickelten Ländern ein Elektroauto fahren können", sagt sie in Anspielung auf den hohen Kupfereinsatz vieler Technologien im Zusammenhang mit der Energiewende.

Carlos Varela fügt hinzu: "Der Kupferabbau wird unter dem Vorwand der Energiewende vorangetrieben, bedeutet aber die Zerstörung der letzten Wälder. Dabei binden sie Kohlenstoff und verhindern deKlimawandel. Die Zerstörung der Wälder wird uns nicht weiterbringen. Wir müssen genau prüfen, woher die Ressourcen, Metalle und Mineralien für die ökologische Energiewende kommen".

Globale Netzwerke des Widerstands gegen den Bergbau

Die Arbeit gegen den Bergbauboom geht weiter, denn im Intag und vielen anderen Teilen Ecuadors gibt es Hunderte weitere Bergbaukonzessionen sowie genehmigte und nicht genehmigte illegale Bergbauprojekte. Rettet den Regenwald wird die Bevölkerung weiter beim Widerstand gegen den Bergbau im Intag unterstützen.

Die Arbeit hat zudem wertvolle Erkenntnisse und Erfahrungen zur Verteidigung der Rechte der Menschen und der Natur weltweit geliefert. Zur Stärkung und Verbreitung haben wir internationale Netzwerke wie „Yes to Life, No to Mining“ geknüpft, um die Lektionen, die wir im Intag und an anderen Orten gelernt haben, mit anderen Gemeinden zu teilen, die unter dem Abbau von Rohstoffen leiden.

In dem nachfolgenden Video sehen Sie einige Aufnahmen des langen Widerstandsprozesses in der Region Intag.


  1. das UrteilAcción Ecológica 2023. Una sentencia histórica: Corte de Imbabura reconoce que mineras vulneraron derechos en Íntag: https://www.accionecologica.org/wp-content/uploads/SENTENCIA-LLURIMAGUA.pdfNeue Fußnote

  2. Pressekonferenz zum UrteilAcción Ecológica 2023. Pressekonferenz vom 5. April 2023 in Quito: https://www.facebook.com/watch/live/?ref=watch_permalink&v=764043081879088

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