Die EU muss handeln: Europa braucht eine wahre Energiewende

Palmölplantagen soweit man gucken kannIndonesien: Waldrodung für deutsche Palmölkraftwerke
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Die EU will unter der Führung des deutschen Energiekommissars Günther Oettinger einen einheitlichen Binnenmarkt für Energie schaffen. Es geht um den Ausbau der Strom- und Erd- gasnetze, Energieeffizienz und die Förderung der erneuerbaren Energien. Und um viel Geld: Allein für den Ausbau von Strom und Erdgas veranschlagt die EU 210 Milliarden Euro. Nicht nur neue Pipelines und Hochspannungs- trassen, auch der Boom bei den erneuerbaren Energien haben katastrophale Auswirkungen auf Mensch und Natur. Das wichtigste Ziel, massiv Energie zu sparen, haben die EU und allen voran Deutschland sträflich vernachlässigt.

Appell

Deutschland sieht sich als Vorreiter beim Umbau der Energieversorgung hin zu den sogenannten erneuerbaren Energien und ist in der EU besonders aktiv. Als Herzstück der deutschen Energiepolitik gilt das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Über das EEG wird seit 11 Jahren der Bau und Betrieb von Biogasanlagen, Palmöl-Blockheizkraftwerken und Solarpanels forciert und mit Milliardensummen finanziert. Für 2011 werden die EEG-Förderungen allein auf 13,5 Milliarden Euro geschätzt. Während die privaten Verbraucher für die steigenden Energiepreise zahlen müssen, sind in Deutschland die 570 größten industriellen Stromfresser mit einem Jahresverbrauch von 71.000 Gigawattstunden von der EEG-Umlage (aktuell 3,5 Cent pro Kilowattstunde) befreit.

Unseren exzessiven Verbrauch einfach von fossilen auf erneuerbare Energien umzustellen, hat verheerende Folgen für Mensch und Umwelt. Windparks und Hochspannungsleitungen bedrohen Vögel und Fledermäuse. Der Bau von Offshore-Windparks auf hoher See schädigt und vertreibt Meeressäuger wie Schweinswale. Wasserkraftwerke zerstören Flussläufe und ertränken die Täler in Stauseen. Monokulturen mit Mais und Raps für Biogas und Biodiesel belegen auf Kosten der Artenvielfalt und des Klimas ganze Landstriche.

Weil die Anbauflächen für unseren Energiehunger nicht ausreichen und die Produktion im globalen Süden wesentlich billiger ist, sollen immer mehr Palm- und Sojaöl, Zuckerrohr-Ethanol und Holzschnitzel importiert werden - jährlich Millionen Tonnen. So sieht es das im September vorgelegte Energiekonzept der Bundesregierung vor. Die dafür benötigten Plantagen werden in den Tropenländern gerodet. Regenwälder, Savannen und landwirtschaftliche Flächen werden in Energieäcker umgewandelt. Agrosprit wird aus Lebensmitteln wie Getreide, Mais, Palmöl, Soja und Zuckerrohr produziert und verschärft die globale Hungerkrise weiter. Die armen Menschen können die zunehmende Konkurrenz zwischen Tank und Teller nicht bestehen.

Mit sogenannten Nachhaltigkeitssiegeln wollen Politik und Wirtschaft die Probleme lösen. Auch hier ist die Bundesregierung mit ihren Nachhaltigkeitsverordnungen und dem von ihr geschaffenen ISCC-Label Wegbereiter. Doch in der Praxis werden die Standards einfach umgangen und sind wirkungslos. Nicht mehr Energie ist gefragt, sondern drastisches Energiesparen. Ausgerechnet hierbei hinkt Deutschland weit hinterher. Magere 12,8 Prozent will Deutschland bis 2020 einsparen. Das EU-Ziel liegt bei immerhin 20 Prozent, ist aber auch nicht ausreichend.

Bitte schreiben Sie an Günther Oettinger, Bundeskanzlerin Merkel und ihren österreichischen Kollegen Werner Faymann. Europa braucht keine weiteren Hochspannungstrassen, neue Erdgaspipelines und immer mehr Biomasse- und Biogaskraftwerke. Die Förderung der sogenannten Bioenergien wie Agrarsprit, Biogas und Biomasse über das EEG – das von vielen Ländern mittlerweile kopiert wurde – muss sofort beendet werden. Wir müssen den exzessiven Energieverbrauch in Europa massiv einschränken und Energie sparen. Und die größten Energieverschwender sollen endlich zur Kasse gebeten werden.

An­schreiben

An
Herrn Günther Oettinger, EU-Energiekommissar, guenther.oettinger@ec.europa.eu
Frau Angela Merkel, deutsche Bundeskanzlerin, angela.merkel@bundestag.de
Herrn Werner Faymann, österreichischer Bundeskanzler, werner.faymann@bka.gv.at

Sehr geehrte Frau Merkel, sehr geehrte Herren Faymann und Oettinger,

die EU plant unter Ihrer Federführung, einen einheitlichen EU-Binnenmarkt für Energie zu schaffen. Dazu gehören neue Erdgaspipelines, Hunderte neuer Hochspannungstrassen quer durch den Kontinent, immer neue Windkraftparks an Land und auf See, Tausende von Palmöl-, Biogas-, Biomasse- und Wasserkraftwerken. Das wichtigste Ziel – Energie konsequent einzusparen, haben die EU und deren Mitgliedsländer völlig vernachlässigt.

Für den Ausbau der Energieprojekte müssen Mensch und Natur weiter weichen. Die von Deutschland und der EU forcierten Agrarenergien – fälschlich als Bioenergie deklariert – haben besonders katastrophale Auswirkungen. Riesige Flächen werden von den industriellen Monokulturen belegt. Wertvolles Grünland wird für den Anbau der Energiepflanzen umgebrochen. Die Artenvielfalt wird vernichtet, die Böden degradiert, die Gewässer mit Düngemitteln und Pestiziden belastet und das Klima durch die freigesetzten Treibhausgase ruiniert.

Die in Deutschland und Europa verfügbaren Mengen reichen bei weitem nicht aus. Immer mehr an Agrosprit und Biomasse werden in den Tropenländern angebaut und in die EU exportiert. Für die Palm-, Soja-, Zuckerrohr- und Holzplantagen werden Regenwald- und Savannengebiete gerodet; oder sie verdrängen bereits bestehende Landwirtschaft. Gewaltige Mengen an Kohlenstoff werden dabei freigesetzt und heizen die Klimaerwärmung an. Die Menschen werden von ihrem Land vertrieben und müssen hungern, weil Millionen Tonnen von Lebensmitteln in Autotanks und Kraftwerken landen anstatt auf dem Teller.

Auch unsere heimischen Wälder werden für die Holzverfeuerung geplündert oder in industrielle Holzplantagen umgewidmet. Sämtliche nutzbare Biomasse bis hin zu Zweigen und Stümpfen wird herausgerissen, um in Öfen und Kraftwerken verheizt zu werden. Die Lebensgrundlagen einer großen Zahl bedrohter Tier- und Pflanzenarten werden vernichtet.

Ich bitte deshalb darum, den von der EU beschlossenen Ausbau der Agrarenergien unverzüglich zu stoppen. Dazu gehören die Beimischungsziele von Agrosprit für den Verkehrssektor, die Ziele für Agrarenergien im Strom- und Wärmebereich sowie deren Finanzierung und Subventinierung über Umlagen, wie sie das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) in Deutschland vorsieht. Stattdessen muss drastisch Energie eingespart und effizienter genutzt werden. Die von der EU beschlossene Energieeinsparung von 20 Prozent bis 2020 ist viel zu gering. Deutschland, der größte Energieverbraucher der EU, bringt es nach Angaben der Bundesregierung sogar nur auf 12,8 Prozent.

Mit freundlichen Grüssen

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