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RegenwaldReport 02/1995

AFRIKA: "Take 0ff" im Regenwald?"

Kamerun soll bis zum Jahr 2000 der größte Holz-Exporteur Afrikas werden. Mit Hilfe deutscher Kettensägen will sich der hochverschuldete Staat sanieren. In Dorfgemeinschaften gibt es bereits Unruhen.

Wir fahren in einer Stunde im PKW von Douala nach Edea und zählen an diesem Morgen 38 entgegenkommende „grumiers". So heissen die Holz-Transporter mit den grossen Stämmen. Im Volksmund sind das wegen der Masse, die sie bewegen, „les dldphants de la piste", die Ungeheuer der Strasse. Hie und da erinnert eine in den Strassengraben gekippte Fuhre von Urwaldriesen an Unfälle, die bei der Raserei passiert sind. In Kamerun herrscht eine Art Goldrausch. Die Erdölvorkommen vor der Südwestküste sind bald erschöpft. Von Erdgas ist nicht mehr die Rede. Entsprechend wächst der Druck auf die Ressource Regenwald, das grüne Gold. Die FAO - Organisation der UNO für Landwirtschaft und Ernährung - hat ausgerechnet, dass heute 38 Prozent Kameruns von Wald bedeckt sind. Vor ein paar Jahren waren es noch um die 50 Prozent. Der Raubbau wurde durch die 50 prozentige Abwertung der Landeswährung CFA-Franc im Januar 1994 beschleunigt, denn zu diesem Termin haben sich die Auslandsschulden des Staates exakt verdoppelt: auf 2750 Milliarden FCFA. Das waren damals 9 Milliarden Mark bei 12 Millionen Einwohnern mit einem Durchschnittseinkommen von 350 Mark im Jahr! Die Millionäre sind hier selbstverständlich mit verrechnet. Die Holz-Gewinnung läuft auf vollen Touren. Laut der Holzbehörde SEPBC hat sich der kameruner Export von Stämmen in den ersten sieben Monaten des Jahres 1994 um 116 Prozent erhöht. Die illegal über die Kongo-Grenze transportierten Hölzer sind hier nicht mitgerechnet. Eine andere Ressource, die Agrarproduktion für den Export, ist durch die Abwertung zunächst etwas rentabler geworden. Doch das Vertrauen in eine langfristige Rentabilität des Anbaus von Kaffee, Kakao, Kautschuk und ist Baumwolle ziemlich erschüttert durch die Kapriolen des Weltmarktes. Bleibt der Wald als letzte Rettung? Wird er den langersehnten wirtschaftlichen take-off, den Aufschwung bringen? Der kameruner Staatschef, Paul Biya, glaubt das. Er erklärt, dass nur noch „die Ausbeutung des Waldes sich als potentielle Devisenquelle erweist, die unsere Kampagne zur Wiederbelebung der Wirtschaft stützt". Im kameruner Regenwald finden wir eine Menge pharmazeutischer Essenzen, die von seinen Urbewohnern und Anwohnern seit eh und je genutzt werden. Der Biologe Tessa in Bafoussam nennt den Wald „une pharmacie immense", eine ungeheure Apotheke. Er kennt und vertreibt in Kamerun einiges davon, zum Beispiel Yohimbin, das einzige Aphrodisiakum mit nachweisbar medizinischer Wirkung. Er findet es arrogant wenn die europäische pharmazeutische Industrie „mal wieder was `entdeckt' und gleich noch für sich patentieren lässt, womit wir Kameruner schon immer gelebt haben". Eine tatsächlich für alle neue Entdeckung allerdings ist der „Ancestro claudus korupensis", den uns Christopher Fominyam, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Botanischen Garten von Limbd, stolz vorführt. Diese neuentdeckte Pflanze könne bei der Behandlung von AIDS eines Tages eine wichtige Rolle spielen. Er nennt sie schmunzelnd den „Millionen-Baum". Zum kameruner Regenwald gehören auch seine Bewohner, die Pygmäen, Nomaden des Dschungels, deren Zahl durch keine Volkszählung je erfasst wurde. Was wird aus ihnen, wenn der Wald weg ist? Sie sind in der Politik nicht vertreten, haben keine Lobby im Lande. Verschiedene humanitäre Organisationen versuchen, die Pygmäen „aufzufangen" und ihnen ökonomische, sozio-psychologische und selbst religiöse „Starthilfe" zu geben für ein Leben ohne Wald. Ist das eine Lösung?

Pajero-kratie

In Kamerun sahen wir Tag für Tag die Holztransporter vor den Fenstern unserer Büros vorbeirasen. Jedes Mal erzittert das Öko-Zentrum CIPCRE (Internationaler Kreis zur Förderung der Schöpfung). In der Gegenrichtung fahren die leeren „grumiers" Richtung Regenwald. Eines Tages folgen wir ihrer Spur um an den Tatort zu gelangen. Wir fahren Richtung Massanga. Die Piste ist von Holz-LKWs ziemlich kaputtgefahren. In den Kurven nutzen die Fahrer gern den Aussenbogen, auf dem können sie schneller fahren. Es erfordert besondere Aufmerksamkeit, hier mit einem PKW unterwegs zu sein, denn die Ungeheuer kommen einem gerade in engen Kurven auf der falschen Seite entgegen. Wir haben das Gelände der „Societdé d'Exploitation Forestiere du Noun (Gesellschaft für Holzgewinnung im Noun) erreicht, wollen aber weiterfahren, dahin, wo sie den Primärwald erschliessen, wie das in der Branche heisst. Damit wir uns im Dschungel nicht verirren, nehmen wir einen Arbeiter mit. Auf der Fahrt in den Urwald kommt uns in hohem Tempo jemand im Pajero, einem dieser luxuriösen japanischen Geländewagen mit viel Chrom und dunklen Scheiben und Klimaanlage, entgegen. Das soll der französische Chef sein. Wenn's ums Holz geht, haben's alle schrecklich eilig. Der Pajero ist in Kamerun das Status-Symbol der grossen Bosse. Nach ihm haben kritische Zeitgenossen das kameruner Establishment „Pajero-kratie" benannt. Während des letzten kameruner Generalstreiks wurden die Pajeros bevorzugt mit Steinen beworfen. Das entsprechende Modell von Mercedes heisst hier schlicht „der deutsche Pajero". Tief im Walde, im Labyrinth der frischen Schneisen bleibt unser PKW auf der neu angelegten, weichen Dschungelpiste stecken. Ein Fallensteller mit einer erlegten Antilope auf der Schulter versichert uns, dass wir richtig gefahren sind. Die Leute mit den Planierraupen und Sägen seien ganz in der Nähe, machten jetzt aber Siesta. Deshalb ist es hier so still. Dann erleben wir nicht einmal, wie sie die Urwald-Riesen umlegen, schade! Einer von uns kommt auf die Idee, dieses Schauspiel doch noch zu inszenieren und gibt den Holzfällern ein paar Groschen. So sägen sie in ihrer Mittagspause einen Baum ab, der sonst erst am Abend drangewesen wäre.

Ein Urwaldriese stirbt

Ein dreiköpfiges Team macht sich bereit: ein Mann, der mit der Machete allen vorangeht und eine Art Tunnel durch das dichte Unterholz des Dschungels schlägt. Ihm folgt einer, der die Motorsäge trägt. Der dritte geht hinterher, hat aber nichts in der Hand; er scheint die Verantwortung zu tragen. Wir Besucher setzen die Kolonne fort und gelangen in der Dämmerung des Regenwaldes an den Fuss eines jahrhundertealten Riesen mit den berühmten Brettwurzeln. Mit fachmännischem Blick inspiziert ihn der „chef d'équipe" und weiss schliesslich genau, nach welcher Seite der Riese fallen muss. Er hat sich an der Verteilung der mächtigen Äste, die selbst die Dimension von Bäumen haben, orientiert. Der Säger weiss inzwischen, dass zwei von seinen Gästen Deutsche sind. So lässt er es nicht an Komplimenten fehlen für die „einsame Spitzenqualität" seiner Stihl-Motorsäge. Das ganze Land säge allein mit dieser Marke. Hier gibt es für die Deutschen keine Konkurrenz. Früher hat die Firma in Kamerun mit der Parole geworben: „Jedem seine Stihl-Kettensäge!" Man stelle sich die Stihl'sche Vision einmal vor: Kamerun hat 12 Millionen Einwohner, und alle sollen sägen gehen... Der chef d'équipe dirigiert die neugierigen Gäste im Halbdunkel auf die ungefährliche Seite des Baumes, empfiehlt gebührenden Abstand und wirft den Motor an. Mit lautem Gedröhn sägt er Brettwurzeln ab, tranchiert einen riesigen Keil aus dem Stamm und setzt gegenüb er zum letzten Schnitt an. Es fängt an zu knacken, die Arbeiter bringen sich eilig in Sicherheit. Der würdevolle, jahrhunderte alte Baum ist in wenigen Sekunden vollends tot. Seine Krone ist durch Lianen mit anderen Bäumen verbunden und reisst im Fallen Massen von Ästen mit Orchideen, Vogelnestern, Baumfröschen und Farnen von den Nachbarbäumen herunter. Pfeifen und Krachen. Der Riese schlägt auf den Boden und erschüttert ihn erdbebenartig. Er hat unter sich eine Menge jüngerer Bäume zerstört. Um uns her ist es hell geworden. Wir stehen plötzlich in einer weiten Lichtung. Die Arbeiter zerlegen den Baum in LKW-gerechte Stücke. Nur die besten Stammteile werden für den Export vorbereitet. 40 Prozent des geschlagenen Holzes bleiben gleich liegen und verfaulen. Ein einziger gefällter Baum hinterlässt so noch einmal Tonnen von zerstörter Natur.

Die sich das grüne Mäntelchen umhängen ...

Von den 300 nutzbaren Holzsorten des kameruner Regenwaldes werden nur um die 15 Hölzer ausgebeutet, eben jene, die in Europa bei Kleiderbügeln, Klodeckeln, Fensterrahmen, Gartenbänken und Särgen gerade Mode sind. 53 Prozent aller exportierten Baumstämme bestehen allein aus den Sorten Ayou und Sapelli. Bei dieser selektiven „Extraktion" aber wird praktisch der ganze Wald zerstört: Bis zu 70 Prozent des Dschungels gehen dabei drauf. Die Holz-Firmen versuchen, vor der Öffentlichkeit ihren Ruf mit Hilfe von angeblich unabhängigen Regenwald-Forschungsinstituten zu retten. Wir haben zwei davon besucht. Schnell stellte sich heraus, dass diese Institute eine Art Kriegspropaganda betreiben, die die Vernichtung des Regenwaldes begleitet und verharmlost. Die kameruner Regierung ist an beiden Instituten beteiligt. Die Mitarbeiter der europäischen Holzfirmen gehen dort ein und aus, als wäre es ihr Zuhause. Ein kameruner Mitarbeiter wurde bereits entlassen, weil er sich bei seiner wissenschaftlichen Arbeit zu sehr für die Lage der traditionellen Waldbewohner interessiert hatte. Vergleichbares geschieht in der Bundesrepublik, wenn ausgerechnet der wegen übertriebenen Holzeinschlags und entsprechender Millionen-Schulden im Kongo unter Beschuss geratene Bremer Holzhändler Hinrich Stoll öffentlich für den Schutz der Tropenwälder zu kämpfen vorgibt (vgl. Focus Nr. 6/1994). Er war Vordenker der Berliner „Initiative Tropenwald" (ITW), die sich für die Einführung eines Zertifikates für „naturvertäglich geerntetes Tropenholz" einsetzt. Schon früher ist Stoll mit phantastischen Expertisen aufgefallen. So hat er 1988 die Tropenwald-Abholzung damit verteidigt, dass es Platz gibt für „dahinkümmernde Bäume", dass hier also insgesamt „Naturverjüngung" geschieht. 1987 hat er publiziert, dass das Schlagen von Schneisen im Regenwald „die Schaffung eines Strassennetzes" bedeutet und damit „zur Entwicklung eines Landes beiträgt". 1984 schon war eine zusammenfassende Erkenntnis des Herrn Stoll, dass der Regenwald „menschen- und kulturfeindlich" ist. Dieser Raum werde erst durch die Abholzung „menschen- und kulturfreundlich". Von dem tropischen Regenwald, der sich in 80 Millionen Jahren entwickelt hat, wird bald nur noch die „foret dégradée" übrigbleiben, nachgewachsener artenarmer Busch von geringem Wert. Länder wie die Elfenbeinküste oder Nigeria haben das in wenigen Jahren auf ihrem Territorium schon geschafft.

Franzosen, Deutsche und ein Sultan

Wir sind noch bei den Holzfällern. Die Arbeiter plaudern gern mit uns, denn branchenfremde Gäste sind selten hier „im finstern Wald". Es geht um die staatlichen Kontrollen durch die Förster. Die Forstbeamten sollen zum Schutz des Waldes und zur Errechnung der Abgaben an den Staat die gesägten Stämme erfassen und numerieren. Da das Personal aber kaum Transportmöglichkeiten besitzt, wird meist nicht persönlich an Ort und Stelle kontrolliert. Die Reduktion der Beamtengehälter um insgesamt 70 Prozent im Jahr 1994 drückt zusätzlich auf die Motivation. So soll es üblich geworden sein, die Blanko-Belege gleich den HolzUnternehmen zum selbständigen Ausfüllen zu überlassen. Ständig erwähnen die Säge-Leute ihren mächtigen Ober-Boss, den Sultan von Fumban und Repräsentanten der Einheits- und Staatspartei RDPC („Demokratische kameruner Volksunion"). Er sei die wichtigste Person in dem Unternehmen. Dann gehören noch Franzosen dazu. Vor ihnen waren Deutsche an der Firma des Sultans beteiligt. Einige Geräte mit vertrauten deutschen Typenschildern auf dem Firmengelände erinnern an diese Zeit. Noch 1990 hatten wir in Kamerun mindestens ein halbes Dutzend deutscher Holzfäller-Firmen entdeckt. (Vgl. Evang. Kommentare 2/91; U. Pfaff: „Deutsche Sägen singen im Regenwald.") Die sollen sich aber alle inzwischen zurückgezogen haben, hat uns - sichtlich erleichtert - BRD-Botschafter Nöldeke bestätigt. Haben Tropenholz- Boykottkampagnen in Deutschland ihnen das Geschäft verdorben? Oder hatten die konkurrierenden Franzosen mit den guten Beziehungen zu ihrer ehemaligen Kolonie langfristig die besseren Karten?

Die stummen Ökos

Wir treten den Rückzug aus dem Walde zusammen mit den „eléphants de la piste" an und kehren an unseren Arbeitsplatz bei der Umweltgruppe CIPCRE in Bafoussam zurück. Sie hatte im Februar `93 mit ihren deutschen Geldgebern eine zehnjährige Kooperation abgesprochen und sich per Vertrag von dem „Gegengipfel" 1992 in Rio de Janeiro distanziert. Im Alltag sieht das dann so aus: In seinem letzten Umwelt-Magazin „A l'Affüt" („Auf der Lauer") hat CIPCRE ausgerechnet den Sultan von Fumban mit einem Farbphoto auf der Titelseite als Umweltschützer gefeiert. In einem Interview beklagt er sich über die Leute in den Dörfern, die in Wirklichkeit nur bescheidene Mengen Holz sammeln, eben das, was sie zum (Über-)Leben brauchen. Von seinem Unternehmen im Dschungel fällt kein Wort. Die Holz-Transporter des Sultans, die täglich an unserer kameruner Umweltgruppe vorbeifahren, lassen die Naturschütze nur physisch erzittern. Der Rest is Schweigen. „Die müssen sich irgendwie mit dem Regime arrangieren..." sagt Nké Ndih von der grünen Partei am 6.1.95 il der taz. Das muss auch dem Kardinal Christian Tumi aufgefallen sein, so hat er die Umweltschützer aufgefordert, deutliche Zeichen zu setzen und die Strasse de Holztransporter zu blockieren. Eine Straßenblockade wäre hier nichts Fremdes. Beim letzten Generalstreik hat da kameruner Volk mit solchen Techniken des Widerstands reiche Erfahrungen gesammelt. Die kameruner Öko-Bewegung und der Öko-Dachverband FONGEC haben sich selbst gefesselt mit ihrem streu nationalen Status. Sie haben in Wirklichkeit wenig Rückhalt im Land. Sie lebe meist exklusiv von ausländischen Geldern, die meist an fremde Auflagen d( Geberagenturen in Europa gebunden sind. Nach dem kameruner Vereinsrecht von 1990 dürften sie Mittel von aussen überhaupt nicht annehmen. So bewegen sie sich ausserhalb der Legalität. Deshalb kann theoretisch jeder kleine Präfekt e ne solche Umwelt-NRO schliessen - und den Dachverband dazu. Der Druck, sich dem Establishment anzubiedern, wird damit sehr gross. Opposition ist tabu. So muss „vorsichtshalber" in aller Öffentlichkeit dicke Freundschaft mit den Repräsentanten des herrschenden Systems und der Staatspartei gepflegt werden. Damit wird gleichzeitig der politische Kampf gegen die verfolgten Sozialdemokraten unterstützt. Eine freundliche Bemerkung zu ihren Gunsten wurde 1994 für einen Mitarbeiter von CIPCRE zum Entlassungsgrund. Der Fall kam vor die Internationale Liga für Menschenrechte. Ehrlicher auftreten und mehr riskieren könnten Öko-NROs, wenn sie sich einen internationalen Status zulegten. Dafür gibt es ermutigende Beispiele wie SAILD, eine kameruner NRO, die ländliche SelbsthilfeInitiativen unterstützt. Sie hat ihren formalen juristischen Sitz in die Schweiz gelegt. So konnte es sich SAILD erlauben, in ihrer Bauernzeitung „La Voix du Paysan" die Vernichtung des kameruner Regenwaldes im ganzen Land offen anzuprangern. SAILD wie auch die FriedrichEbert-Stiftung in Kamerun haben in ihren Publikationen bedauert, dass die ÖkoNROs so gleichgültig geblieben sind. Aufgrund des SAILD-Status und des Vertrauens, das die NRO in der kameruner Öffentlichkeit geniesst, hat die staatliche Zensur nicht einmal den Versuch gemacht, ihre Publikationen zu verhindern. Natürlich gibt es in Kamerun ein staatliches Forstrecht. 1992 hat die Weltbank mit neuerwachten Umwelt-Bewusstsein Druck auf Kamerun ausgeübt und eine Revision des Forstrechts verlangt. Kamerun sollte mit der Novellierung soziale und ökologische Richtlinien einführen und eine bessere Kontrolle der industriellen Waldnutzung garantieren. 1994 hat der kameruner Staatschef unter dem Druck der Weltbank ein neues Forstrecht vorgelegt, das allerdings nicht weit über die Festlegung des Status quo hinausgekommen ist und die Korruption teils noch erleichtert. Es wurde die totale Staatskontrolle über fast alle Wälder festgeschrieben zu Lasten der traditionellen Waldbewohner. Die kleinen Leute werden mit drastischen Strafen bedroht, wenn sie am traditionellen, aber nach dem neuen Forstrecht plötzlich falschen Ort Holz holen für ihren täglichen Bedarf. Die Geldstrafen für illegalen Holzeinschlag im grossen Stil sind dagegen harmlos und stellen für die Unternehmer geradezu eine Verführung dar.

Es regt sich Widerstand

Bei der Vorlage des revidierten Forstrechts ist etwas völlig Neues im Parlament passiert: Es gab öffentlichen Einspruch gegen die Novelle. Noch sind die Opponenten von innen in der Minderheit. Das Gesetz wurde mit der Mehrheit der „anderen" verabschiedet. Die Öko- NROs sind weder in die Debatte einbezogen worden noch hat eine von ihnen bei der Novellierung des Forstrechts sich zu Wort gemeldet. Einmal mehr herrschte unter ihnen „das Schweigen zum Walde". Auf internationaler Ebene gilt das kameruner Forstrecht nicht viel. Die flankierende Polit-Propaganda von hohen Prinzipien und globaler Verantwortung hilft nicht weiter. Die Realitäten sind ziemlich banal: Fred Pearce hat im New Scientist einen fatalen Deal zwischen Frankreich und Kamerun aufgedeckt: Frankreich hat angeboten, kameruner Schulden um 50 Prozent zu reduzieren - im Gegenzug sollte Kamerun den französischen Firmen noch mehr Sonderrechte bei der Regenwald-Abholzung einräumen. Der Regionalpolitiker Dr. Albert Mbida war im Juni `94 der Held der Oppositionspresse, als er offiziell geduldete „Plünderung, Täuschungsmanöver, Rechtsbruch und Wilderei in unseren Wäldern" beklagte. Im gleichen Jahr kamen Petitionen aus dem Osten des Landes, wo die Leute am ärmsten sind und wo die Abholzung noch ärmer macht. Ganze Dörfer haben revoltiert, leider ohne die geringste Unterstützung der Umweltgruppen. So konnten die Aufstände von den „Ordnungskräften" niedergeschlagen werden, ohne im Land und international Aufsehen zu erregen. Noch nicht erledigt ist der nächste Fall. Hinter Nkongsamba „auf der Strasse nach Süden" ist uns kürzlich ein abgebrannter LKW mit Stämmen aufgefallen. Das gibt es hier öfter. Da wird ein Reifen unter dem gewaltigen Druck der Ladung zu heiss und brennt. Die rohen Stämme nehmen das Feuer nicht an. Hier müssen verschiedene Achsen gleichzeitig gebrannt haben. Wie ist so was möglich? Auf der Strecke treffen wir am gleichen Tag auf einen zweiten ausgebrannten Holz-LKW. Jetzt werden wir neugierig und befragen Passanten. Ergebnis: Eine kameruner Widerstandsbewegung gegen die Zerstörung des Regenwaldes hat die Verantwortung für die LKW-Brände übernommen. Sie nennen sich Öko-Guerilla. Mehr weiss man/frau noch nicht von ihnen. Wird in Kamerun eines Tages um den Regenwald gekämpft? Wäre ein Öko-Krieg denkbar? Hat der ehemalige deutsche Umwelt-Minister Töpfer an so etwas gedacht, als er (nach ADN vom 3.8.92) sagte, die neuzuschaffenden UNO-Grünhelme müssten „gegen neue Aggressionsformen wie ökologischen Krieg eingesetzt werden"? Als Beispiel nannte Töpfer die Abholzung des tropischen Regenwaldes. Wen hätten die Grün-Helme in Kamerun dann wohl zu beschützen? Renate und Ulrich Pfaff Drei Jahre lang arbeiteten Renate und Ulrich Pfaff als ökologische Berater in Kamerun. Dort haben sie mit dem Umwelt-Juristen Dr Samuel Nguiffo, Umweltreferent im kameruner Außenministerium, zusammengearbeitet. Er veröffentlichte Ende 1994 seine Studien über „das neue kameruner Forstrecht" und „die Ausbeutung der kameruner Regenwälder".

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