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RegenwaldReport 01/2003

Kongo: Bayer-Tochter lügt - sagt die UNO

Laut einem Bericht bezieht Tochterfirma weiter Rohstoffe aus dem kongolesischen Bürgerkriegsgebiet. Das Unternehmen dementiert

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der UNO zu Rohstoffexporten aus dem kongolesischen Bürgerkriegsgebiet bezichtigt die Goslarer Firma H.C. Starck der Lüge. Das zum Bayer-Konzern gehörende Unternehmen behauptete Anfang des Jahres in einer Pressemitteilung, seit Sommer 2001 keine Rohstoffe mehr aus Zentralafrika zu beziehen. Der UNO liegen nach eigenen Angaben jedoch Dokumente vor, nach denen H.C. Starck von der congolesischen Firma Eagle Wings weiterhin das Mineral Coltan bezieht und somit die Kriegswirtschaft im Kongo am Leben erhält.

Der verheerende Bürgerkrieg tötet seit Jahren Menschen und vernichtet großflächig Regenwald-Gebiete. Auch ein anderer Punkt ist zwischen UNO und H.C. Starck umstritten. Die Bayer-Tochter hatte vor einiger Zeit öffentlich beteuert, in der Vergangenheit lediglich mit Partnern kooperiert zu haben, die „keine Abgaben an Rebellenorganisationen leisten oder geleistet haben oder in anderer Form mit diesen kooperieren.“ Laut UNO ist die Aussage falsch. H.C. Starck bestreitet die Vorwürfe und schreibt auf Anfrage von Rettet den Regenwald: „Wir haben zu keiner Zeit Kontakt zu der Firma Eagle Wings gehabt.“ Starck beziehe schon seit Sommer 2001 keine Rohstoffe mehr aus Zentralafrika und habe niemals mit Rebellenorganisationen zusammen gearbeitet.

Die UNO kommt dagegen zu dem Schluss, es gebe in der Demokratischen Republik Congo (DRC) überhaupt keinen Coltanverkauf, von dem nicht Rebellengruppen oder Armeen der Nachbarstaaten profitierten. Nach Angaben der UNO wird der Krieg im Kongo wegen des „Zugangs zu und der Kontrolle von fünf Rohstoffen, darunter Coltan“ geführt. Die ruandische Armee und eine von Ruanda unterstützte Rebellengruppen finanzieren sich weitgehend mit dem Verkauf von Coltan. Beim Abbau des vor allem in der Kommunikationsbranche benötigten Edelmetalls werden einzigartige Regenwälder zerstört. Gleichzeitig ernähren sich viele Coltan- Sucher von gewilderten Tieren, darunter viele, die von Ausrottung bedroht sind wie etwa die Menschenaffen.

In einem weiteren von der UNO untersuchten Fall bezog die thailändische Niederlassung von Starck falsch deklariertes Coltan, das laut UNO aus Ruanda stammt. Nach Angaben der UNO war Starck die Herkunft des Materials bekannt. Somit verstoße die Firma gegen international verbindliche Richtlinien für multinationale Konzerne. Die UNO-Experten empfehlen dem Weltsicherheitsrat, „restriktive Maßnahmen“ gegen Firmen zu ergreifen, die an der „Plünderung der Ressourcen“ des Kongos beteiligt seien. Starck bestreitet auch diesen Vorwurf: Die strittige Lieferung stamme aus Mozambique. H.C. Starck ist Weltmarktführer für das in Coltan enthaltene Metall Tantal.

Bereits in der Vergangenheit hatte das Unternehmen nach Angaben der Coordination gegen BAYER- Gefahren (CBG) die Unwahrheit gesagt. So äußerten Unternehmenssprecher gegenüber der Presse, erst Mitte 2001 auf die Problematik aufmerksam geworden zu sein. Die CBG hatte aber bereits im Jahr 2000 in einem Brief an das Unternehmen gefordert, wegen der Finanzierung von Kriegsparteien den Import aus dem Kongo einzustellen, hierauf jedoch nur eine unverbindliche Antwort erhalten. Eine weitere Spur führt aus dem Kongo nach Kasachstan: Große Teile des in Zentralafrika geschürften Coltans werden an eine Atomfabrik in der ehemaligen Sowjet-Republik geliefert. Ob Starck auch über den Umweg Coltan bezieht, wollte die Firma auf Anfrage von CBG nicht beantworten.

Rettet den Regenwald hatte Bayer schon im April 2001 schriftlich aufgefordert, vorläufig auf den Einsatz von Mineralien aus dem Bürgerkriegsland DRC zu verzichten. Hintergrund war der damals veröffentlichte, erste UN-Bericht zur „illegalen Ausplünderung der natürlichen Ressourcen“ in der DRC. Der UNBericht nannte schon seinerzeit Starck als Bezieher von Kongolesischem Coltan. Die Coltan-Vorkommen sind heftig umkämpft. Die Konfliktparteien versuchen mit aller Gewalt, die Kontrolle über den Abbau der Bodenschätze zu erhalten. In der DRC sind allein in zwei Regenwald-Naturreservaten schätzungsweise 10.000 Coltan-Minenarbeiter illegal aktiv. Die UN-Kommission zum Weltnaturerbe bescheinigt beiden Gebieten einen global einzigartigen Wert. Im Kahuzi-Biega Nationalpark sind innerhalb weniger Jahre die Bestände des Grauer- Gorillas (auch östlicher Flachlandgorilla) von 8.000 auf weniger als 1.000 Tiere zusammengebrochen.

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