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RegenwaldReport 03/2008

Diebesgut Tropenholz

Der illegale Holzeinschlag ist Motor der weltweiten Waldzerstörung. Die kriminellen Machenschaften der internationalen Holzmafia reichen vom Regenwald bis in deutsche Wohnzimmer. Bundesregierung und EU schaffen es nicht, wirksam dagegen vorzugehen.

 

Holzfäller im Regenwald von Kalimantan in IndonesienHolzfäller im Regenwald von Kali-
mantan in Indonesien

Die Hinweisschilder am Rand der Landstraße im Regenwald in Laos sprechen eine deutliche Sprache. „Geschützter Wald, Abholzen unter Strafe verboten“, steht darauf zu lesen. Gewaltige Urwaldbäume und üppig wuchernder Regenwald erwecken den Anschein heiler Welt und effektiven Umweltschutzes. Doch wenige Kilometer weiter ein ganz anderes Bild.

Mitten im Urwald stößt das Filmteam des ARD-Magazins Report auf ein illegales Sägewerk. Berge von geraubten Baumstämmen türmen sich am Wegesrand. Drehen ist nur mit versteckter Kamera möglich. Von hier werden die Holzstämme auf Sattelschleppern verladen zur Grenze nach Vietnam gekarrt. Deren Export aus Laos ist zwar gesetzlich verboten, doch das Grenzpersonal stört sich daran nicht. Report filmt die lange Schlange der Holzlaster, die sich am hellichten Tag vor der Zollabfertigung staut. Korruption pur.

Ein Lastwagenfahrer nennt den Journalisten die Namen der Möbelfabriken in Vietnam, der nächsten Station des Holzes. Die Firma Truong Lam in der Hafenstadt Qui Nhon gehört dazu. Ein Arbeiter plaudert die Firmeninterna aus. Zehn Container pro Monat liefert Truong Lam nach Deutschland und eine Verdopplung ist geplant. Die Firma hat sogar das Ökosiegel des Forest Stewardship Council (FSC) für nachhaltige Waldbewirtschaftung, in doppelter Betrug. Auf der Kölner Gartenmöbelmesse, der letzten Station des Berichts, werden die Möbel an den Großhandel verhökert. Über diesen gelangt die Hehlerware dann in die privaten Haushalte. Der Handel mit dem gestohlenen Holz floriert weltweit. Fünfzehn Millionen Hektar Wald fallen pro Jahr den Motorsägen illegaler Holzfäller zum Opfer, eine Fläche, mehr als dreimal so groß wie die Schweiz. Der gesetzeswidrige Holzkommerz hat mengenmäßig ein Volumen von 350 und 650 Millionen Kubikmetern. Nach Angaben der Hamburger Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft (BFH) beträgt dessen Anteil in wichtigen Exportländern wie Laos 30 %, Kamerun 50 %, Brasilien und Indonesien über 70 % sowie in Kambodscha gar über 90 %.

Astronomische Schäden

Ganze Schiffsladungen von Raubbauholz kommen tagtäglich in den europäischen Häfen an. Von den 83 Millionen Kubikmetern Holz, die 2005 in die Gemeinschaft importiert worden sind, stammte nach Angaben der EU-Kommission rund ein Fünftel aus illegalen Quellen. Das Diebesgut der Holzmafia geht unbehelligt über die Ladentische von Baumärkten und Einrichtungshäusern, weil dessen Import und Verkauf gesetzlich NICHT verboten ist. Über die Mehrwertsteuer auf der Rechnung verdient der eimische Fiskus sogar daran mit, während den Entwicklungsländern nach Angaben der Weltbank jährliche Wert- und Einnahmeverluste von elf Milliarden Euro entstünden. Dabei kostet nach dem Ökonomen Pavan Sukhdev die Abholzung der Wälder die Weltwirtschaft deutlich mehr als die aktuelle globale Finanzkrise, und zwar nicht nur einmalig, sondern jedes Jahr. Sukhdev ist Leiter der von der EU-Kommission finanzierten Studie „Die Ökonomie der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt“ (TEEB) und beziffert allein die jährlichen Verluste durch Waldrodung für die Menschheit auf eineinhalb bis dreieinhalb Billionen Euro.

EU-Aktionsplan ist ein Papiertiger

Seit Jahren können sich weder Bundesregierung noch EU auf wirksame Gesetze gegen die internationale Holzmafia einigen. Stattdessen wird abgewiegelt und sich gegenseitig die Schuld zugewiesen. Jochen Flasbarth, Abteilungsleiter für Naturschutz im Bundesumweltministerium, klagt gegenüber Report an: „Die EU hat uns das nicht gestattet, ein solches Gesetz zu machen.“ Ein massiver Vorwurf. Michael Mann von der EU-Kommission kontert: „Wir haben das inoffiziell von Deutschland bekommen. Wir haben das ein bisschen diskutiert und das ist nie offiziell nach Brüssel geschickt worden. Es gab nicht ein Nein.“ Deutschland hätte ein Gesetz machen können, hat es aber nicht.

Mitte Oktober verkündete EU-Umweltkommissar Stavros Dimas in Brüssel das seit Langem erwartete „Aktionspaket“ gegen Waldzerstörung und Hehlerei mit geraubtem Holz. „Wir machen die Holzhändler direkt dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass ihre Ware aus legal bewirtschafteten Wäldern stammt“, erklärt Dimas. Doch anstatt den Import und Handel von illegalem Holz endlich zu verbieten und unter Strafe zu stellen, legt er den Holzhändlern lediglich auf, „ausreichend Garantien zu suchen, dass das Holz und die Holzprodukte, die diese verkaufen, nach den jeweiligen relevanten Gesetzen des Ursprungslands geerntet wurden“. Die butterweiche Gesetzesvorlage trägt die Handschrift der Holzindustrie. Wie die Vorschriften umgesetzt und wie Verstöße geahndet werden, will die Kommission den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen. Es droht ein Chaos von unterschiedlichen Regeln von Land zu Land, was angesichts des EU-Binnenmarkts keine sinnvolle Maßnahme ist.

Deutsches Urwaldschutzgesetz gescheitert

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel kritisierte die Brüsseler Vorschläge zum Waldschutz als bei Weitem nicht ausreichend. „Wenn wir das gigantische Problem des illegalen Holzeinschlages wirklich lösen wollen, dann muss der Verordnungsentwurf komplett überarbeitet werden“, so der Minister. Die Bundesregierung rühmt sich zwar gerne als Vorreiter beim Regenwaldschutz, doch bereits in 2006 war der Vorschlag für ein deutsches Urwaldschutzgesetz im Bundestag gescheitert. Vor allem die Industrie und auf Bundesebene der Gesamtverband Deutscher Holzhandel (GD Holz) sollen sich gegen die Regelungen gestemmt haben, weil zusätzliche Kosten und bürokratischer Aufwand befürchtet wurden. Ausgerechnet die sonst als Umweltsünder gebrandmarkten USA haben im Mai 2008 mit dem „New Lacey Act“ den Import und Handel einschließlich dem Besitz von illegalem Holz verboten und unter Strafe gestellt. Davon sind Deutschland und EU weit entfernt. So werden auch künftig die schwunghaften Geschäfte mit illegalem Holz völlig legal weitergehen. Umwelt und Klima stehen derweil vor dem globalen Kollaps. Die Regenwälder und die dort lebenden Indigenen sowie bedrohten Tiere und Pflanzen sterben immer schneller aus. Bereits jetzt stammen mindestens zwanzig Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen aus der Waldrodung und Länder wie Indonesien und Brasilien stehen deshalb an dritter und vierter Stelle der Klimasünder. Rettet den Regenwald rät dringend ab vom Kauf von Tropenholz und -produkten, insbesondere Gartenmöbeln, Fenstern sowie Bodendielen und Parkett. Der Verein fordert zum Schutz und Erhalt der verbliebenen Regenwälder ein sofortiges EU-weites Verbot des Imports und Handels mit illegalen Hölzern und Holzprodukten.

Bitte beteiligen Sie sich! Sammeln Sie Unterschriften für die nachfolgende an den EU-Präsidenten José Manuel Barroso gerichtete Protestaktion von Rettet den Regenwald. Link zur Unterschriftenliste (PDF):
http://www.regenwald.org/pdf/illegales_holz_uliste.pdf

Der Reportbericht kann als Internetvideo angesehen werden unter: http://www.regenwald.org/video

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