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RegenwaldReport 02/1999

Palmöl: Abfackeln fürs Frühstück

Pflanzliche Rohstoffe liegen voll im Trend. Viele namhafte Firmen wie Unilever, Nestle und Henkel importieren große Mengen Palmöl für die Herstellung von Lebensmitteln sowie als Zusatz für Wasch- und Reinigungsmittel.

Die Verwendung natürlicher, nachwachsender Rohstoffe im industriellen Maßstab hat ihren Preis. Was für die Umwelt in Deutschland gut ist, hat in anderen Teilen der Welt katastrophale Auswirkungen: Wegen der wachsenden Nachfrage nach Palmöl werden die Regenwälder Südostasiens gezielt in Brand gesteckt und zerstört. Die ursprünglich aus West- und Zentralafrika stammende Ölpalme (Elaeis guineensis) wird bereits seit Anfang des Jahrhunderts auf Plantagen in Südostasien angebaut.

Bisher ist Malaysia der größte Produzent und Exporteur von Palmöl. Aber das soll sich jetzt ändern: Zur Realisierung ehrgeiziger Wirtschaftsziele vergibt die indonesische Regierung für Millionen Hektar Wald Konzessionen zur Umwandlung in Palmölplantagen. Auf diese Weise soll Indonesien innerhalb weniger Jahre zum weltgrößten Palmölproduzenten vorrücken. Die indonesische Regierung und der Internationale Währungsfonds (IWF) sehen in der Ausweitung des exportorientierten Agrarsektors einen Ausweg zur Überwindung der wirtschaftlichen Krise. Mit Milliardenkrediten des IWF soll die Landwirtschaft des Landes umstrukturiert werden. Den Vorteil daraus ziehen in erster Linie in- und ausländische Industriekonzerne. Das Palmölgeschäft in Indonesien befindet sich weitgehend in den Händen großer Industrieunternehmen. Die Plantagen werden von vier heimischen Wirtschaftskartellen dominiert. In den Händen von nur fünf Firmengruppen konzentriert sich die Palmölraffinierung.

Doch was das Selbstbewusstsein der politischen Führung des Landes stärkt und für die Kassen der großen Konzerne Riesengewinne erwarten lässt, ist für die Natur eine ökologische und für die Mehrheit der Bevölkerung eine soziale Katastrophe. Die Plantagenbesitzer gehen zur Anlage neuer Ölpalmplantagen extrem skrupellos und umweltzerstörerisch vor. Proteste der Bevölkerung werden ignoriert, die uralten Landrechte traditioneller Völker nicht anerkannt. Die für die Plantagen vorgesehenen Landflächen werden mit Hilfe des Militärs und der lokalen Behörden enteignet, die Bewohner mit Gewalt vertrieben. Wer sich dagegen wehrt, wird verhaftet, zusammengeschlagen oder erschossen.

Feuer schafft Platz für Plantagen

In der Trockenzeit werden die Regenwälder brandgerodet. Für die Plantagenfrmen ist das die billigste und schnellste Methode der Landgewinnung. In trockenen Jahren gehen dabei leicht die Wälder ganzer Landstriche unkontrolliert in Flammen auf. In den verheerenden Waldbränden, die 1997 und 1998 in Indonesien wüteten, verbrannten fünf Millionen Hektar Regenwald (das entspricht der Fläche Niedersachsens). Mindestens 19 Schutzgebiete wurden ein Raub der Flammen. Millionen von Tieren verbrannten qualvoll, und bedrohte Tierarten wie der Orang Utan verloren ihre Lebensräume. Dichter Rauch verdunkelte noch Hunderte von Kilometern entfernt den Himmel. Beißender Qualm beeinträchtigte über Monate das Leben der Bevölkerung in weiten Teilen Südostasiens. Schwere Atemwegserkrankungen bei vielen Menschen waren die Folge. Der dichte Smog verursachte Flugzeugabstürze und Schiffsunglücke, das Tourismusgeschäft wurde ruiniert. Allein in Indonesien betrugen die durch die Feuer verursachten Schäden sieben Milliarden Mark. In über 80% der Fälle wurden die Feuer von den Plantagenfirmen gelegt und gezielt zur Schaffung neuer Plantagenflächen eingesetzt.

Mitte 1997 gerieten die Brände völlig außer Kontrolle. Satellitenaufnahmen beweisen, dass trotzdem weitere Brände gelegt wurden. Waldbrände sind kein neues Problem. In der Vergangenheit kam es wiederholt zu großen Feuerkatastrophen. So verbrannten 1983 dreieinhalb Millionen Hektar Wald, und auch 1993/94 wurden ähnlich verheerende Feuer gelegt. Entwicklungsvorhaben wie das seit Jahren in Indonesien bestehende Projekt des „integrierten Feuermanagements" der „Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit" (GTZ) konnten die Feuer nicht stoppen. Sie setzten bei den Folgen an. Die Ursachen, der Sumpf aus Korruption und grenzenloser Profitgier, bleiben unbekämpft.

Und so geht die Strategie der Plantagenfirmen auf: Sind die Wälder erst einmal verbrannt, entfallen alle Argumente für deren Schutz und Erhaltung. Sogar die verbrannten Waldflächen von Schutzgebieten können gleich mit in die Plantagen einbezogen werden. Zwar entzog die indonesische Regierung nach internationalen Protesten einigen Unternehmen kurzfristig die Konzessionen, aber mittlerweile wurde diese Massnahme wieder aufgehoben. Wo vor kurzer Zeit noch Orang Utans durch die Bäume kletterten und Tausende von Tier- und Pflanzenarten im Regenwald lebten, erstrecken sich schon bald nach der Brandrodung eintönige industrielle Monokulturen - eine biologische Wüste.

Palmölplantagen sind - wie alle Monokulturen - besonders anfällig gegen Schädlingsbefall. Damit die Palmen schnell und ohne Verluste durch Schädlinge wachsen, werden große Mengen hochgiftiger, in Europa oft längst verbotener Pestizide auf den Plantagen ausgebracht. Ahnungslos und in der Regel ohne jegliche Schutzausrüstung verteilen die Plantagenarbeiter die Pestizide in den Pflanzungen. Kinder spielen zwischen Chemiekalienbehältern und den Rückständen des Gifteinsatzes. Vergiftungen und schwere Gesundheitsschäden der Bevölkerung sind entsprechend an der Tagesordnung. Über die Flüsse und das Grundwasser verteilen sich die Substanzen im ganzen Ökosystem. Selbst an den Flussmündungen sterben die Fisch- und Garnelenbestände, die dort lebenden Fischer verlieren ihre Erwerbsquelle.

Der Teufelskreis der Waldrodung

Dass die Waldbrände derart katastrophale Ausmaße annehmen konnten, hängt eng mit dem Holzeinschlag in den Regenwäldern zusammen. In unberührten tropischen Regenwäldern können sich selbst in der Trockenzeit kaum Brände entwickeln. Die Regenwälder sind ein natürlicher Wasserspeicher. Große Wassermengen sind wie in einem Schwamm in den Pflanzen des Regenwaldes und in dem durch die Vegetation geschützten Boden gespeichert. Die aus den Wäldern aufsteigende Feuchtigkeit führt zur Wolkenbildung und in Folge zu Regen. Intakte Regenwälder produzieren so etwa 50-75% der Regenfälle selbst.

Die Regenwaldrodung durch den Menschen unterbricht diesen Kreislauf. Das Wasser aus den Regenfällen fliesst schnell ab und geht dem System verloren. Anhaltende Trockenheit ist die Folge. Die Feuer greifen vor allem auf Wälder über, in denen die Regenwaldstruktur durch den Holzeinschlag bereits gestört wurde. Große Lücken im Kronendach lassen den Waldboden schnell austrocknen. Da die Hälfte Forstwirtschaft lohnt sich nicht mehr nach Fällung der Urwaldriesen des geschlagenen Holzes als Abfall im Wald liegenbleibt, finden Waldbrände reichlich Nahrung. Im Torf unter dem Urwaldboden können die Brände sogar jahrelang unterirdisch weiterschwelen.

Selbst das verspätete Eintreten der Regenzeit und die 1997/98 nur spärlichen Niederschläge sind zu einem erheblichen Teil ein vom Menschen verursachtes Problem. Normalerweise erlöschen die Waldbrände mit Beginn der Regenzeit. Doch die als Folge des El-Nifio-Effekts länger als gewöhnlich anhaltende Trockenheit verschärfte die Lage.

Als Ursache des in immer kürzeren Abständen auftretenden El-Nino-Effekts gilt wiederum die globale Erderwärmung in Folge des Treibhauseffekts. Mit dem Ende der Regenzeit ist zu befürchten, dass schon bald wieder die ersten großen Brände im Regenwald aufflackern. Und damit nicht genug: Von anderen gigantischen industriellen Agrarprojekten droht weitere Gefahr. Indonesien plant, der weltgrößte Papierproduzent zu werden. Mit der Anlage von riesigen Eukalyptus- und Akazien-Monokulturen sollen die geplanten 56 Papierfabriken des Landes versorgt werden, die teilweise schon im Bau sind.

Wie sind die Brände zu stoppen?

Die Lösung dieser Katastrophe liegt bei der indonesischen Regierung. Die Brände sind von Menschen gelegt, die Täter und ihre Hintermänner bekannt. Ein energisches Vorgehen gegen die Brandstifter, deren strafrechtliche Verfolgung und der dauerhafte Entzug der Konzessionen würden dem Wahnsinn schnell ein Ende bereiten. Deutschland spielt als immerhin fünftgrösster Importeur (1997) von Palmöl eine wichtige Rolle im Palmölhandel. Etwa die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Palmöls kommt aus Indonesien. Palmöl hat einen Anteil von etwa 25% am Gesamtverbrauch aller Pflanzenöle in Deutschland. Hauptabnehmer von Palmöl ist die Lebensmittelindustrie und hier besonders die Margarine und Speiseölhersteller.

Die Industriekonzerne müssen in die Verantwortung für den Schutz der Regenwälder genommen werden. Bei ihren Lieferanten müssen sie eine umweltverträgliche Erzeugung des Palmöls durchsetzen. Weiterhin muss die Industrie aufhören, ihre Rolle bei der Regenwaldzerstörung herunterzuspielen, und endlich genaue Zahlen veröffentlichen. Die Verbraucher können durch einen Verzicht auf Palmölprodukte Druck auf die Industriekonzerne ausüben. In Lebensmitteln ist Palmöl vor allem in Margarine, Speiseölen und Frittierfetten enthalten, aber auch in Süßspeisen, Eiscreme, Suppen und Soßen. Weitere Einsatzgebiete sind unter anderem Schmierstoffe, Waschmittel und Seifen bis hin zu Kerzen und Kosmetika.

Viele Produkte enthalten zwar Palmöl, dieses ist aber meist nicht unter den Zutaten oder Inhaltsstoffen auf den Verpackungen aufgeführt. Rettet den Regenwald gegenüber bestätigte die zum Unileverkonzern gehörende Union Deutsche Lebensmittelwerke, dass die Produkte Rama, Sanella und Biskin Palmöl enthalten können. Wer sicher gehen will, der verzichtet besser auf diese Produkte.

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