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RegenwaldReport 03/2000

Denkt an den Wald, vergesst den Forst!

Nur wenn sich die Tropenwaldpolitik grundsätzlich ändern, haben die Wälder noch eine Chance.

In fast allen Waldgebieten der Erde haben sich lokale und manchmal überregionale Bündnisse gegründet, die sich gegen staatliche und private Grossprojekte und die damit verbundenen „Entwicklungsstrategien auflehnen. Auch die staatliche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) der Bundesrepublik ist wegen ihrer negativen Auswirkungen auf die verbliebenen Naturwälder und lokale Bevölkerungsgruppen immer wieder in die Kritik geraten. Rettet den Regenwald fordert daher mit anderen Organisationen schon lange, die Tropenwaldpolitik grundlegend zu ändern. Denn die seit Jahren von Holzkonzernen und Politikern als „nachhaltig" bezeichnete Tropenwaldnutzung hat an der Zerstörung nichts geändert. Oberstes Ziel muss künftig sein, statt der bisher geförderten Forst- eine Waldwirtschaft zu etablieren. Mit wenigen Ausnahmen steht im Rahmen der EZ bisher die forstwirtschaftliche Nutzung der Wälder im Vordergrund. Die Holzernte ist jedoch nur eine von vielen Formen der wirtschaftlichen Nutzung von Wäldern. Die nachhaltige Nutzung sogenannter „sekundärer" Waldprodukte wie Kautschuk, Öle, Harze oder Farbstoffe schafft nicht nur bessere Voraussetzungen für eine ökologische angepasste Nutzung - sie kommt auch eher der lokalen Bevölkerung zu Gute. Rettet den Regenwald fordert daher von der EZ, nicht weiter einseitig den Ausbau forstwirtschaftlicher Behörden und Nutzungskonzepte zu fördern, sondern stärker traditionelle Bewirtschaftungssysteme lokaler Nutzergruppen zu unterstützen und ihnen zur politischen Anerkennung zu verhelfen. Dazu gehört die Einrichtung und rechtliche Absicherung von „Extractive Reserves" als schonende Form der Waldnutzung: Schutzgebiete also, in denen ausschliesslich eine nachhaltige Nutzung der vielen Waldprodukte durch die lokale Bevölkerung erlaubt ist, einschliesslich einer behutsamen Holzernte für den Eigenbedarf und die regionalen Märkte. Um von einer Forst- zu einer Waldwirtschaft zu kommen, muss nicht nur die deutsche EZ grundlegend reformiert werden. Hauptforderungen an eine neue EZ sind: • Die Entwicklung von verbindlichen, kontrollierbaren ökologischen und sozialen Mindeststandards, wie sie zum Beispiel von der Weltbank entwickelt wurden. • die partnerschaftliche Beteiligung der lokalen Bevölkerung bei der Projektplanung und während einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). • „Glasnost" in der EZ durch eine neue Informationspolitik, bei der NGOs, lokale Gemeinschaften und unabhängige Experten Einsicht in UVPs und andere zentrale Planungsdokumente erhalten. • Etablierung eines Mechanismus, der die Einhaltung der Mindeststandards für die betroffene Bevölkerung einklagbar macht, beispielsweise durch Einrichtung einer Ombudsstelle im BMZ, die Beschwerden lokaler Bevölkerungsgruppen entgegennimmt, überprüft und nach Lösungen sucht. • Die Einführung von ökologischen, sozialen und entwicklungspolitischen Mindeststandards für den gesamten Bereich der Aussenwirtschaftsförderung (Exportkredite, Kapitalanlagegarantien, Hermesbürgschaften). Unterm Strich hat die internationale EZ in ihrem Bemühen versagt, die Dynamik der Waldzerstörung zu verlangsamen oder gar aufzuhalten. Dies ist unter anderem Folge einer unzureichenden Ursachenanalyse. Gerade in den Tropen liegen wichtige Ursachen der Waldzerstörung und -degradierung ausserhalb der Waldgebiete (zum Beispiel fehlgeleitete Agrarpolitik, kontraproduktive Landrechtsgesetzgebung und korrupte Staatsapparate). Daher darf künftig der Schwerpunkt der deutschen Tropenwald-EZ nicht weiter im Bereich forstwirtschaftlicher Massnahmen liegen. Vielmehr muss die Tropenwald-EZ die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen der armen Bevölkerung auch ausserhalb der Wälder nachhaltig verbessern, um sie beispielsweise von Brandrodung abzuhalten. Gleichzeitig fordert Rettet den Regenwald, die kriminellen Waldzerstörer vor Gericht zu stellen. Dazu müssen die Holzimportländer Gesetze schaffen, die es möglich machen, illegale Praktiken auch in den Heimatländern der Konzerne zu bestrafen. Zusätzlich müssen die Waldvölker im Kampf gegen ihre eigenen korrupten Regierungen und Behörden unterstützt werden. Allerdings sind für die weltweite Waldzerstörung nicht allein Holzkonzerne und bestechliche Politiker verantwortlich. Auch das Konsumentenverhalten schafft einen zusätzlichen Anreiz, die Wälder zu plündern oder sie in Agrarwüsten zu verwandeln. Verzicht auf Tropenholz aus Raubbau und Fleisch aus den Regenwaldländern rettet Wälder. Genauso wie eine Reduzierung unseres Papier- und Energieverbrauchs. Wer Steaks oder Eier aus Massentierhaltung konsumiert, verspeist den Amazonas gleich mit. Dort frisst sich der Sojaanbau immer weiter in die Regenwälder. Sojaschrot ist das wichtigste Futtermittel in Turbomastbetrieben. Nur wer heute auf regenwaldzerstörende Produkte verzichtet, kann morgen noch die Faszination der Urwälder erleben.

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