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RegenwaldReport 02/2003

Ecuador: Turbulenzen erschüttern das schmierige Geschäft

Demonstrationen, Klagen und Gutachten machen den Betreibergesellschaften der Pipeline und den Banken zu schaffen

Nach Informationen des TV-Senders Ecuavisa gibt es einen neuen Rückschlag für die WestLB-Pipeline. Danach sieht das Ölkonsortium OCP, das die Pipeline baut und betreiben will, keine technische Möglichkeit, die Trasse über die steilen Berggrate in Guarumos und El Campanario nahe Mindo zu führen. In Guarumos haben lokale Umweltgruppen mit Geldern von Rettet den Regenwald ein Sperrgrundstück gekauft, mit dem dort die Pipeline verhindert werden soll. Nach den Informationen von Ecuavisa will OCP die Rohre nun durch ein Tal verlegen.

Heike Brieschke berichtete im März aus Ecuador, die Umweltgruppen in Mindo hätten jetzt die rechtliche Bestätigung bekommen, dass OCP unerlaubt auf dem Sperrgrundstück gebaut hat. Die in Mindo lebende Ornithologin aus Bonn kämpft seit über zwei Jahren gegen das Ölprojekt. Ecuadors Regierung hat inzwischen den Baustopp für die WestLB-Pipeline nahe Mindo wieder aufgehoben, der im Januar verhängt worden war, nachdem die Baufirma gegen Umweltauflagen verstoßen hatte. Diese muss allerdings die Schäden beseitigen, die sie angerichtet hat. Dazu gehört die Aufforstung eines Waldgebietes, in dem die Baufirma ungesetzlich Bäume gefällt hatte und die Säuberung eines durch die Firma verschmutzten Flusses.

Ivan Murillo, Staatssekretär im Umweltministerium teilte weiter mit, die Regierung werde von den Pipelinebetreibern Schadensersatz für die Zerstörung lokaler Naturschutzgebiete verlangen. Eine Expertengruppe des Ministeriums soll zudem prüfen, ob gegen lokale Forstgesetze verstoßen wurde. Ecuadors neuer Präsident Lucia Gutierrez hat unterdessen angekündigt, der Bau der Pipeline werde sich verzögern und erst zwischen Juli und September 2003 abgeschlossen sein. Ursprünglich war eine Inbetriebnahme für kommenden Juni geplant. Weiter teilte der Präsident mit, 70 Prozent der Einnahmen aus dem zusätzlichen Ölgeschäft würden in den Schuldendienst wandern, 20 Prozent würden in einen Fonds gezahlt für den Fall sinkender Rohölpreise und 10 Prozent würden für soziale Programme verwendet.

Lucia Gutierrez ist seit Januar 2003 im Amt und war vor allem mit den Stimmen der Indigenen und Kleinbauern gewählt worden, die sich von ihm auch eine neue Ölpolitik versprochen haben. Kürzlich hatte Gutierrez auf Reisen nach Spanien und in die USA allerdings ausdrücklich internationale Konzerne eingeladen im Erdölsektor in Ecuador zu investieren. Gleichzeitig stellte er sich demonstrativ an die Seite der USA, sein konservativer Wirtschaftsminister fährt bisher den alten Kurs gegenüber IWF und Weltbank weiter. Das Programm zur Umschuldung „Schuldenerlass gegen Regenwaldschutz“ ist demnach in weite Ferne gerückt. Deswegen ist es zu einem rasanten Popularitätsschwund von Presidente Gutierrez vor allem bei der armen Bevölkerung gekommen. Unter den indigenen Gruppen, die Gutierrez bisher unterstützt haben, wird inzwischen gestritten, ob eine weitere Zusammenarbeit mit dem Präsidenten sinnvoll erscheint.

Die Einladung an internationale Ölkonzerne, in Ecuador zu investieren, bedroht einzigartige Regenwälder, darunter den Yasuni-Nationalpark im Amazonas. Zwei Partnerorganisationen von Rettet den Regenwald, Amazon Watch (USA) und Acción Ecologica (Ecuador), haben die Pläne der ecuadorianischen Regierung scharf kritisiert, wonach internationale Ölkonzerne in die Ölausbeutung im Yasuni-Nationalpark investieren sollen. 1989 war er von den Vereinten Nationen zum Biosphären-Reservat erklärt worden, weil er Heimat von weltweit einzigartigen Vogel- und Baumarten ist. Gleichzeitig ist der Yasuni-Nationalpark der Lebensraum des indigenen Volkes Huaorani, die gegen eine Ölförderung in ihrem Gebiet kämpfen. Auseinandersetzungen zwischen den Ureinwohnern und Ölkonzernen gehören im ecuadorianischen Amazonas mittlerweile zum Alltag.

ChevronTexaco hatte dort vor 30 Jahren mit der Ölförderung begonnen und rund 350 hochgiftige Altlasten im Urwald zurückgelassen. Die von den Ölkonzernen praktizierte Politik der verbrannten Erde wirkt sich bis heute aus. Wegen der Erfahrungen aus der Vergangenheit spitzt sich der Konflikt mit Indigenen derzeit dramatisch zu. Die argentinische Ölfirma CGC hat ihre Ölexploration im ecuadorianischen Amazonasdschungel abgebrochen und gedroht, wegen ständiger Auseinandersetzungen mit indigenen Waldbewohnern das Land zu verlassen. Im Ölblock 23 etwa 200 Kilometer südöstlich von Quito besitzt CGC seit 1996 eine Konzession. Dort hatten kürzlich Indigene CGCAngestellte gekidnappt und später der Polizei übergeben. Die Ureinwohner sehen in den Ölaktivitäten von CGC eine Bedrohung ihrer traditionellen Lebensräume.

Der argentinische Ölkonzern verlangte jetzt von der Regierung Sicherheitsgarantien und einen ausreichenden Schutz für seine Angestellten. Andernfalls werde man sich komplett aus Ecuador zurück ziehen. Was von dem Unternehmen als Drohung gemeint ist, feiern die betroffenen Indigenen als großen Sieg. Vor einigen Wochen berichtete die Zeitung EL COMERCIO über eine Gruppe von Indigenen in der Gemeinde Sarayacu, die sich für die Bohruntersuchungen und Erdölförderung aussprechen und sich daher in einer Auseinandersetzung mit der Mehrheit der Gemeinde befindet. Laut EL COMMERCIO benutzen die Erdölkonzerne fast immer die Strategie, einige Leute zu kaufen und dann zu behaupten, die Indigenen seien selbst für die Erdölförderung in ihrer Heimat. Unterdessen verliert die WestLBPipeline schon vor ihrer Fertigstellung Öl.

Im März berichtete die ecuadorianische Zeitung EL HOY, dass in der Stadt Lago Agrio (Sucumbios) am OCP-Terminal Amazonas 60 Barrel Öl ausgelaufen sind. Das Öl sei ausgetreten, als Techniker die Funktionstüchtigkeit der Pumpstation ausprobierten. Es wurde laut OCP-Sprecher Miguel Aleman vergessen ein Ventil zu schließen. „200 Familien sind nun von der Trinkwasserversorgung abgetrennt und möchten protestieren und offiziell Klage gegen OCP einreichen“, schreibt die Zeitung. Die Menschen hätten Angst davor, was passieren werde, wenn demnächst täglich Öl durch die Pipeline gepumpt werde.

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