Regenwald Report 02/2005 Weltbankkredit für Landräuber
Weltbanktochter finanziert in Brasilien Unternehmen, das indigenen Völkern Land gestohlen hat. Rettet den Regenwald fordert die Rücknahme
Der Regenwald Report ist kostenlos und erscheint vierteljährlich, er enthält aktuelle Berichte über Projekte und AktionenEine Zustellung per Post ist nur innerhalb Deutschlands möglich.
Im Februar 2005 versammelten sich rund 350 Indigene in dem Dorf Comboios im brasilianischen Bundesstaat Bahia. Einziger Tagesordnungspunkt: Eine neue Eukalyptus-Zellstofffabrik von Aracruz, für die die Weltbanktochter IFC Ende 2004 einen Kredit in Höhe von 50 Millionen US Dollar bewilligt hatte – angeblich, weil das Unternehmen vorbildlich sei. 40 Jahre, so berichten indigene Vertreter, hätten sie sehr gut gelebt. „Wie haben gejagd, gefischt, Bienen gezüchtet und Korn und Maniok angepflanzt. Wir waren unabhängig und frei.” Seit Aracruz Celulose auftauchte, hätten sie ihr Land, ihre Wälder und ihre Flüsse verloren. „Wir sind immer ärmer geworden und heute Gefangene des Ararcruz-Projektes.” Die Eukalyptus-Zellstofffabrik von Aracruz hat eine Produktionskapazität von 900.000 Tonnen pro Jahr, die Inbetriebnahme ist für Mitte 2005 vorgesehen. 70.000 Hektar Eukalyptusplantagen gehören zu dem Projekt. 1979 hatten die indigenen Gemeinden der Tupinikim and Guarani in Bahia begonnen, für ihre Landrechte zu kämpfen, die ihnen laut Verfassung zustehen. 1997 bescheinigte die brasilianische Indianerbehörde Funai, dass den beiden Stämmen gut 18.000 Hektar Land gehören würden. Bis heute wurde davon nur ein Teil übergeben. Etwa 11.000 Hektar befinden sich noch immer im Besitz von Aracruz Celulose. 1998 hatte Aracruz Celulose Druck auf die Regierung des Bundesstaates ausgeübt und erreicht, dass die Justizbehörden das indigene Gebiet auf gut 7.000 Hektar reduzierten. Proteste dagegen wurden von der Polizei mit Gewalt aufgelöst. Anschließend wurden die Tupinikim und Guarani genötigt, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, die es Aracruz erlaubt das indigene Land noch 20 Jahre nutzen zu dürfen wenn einige soziale Projekte durchgeführt werden. Mit diesem Kredit verstößt die Weltbank eindeutig gegen ihre eigene Indigenen-Richtlinie und finanziert ein Unternehmen, das angeblich sozial und ökologisch vorbildlich arbeitet, tatsächlich aber die Rechte der Einheimischen mit Füßen tritt. Im März 2005 hat eine Koalition aus internationalen Umwelt- und Menschenrechtsgruppen einen Protestbrief an den Weltbankpräsidenten geschickt. Während der IFC argumentiert, Aracruz habe eine wichtige wirtschaftliche Funktion für die Region, legten die Nichtregierungsorganisationen das soziale und ökologische Sündenregister des Unternehmens vor. In der Vergangenheit hatte Aracruzunter unter anderem für die Anlage von Eykalyptusplantagen bereits 50.000 Hektar Atlantischen Regenwald zerstört und Agrargifte eingesetzt, die die Flüsse vergiftet haben. Gemeinsam mit anderen Organisationen fordert Rettet den Regenwald vom IFC, den bewilligten Kredit zurück zu nehmen und stattdessen in Bahia in eine nachhaltige Entwicklung zu investieren.
Weitere Artikel dieser Ausgabe
Mord an Schwester Dorothy Stang
Der Tod der Nonne Dorothy Stang traf Brasilien wie ein Schock. Seit 1988 der Gummizapfer Chico Mendes ermordet wurde, hat sich in Amazonien wenig geändert – weil die Regierung die unklaren Eigentumsverhältnisse nicht regelt
Land hat mehr Wert als ein Menschenleben
Nachruf auf Dorothy Stang Von Gustav und Anna Maria Krammer
Vom Trendsetter zum Bremsklotz
Weltbanktochter IFC will Umwelt- und Sozialstandards abschwächen, obwohl genau das Gegenteil erforderlich wäre, wie viele Umweltorganisationen meinen
Weltbankdollars für den Sojakönig
Mangelnde staatliche Präsenz, unzureichender Vollzug der bestehenden Gesetze und fehlendes Rechtsbewusstsein haben die ungeordnete und auf kurzfristigen Gewinn orientierte Entwicklung in Amazonien gefördert, nachdem die Militärs vor 40 Jahren mit der Erschließung begonnen haben
Kampagne gegen den Sojaboom
Seit BSE steigt der Bedarf. Sojaschrot ist bei uns mittlerweile das wichtigste eiweißhaltige Futtermittel in der Tiermast, mit dem Millionen Schweine, Rinder, Hähnchen und Puten aufgepäppelt werden. Der US-Konzern Bunge fackelt die Naturlandschaft ab und fällt Bäume um mit dem Brennholz Soja zu trocknen
Dammbruch bei der Weltbank
Weltbank finanziert wieder Megaprojekte wie den umstrittenen Nam Theun-Staudamm in Laos. Deutschland sitzt mit im Boot
Indianergebiet in Brasilien anerkannt
Nach 13 Jahren dauernden Kampagnenarbeit großer Jubel bei Pro Regenwald: Mehr als 15.000 Indianer können in ihrer Heimat bleiben