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Waldgeist - Zeremonie, Guinea-Bissau
Spiritualität spielt in Guinea-Bissau eine wichtige Rolle. Wer Geister im Wald reizt, wird übel bestraft (© Mathias Rittgerott)
Frauen Tanzen in Simboree
Mundharmonika-Spieler beim Festival... (© Mathias Rittgerott)
Jugendliche in Guinea Bissau
... auf dem auch die Jugendlichen fröhlich feiern (© Rettet den Regenwald / Mathias Rittgerott)
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Regenwald Report 02/2025 Der Kankoran Fambondi vertreibt die Holzdiebe

Mithilfe der Kraft der Geister und traditioneller Riten bewahrt das Volk der Mandinka seinen Wald - eine Reportage aus dem Dorf Simboree in Guinea-Bissau.

Der Regenwald Report ist kostenlos und erscheint vierteljährlich, er enthält aktuelle Berichte über Projekte und AktionenEine Zustellung per Post ist nur innerhalb Deutschlands möglich.

Mit zwei Macheten in Händen stürmt der Kankoran Fambondi durch den Wald. Der Geist wirft seinen in Rinde gehüllten Oberkörper vor und zurück, sein Kopf berührt fast den Boden, die Fransen seines Kostüms fliegen wild umher. Der Kankoran Fambondi scheint zornig zu sein. Dabei führt der Dämon Gutes im Schilde: Er beschützt die Mata sagrada. Nur wer den heiligen Wald der Geister schädigt, muss sich vor ihm fürchten.

Im Dorf Simboree, zwei Autostunden von der Hauptstadt Bissau entfernt, leben einige Hundert Menschen vom indigenen Volk der Mandinka. In dem Ort gibt es keinen Strom, Wasser müssen Frauen am Brunnen per Hand pumpen. Die Grundschule ist mit drei Klassenzimmern viel zu klein. Durch Löcher im Dach aus Palmwedeln tropft in der Regenzeit Wasser auf die Schreibhefte der Kinder.

Frauen aus Simboree machen Musik
Frauen aus Simboree musizieren während des Waldfestivals (© Mathias Rittgerott)

Vor zwölf Jahren begannt der Raubzug im Wald von Simboree. Doch nicht die Mandinka plünderten ihn, sondern fremde Holzfäller. Sie schlugen illegal Bäume und schafften wertvolle Palisander-Stämme fort. Die wurden schließlich nach China geschmuggelt und dort zu Möbeln verarbeitet. Ein Millionengeschäft für Kriminelle.

Bis der Kankoran Fambondi dem Spuk ein Ende bereitete.

Spiritualität und Geisterglaube sind in Guinea-Bissau weit verbreitet. Doch das Wissen um den Kankoran Fambondi und wie er helfen kann, die Natur zu schützen, war verschüttet. Bis Lamine Seidi Cani die alten Traditionen zu neuem Leben erweckte. Der 49-Jährige stammt aus Simboree, ist als Bauer dort verwurzelt, wurde zum Umweltschützer und hat in der Hauptstadt die Organisation Nô Recursos („Unsere Ressourcen“) mitbegründet. Als er erfuhr, wie Mönche in Kambodscha Wälder schützen, indem sie sie weihen und Gebetsfahnen an Bäumen befestigen, fühlte er sich an die Tona-Zeremonie seiner Vorfahren erinnert – und erklärte nach alten Riten der Mandinka den Gemeindewald zur Mata sagrada. Seither verteidigt der Kankoran Fambondi den Wald. „Holzfäller lassen sich nicht mehr blicken“, sagt Lamine. Er hofft, dass Simboree zum Wegbereiter für die Rückkehr der Geister in Guinea-Bissau wird. Viele Orte könnten als Mata sagrada geschützt werden.

Geier im Baume, Guinea-Bissau
Geier warten darauf, dass etwas Essbares abfällt (© Mathias Rittgerott)

Ob ein Wald Geister beheimatet, ist dabei für Menschen unsichtbar. Sie verbergen sich im Boden, in Bäumen, in Tieren. Deshalb störe oder reize man etwa Bienen und Schlangen auf keinen Fall. „Wer Geister verärgert, wird von Albträumen geplagt oder schwer krank - bis hin zum Tod“, warnt Lamine. Mit Mitleid könne ein Übeltäter nicht rechnen und ein traditioneller Heiler nicht in jedem Fall helfen.

Während der Tona-Zeremonie wurde Lamine zum Wolla Mansa, zum König des Waldes, ernannt. In den sieben westafrikanischen Ländern, wo Mandinka leben, wird er für sein spirituelles Wissen geachtet. Eine seiner Aufgaben ist es, einen „Waldpalast“ zu bauen. Das einfache Gebäude aus Holz soll als Zentrum für Zeremonien und Wissen dienen. Bei unserem Besuch im Februar wollten wir es errichten, doch Geister warnten, der Zeitpunkt und der gewählte Platz seien ungünstig. Zudem haben sich Handwerker offenbar davor gefürchtet, in der Mata sagrada zu arbeiten.

Seit der Wald von Simboree ein Geisterwald ist, gehe es den Menschen besser, berichtet Lamine. Das lokale Klima habe sich neu austariert und die Ernten seien sicherer geworden. Die Einwohner hätten sich zudem darauf besonnen, was der Name ihres Dorfes ursprünglich bedeutet: „Der Ort, wo Medizin gedeiht.“ Wo also die Natur intakt ist und weise genutzt wird.

Cashew-Nüsse am Baum
Cashew-Nüsse sind das wichtigste Exportgut (© Mathias Rittgerott)

Lamine wird die Mata sagrada weiter hegen. Seine Organisation Nô Recursos plant, in einer Baumschule Setzlinge für Fruchtbäume aufzuziehen und im Wald zu verteilen. Das steigere die Artenvielfalt, locke Tiere an und halte sie davon ab, in die Felder und Gärten des Dorfes einzufallen. Palisander-Bäume hingegen würden von allein zurückkehren. „Wir müssen sie nicht pflanzen. Lediglich schützen“, sagt der Wolla Mansa.

Dafür hat der König des Waldes einen mächtigen Verbündeten: den Kankoran Fambondi.

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