Regenwald Report 04/2025 Wir kämpfen um jedes Tier und jeden Baum
Hunderte Nickelminen entstehen auf Sulawesi, bis hinein in geschützte Wälder. Sie bedrohen die Kultur der Indigenen, zerstören Natur und Habitat der endemischen Tierwelt. Moh Taufik, Direktor der Organisation JATAM aus Zentralsulawesi, berichtet aus dem entlegenen Landkreis Bualemo.
Der Regenwald Report ist kostenlos und erscheint vierteljährlich, er enthält aktuelle Berichte über Projekte und Aktionen. Eine Zustellung per Post ist nur innerhalb Deutschlands möglich.
Von Weitem sehen wir den Berg Tompotika. 1.600 Meter hoch liegt er im Zen-trum eines Arms der Insel Sulawesi, weit entfernt von der Hauptstadt Palu, aus der wir gekommen sind. Und auch weit von Morowali, dem Zentrum der Nickelindustrie. Der Tompotika-Wald ist Naturschutzgebiet, ein Herzstück der einzigartigen Artenvielfalt Sulawesis, Heimat der Maleo, der Koboldmakis, Bärenkuskus, der kleinen Wildbüffel Anoa und der prächtigen Hornvögel. Mindestens neun bedrohte Tierarten leben nur hier und sonst nirgendwo auf der Erde. Wir fahren nach Bualemo, ein Landkreis mit zwanzig Dörfern, vorbei an Feldern und Ölpalmen, doch vor allem an viel intaktem Regenwald.
In Bualemo leben die indigenen Saluan. Sie werden auch „Orang Loinang“, Bergmenschen, genannt. Sie sprechen eine eigene Sprache und bewahren die Werte ihrer Vorfahren. Ihnen haben wir zu verdanken, dass die Natur hier im Osten Sulawesis noch im Gleichgewicht ist. Denn die Saluan leben im Einklang mit der Umwelt und respektieren die Ideale „Gemeinschaft, Respekt und Dankbarkeit gegenüber der Natur“.
Schon 20 Minen sind genehmigt
Kultur, Tierwelt und Regenwald von Tompotika sind in akuter Gefahr. Denn der Ansturm auf Nickelerze macht auch vor den entfernten und schönsten Regenwaldgebieten nicht halt. Die Saluan haben unsere Organisation JATAM Sulteng alarmiert, denn sie wissen von Genehmigungen für den Abbau von Nickelerzen in ihrer Heimat.
Wir haben Karten der neuen Genehmigungen erstellt. Unsere Analyse zeigt beunruhigende Entwicklungen: Im Bezirk Banggai sind 20 Genehmigungen erteilt worden. Allein im Landkreis Bualemo haben fünf Bergbauunternehmen Konzessionen über mehr als 10.000 Hektar im Regenwald erhalten, sogar im geschützten Tompotika-Wald. Einige Minen werden am Oberlauf der Flüsse liegen, was aus Gründen des Wasserschutzes eigentlich verboten ist. Die Konzessionen überlappen sogar mit den Feldern und Gärten der Menschen und bringen ihren Lebensunterhalt in Gefahr. Wenn wir diese Entwicklung nicht aufhalten, wird auch der Landkreis Bualemo bald der Nickelhölle Morowali gleichen.
Das naturnahe Leben der indigenen Saluan ist in Gefahr
„Wir sind sieben Tage lang durch den Tompotika-Wald gewandert und haben die Gewässer, die von Bergbau betroffen sein können, identifiziert“, berichtete uns Mariun aus dem Dorf Lembah Tompotika. „Wir sind bis zu den Quellen oben am Berg vorgedrungen. Deren Wasser versorgt unser Dorf und bewässert auch unsere Reisfelder.“
Nicht nur das naturnahe Leben der Saluan ist in Gefahr, auch der Tompotika-Wald und seine endemischen Tiere sind bedroht. Deswegen wenden wir uns mit Kampagnen und Aktionen an die Politik und die Behörden des Bezirks Banggai und der Provinz Zentralsulawesi. Sie müssen dafür sorgen, dass das Ministerium in Jakarta die Genehmigungen widerruft.
Die Nickelindustrie in Morowali ist ein abschreckendes Beispiel für die desaströsen Auswirkungen von Nickelminen und Fabriken auf die Natur und die umliegenden Gemeinden. Die Menschen haben ihre Lebensgrundlagen als Bauern und Fischer verloren. Viele sind krank, Kinder mangelernährt, die Einwohner verarmt, die Flüsse verseucht.
Nickelbergbau darf nicht auch noch die Lebensgrundlagen der indigenen Saluan und die endemische Fauna in Bualemo zerstören. Ökologische und soziale Kata-strophen sind vorhersehbar. Sulawesi und seine Natur dürfen nicht weiter für noch mehr Stahl und noch mehr Autobatterien geopfert werden. Wir kämpfen um die indigenen Kulturen, um jedes bedrohte Tier, um jeden Wald, um jeden Baum. Die Menschheit braucht Sulawesis einzigartige Natur - und wir brauchen die Solidarität der gesamten Welt!
Moh Taufik ist Jurist und Direktor des Anti-Bergbau-Netzwerkes JATAM Sulteng
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