Brasilien: RSPO-Zertifikat für Ölpalmplantagen von Agropalma ausgesetzt

Luftaufnahme einer kleinen Ortschaft entlang einer schnurgeraden Piste, dahinter die in den Regenwald geschlagenen Ölpalm-Plantagen Ölpalmplantagen von Agropalma im Amazonasregenwald beim Dorf Vila Gonçalves (© Cicero Pedrosa Neto / Global Witness)

03.03.2023

Die Zertifizierung der Ölpalmplantagen der Firma Agropalma mit dem Palmöllabel RSPO wurde Anfang Februar 2023 ausgesetzt, berichten brasilianische Medien. Der Grund sind offenbar die schweren Landkonflikte, die Agropalma mit den Behörden und der lokalen Bevölkerung hat.

Die Zeitungen O Globo und Ver-o-Fato berichten, dass die Zertifizierung der Ölpalmplantagen der Firmengruppe Agropalma im brasilianischen Amazonas-Bundesstaat Pará wegen Verstößen gegen die Kriterien des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (Roundtable on Sustainable Palm Oil – RSPO) seit Anfang Februar 2023 ausgesetzt sei.

Die Gründe der Suspendierung hat die Zertifizierungsfirma IBD nicht veröffentlicht, was nach Ansicht des Vereins ein weiteres Zeichen für die mangelnde Transparenz und Glaubwürdigkeit des RSPO-Labels und der beteiligten Zertifizierungsfirmen ist.

O Globo berichtet im Zusammenhang mit der Aussetzung des Labels, dass die Aktivitäten von Agropalma von Konflikten mit traditionellen Gemeinschaften geprägt seien, die dem Konzern widerrechtliche Landnahme und Betrug mit amtlichen Grundstückseintragungen vorwerfen. Der Konflikt sei als "Ölpalmenkrieg" bekannt geworden.

Laut O Fato habe es bereits seit der Erteilung des RSPO-Labels an Agropalma im Jahr 2011 Kritik und Aufforderungen an den Zertifizierer IBD gegeben, das Siegel wieder zu entziehen. Das Blatt berichtet ausführlich über zahlreiche Gesetzesverstöße durch Agropalma mit den 106.000 Hektar Landflächen, die die Firmengruppe für sich beansprucht. Dazu gehören demnach u.a. verschiedene Gerichtsurteile gegen Agropalma im Zusammenhang mit illegalen Landgeschäften und gefälschten Landtiteln, was zur gerichtlichen Annullierung von 57.000 Hektar Land von Agropalma geführt hat.

Agropalma hat sich die Zukunft selbst verbaut und nun erstickt das Unternehmen an seinen eigenen Betrügereien, urteilt O Fato.

Agropalma erklärt den Medien gegenüber, dass die Aussetzung der Zertifizierung „unangemessen wäre, da sie nicht die Realität und die Regeln des RSPO widerspiegele“. Agropalma habe aus diesem Grund „Rechtsmittel gegen die Suspendierung eingelegt“. Nach Angaben des Unternehmens arbeiten die Palmölraffinerien in Belém und Limeira weiterhin mit ihren RSPO-Zertifizierungen und seien von der Aussetzung nicht betroffen.

Laut RSPO sind bei Agropalma 107.506 Hektar - also 100 % der Landflächen - seit 2011 unter dem Label als nachhaltig und sozial verträglich zertifiziert. Wegen der Landkonflikte bei Agropalma wurde bereits 2015 bei RSPO Beschwerde eingereicht. Ende 2020 wurde sie von RSPO mit der Begründung abgewiesen, dass der Landstreit Sache der brasilianischen Gerichte sei. Agropalma hatte seinerseits die Beschwerden als „absurde Klagen“ abgewiesen.

Gravierende Interessenkonflikte

Zertifikate mit dem RSPO-Label werden häufig befristet ausgesetzt, um dann kurze Zeit später wieder in Kraft zu treten. Die Vorgänge sind meist wenig transparent und eng mit wirtschaftlichen Interessen verbunden. Zuständig für die Überprüfung der Palmölfirmen und die Erteilung der Siegel sind von der RSPO-Organisation akkreditierte Zertifizierungsfirmen wie GFA, TÜV oder wie im Fall von Agropalma IBD. Diese werden von den interessierten Palmölunternehmen direkt für ihre Dienste beauftragt und bezahlt. RSPO listet aktuell 26 zugelassene Zertifizierer auf.

In der Praxis führt das zu Interessenkonflikten. Das Verfahren und die finanzielle Abhängigkeit der Zertifizierer von den Palmölfirmen unterminiert deren Unabhängigkeit. Es besteht die Gefahr, dass die Zertifizierer die Einhaltung der sowieso schon unzureichenden RSPO-Standards sehr lax überprüfen, um weiter im Geschäft zu bleiben. Das Erste-Fernsehen erklärt in dem Beitrag "Schmutzige TÜV-Deals: Schattenseiten deutscher Gründlichkeit" die Probleme am Beipiel des TÜV.

Umweltorganisationen aus aller Welt haben das Palmölabel RSPO bereits zu seiner offiziellen Gründung im Jahr 2008 als „Greenwashing“ und „Etikettenschwindel“ abgelehnt. Im Dezember 2022 haben erneut 100 Organisationen aus aller Welt die Palmölindustrie aufgefordert, das Greenwashing mit zertifiziertem Palmöl zu beenden.

Petition gegen den Landraub und die Gewalt für biologisches, faires und nachhaltiges Palmöl von Agropalma

Ende Oktober 2022 hat Rettet den Regenwald die Petition gegen den Landraub und die Gewalt für biologisches, faires und nachhaltiges Palmöl von Agropalma gestartet, an der bereits über 67.000 Menschen teilgenommen haben. Mit der Petition fordert der Verein zehn verschiedenen Labelorganisationen - darunter RSPO, auf, die an Agropalma vergebenen Bio-, Fair Trade- und Nachhaltigkeitssiegel unverzüglich zu annullieren und den Etikettenschwindel zu beenden. Weiterhin sollen die internationalen Kunden des Palmöls von Agropalma, 20 Konzerne aus Handel, Lebensmittel- und Kosmetikindustrie, ihre Lieferbeziehungen mit Agropalma beenden.


  1. Laut RSPO

    Roundtable for Sustainable Palm Oil (2022). Agropalma - Annual Communication of Progress 2021: https://document.rspo.org/2021/Agropalma_Group_ACOP2021.pdf

  2. 2015 bei RSPO Beschwerde eingereicht

    - RSPO-Beschwerdegremium (2015). Schreiben an das RSPO-Sekretariat vom 13. Aug. 2015: https://ap8.salesforce.com/sfc/p/#90000000YoJi/a/90000000PY7i/icaUzhunFy61oOa_qRh2Bga9.oEOd4Mdcr.RYtH8hqE

    - RSPO-Beschwerdegremium (2015). Schreiben an das RSPO-Sekretariat vom 31. Aug. 2015: https://ap8.salesforce.com/sfc/p/#90000000YoJi/a/90000000PY7Y/pUXAzZPqGlWKrkzJlY1R8IlM90.PY8Vf1maBxNd9IuU

  3. RSPO mit der Begründung abgewiesen

    RSPO-Beschwerdegremium (2020). Re: Final decision by the Complaints Panel on the Complaint against Agropalma Group (Membership No.:1-0003-04-000-00): https://rspo.my.salesforce.com/sfc/p/#90000000YoJi/a/0o000000i0eK/nnWdyQPdKuzo1VB_MAj2Uy4TQQym.VPVmMdBP.T73gc

  4. AgropalmaRSPO-Beschwerdegremium (2015). Agropalma's official response to false accusations against its behalf: https://ap8.salesforce.com/sfc/p/#90000000YoJi/a/90000000PY7d/_nolTXvKwUaonrszqIXL_CbPJDXzI6NMTicNUsDd6xE

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